Folgen für die Wirtschaft
Strompreise sollen noch 2024 sinken: Scholz' Plan nach Ampel-Bruch
VonBona Hyunschließen
Der Zusammenbruch der Ampel-Koalition provoziert Diskussionen darüber, welche Initiativen auf der Kippe stehen und welche dennoch umgesetzt werden. Auch energieverbrauchsintensive Betriebe könnten sich fragen: Kommt eine Entlastung bei den Energiekosten?
Berlin – Man hat es vielleicht schon kommen sehen: Die zerstrittene Ampel ist am Ende. Nach einem erbitterten Richtungsstreit vor allem über den Kurs der Wirtschafts- und Haushaltspolitik kündigte Kanzler Olaf Scholz (SPD) an, den nun ausgeschiedenen Finanzminister Christian Lindner (FDP) zu entlassen. Auslöser war ein Papier von Lindner, in dem er eine Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik gefordert hatte. Trotz Ampel-Aus will Scholz noch Projekte umsetzen – darunter niedrigere Strompreise.
Aus der Ampel besiegelt: Scholz will Strompreise bis Ende 2024 senken
Um die Industrie unter anderem von hohen Energiepreisen zu entlasten, hatte Scholz Ende Oktober einen „Pakt für die Industrie“ angekündigt. Bis Jahresende wolle er nun unbedingt „Sofortmaßnahmen“ durchsetzen. Konkret sagte er, die Netzentgelte für Unternehmen sollten gedeckelt werden.
Eigentlich war für dieses Jahr ein Bundeszuschuss zur anteiligen Finanzierung der Übertragungsnetzkosten von bis zu 5,5 Milliarden Euro geplant, um Unternehmen zu entlasten. Das Geld sollte aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds kommen. Als Folge eines Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts musste die Bundesregierung diesen Sondertopf allerdings auflösen.
In der von der Bundesregierung geplanten Wachstumsinitiative hieß es, die Bundesregierung werde Maßnahmen vorlegen, mit denen die Netzkosten gesenkt und die Netzentgelte stabilisiert werden könnten. Über ein Amortisationskonto könnten die Kosten für den Ausbau der Stromnetze, die zu steigenden Netzentgelten führen, zeitlich gestreckt werden.
Trotz Ampel-Bruch: Welche Entlastungen bei Strompreisen wohl kommen
Bereits 2023 hatte die Ampel ein Strompreispaket beschlossen, wesentlicher Bestandteil war eine massive Stromsteuersenkung für alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes. Im Rahmen der Wachstumsinitiative soll diese, zunächst bis 2025 befristete, Entlastung nun verstetigt und ausgeweitet werden. Mit dem Strompreispaket für produzierende Unternehmen sinkt die Stromsteuer dauerhaft für alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes auf den Mindestwert, den die Europäische Union zulässt. Sie beträgt dann noch 0,05 Cent pro Kilowattstunde – vorher waren es über 1,5 Cent pro Kilowattstunde.
Die rund 350 Unternehmen, die am stärksten im internationalen Wettbewerb stehen, profitieren zudem von der Strompreiskompensation im Klima- und Transformationsfonds. Die Strompreiskompensation befreit die Unternehmen von den Kosten des CO₂-Emissionshandels, die bei der Stromproduktion anfallen.
Diese Regelung soll nun als Teil der Wachstumsinitiative bis 2030 verlängert werden. Laut Scholz würde die sogenannte Strompreiskompensation bereits viele energieintensive Unternehmen entlasten. Man wolle aber schauen, ob der Kreis der entlasteten Unternehmen ausgeweitet werden könne. Zudem soll der sogenannte Selbstbehalt wegfallen – das vergrößere die Entlastungswirkung.
Nach Ampel-Bruch sucht Scholz Gespräche mit Union – ähnlicher Kurs bei Strompreisen?
Scholz hatte nach der Entlassung Lindners angekündigt, dass er nun auf die Opposition zugehen werde. Er wolle Friedrich Merz anbieten, in zwei oder gerne auch noch mehr Fragen, „die entscheidend für unser Land sind, konstruktiv zusammenzuarbeiten.“ Wenn Bundeskanzler Scholz den Weg zu schnellen Neuwahlen freimacht, will die Unions-Bundestagsfraktion prüfen, welche Gesetzesprojekte sie bis dahin noch mit verabschieden könne. Das kündigte Oppositionsführer Merz nach einer Sondersitzung der Unions-Bundestagsfraktion an.
Die Union sprach sich jüngst aus, unmittelbar nach einer möglichen Übernahme der Regierungsverantwortung im Bund die Energiekosten in Deutschland deutlich senken zu wollen. Das hatte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, Jens Spahn, im Gespräch mit Welt am Sonntag angekündigt. „Wir wollen eine spürbare Entlastung von Bürgern und Unternehmen von den Energiepreisen bereits in den ersten 100 Tagen erreichen“, sagte Spahn. Das würde über die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß und die Halbierung der Netzentgelte geschehen. (bohy mit Material der dpa)
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