Energiepreise
Entwarnung beim Netzentgelt – Strompreis-Hammer bleibt vorerst aus
VonLars-Eric Nievelsteinschließen
Vor ein paar Wochen noch warnten Branchenverbände vor massiven Preissteigerungen. Davon ist bislang nicht viel bei Kunden angekommen. Die ersten Versorger geben nun Entwarnung.
Hannover – Nachdem die Bundesregierung im Zuge des Haushaltsstreits den Bundeszuschuss für die Stromnetze gekippt hat, erhöhten die Fernleitungsbetreiber die Netzentgelte drastisch. Von vorher 3,1 Cent sollten Verbraucher nun 6,4 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Verbände warnten um den Jahreswechsel noch, dass bei den Deutschen massive Preissteigerungen landen könnten. Schätzungen gingen hier von einem Plus von bis zu einem Drittel bei den Stromkosten aus. Einen Monat später ist noch nicht viel davon bei den Verbrauchern angekommen.
| Netzentgelt pro Kilowattstunde (ab 2024) | 6,4 Cent (plus 3,3 Cent) |
|---|---|
| So viel kommt von der Erhöhung in den Verteilnetzwerken an | 1,1 Cent pro Kilowattstunde |
| Geschätzte Mehrbelastung für Haushalt mit 3.500 KWH Verbrauch | 38 Euro (pro Jahr) |
Strompreise – Doch geringer als gedacht?
Aktuell sieht es danach aus, als würde der Sprung beim Strompreis deutlich geringer ausfallen als bislang gedacht. Teils sollen die Preissteigerungen zeitversetzt an die Kunden gelangen, teils gar gänzlich ausfallen. Das fand die Deutsche Presse-Agentur bei einer Umfrage unter Versorgern und Stadtwerken in ganz Deutschland heraus.
Ein Sprecher von Eon Energie Deutschland kündigte etwa an: „Für unsere bestehenden Kundinnen und Kunden ändert sich aktuell an den Preisen erst einmal nichts.“ Eine mögliche spätere Erhöhung der Preise schloss er nicht aus, allerdings gebe es dazu noch keine konkrete Entscheidung.
Einige Anbieter senken Strompreis sogar
Anders sieht das bei den Leipziger Stadtwerken, Enercity (Hannover) und SachsenEnergie aus. Diese teilten mit, auf eine Erhöhung der Strompreise gänzlich verzichten zu wollen. Dasselbe sagte auch N-Ergie aus Nürnberg. Die gestiegenen Netzentgelte wollten sie vorerst nicht umlegen. „Dementsprechend halten wir unsere Strompreise stabil“, sagte ein Unternehmenssprecher.
Bei einigen Anbietern steht sogar eine Preissenkung bevor. Dazu gehören unter anderem der Dortmunder DEW21, der in der Grundversorgung ab dem 1. März niedrigere Preise einsetzen will, und die Eon-Tochter Süwag (Preissenkung ab 1. Mai). Bei RheinEnergie (Köln) und den Stadtwerken Göttingen soll der Strom dagegen ab dem 1. April teurer werden. Sie wollen die gestiegenen Netzentgelte „komplett an die Kunden weitergeben“. Die meisten der befragten Anbieter machten gegenüber der dpa keine genauen Angaben.
Zu kleiner Zeitrahmen für eine Erhöhung
Der Grund für diese teils vagen Antworten soll der Zeitrahmen sein, in dem die Entscheidung der Ampel-Koalition gefallen ist. Weil die Regierung den Zuschuss zum Stromnetz erst Mitte Dezember gestrichen hatte, hatten die Fernleitungsbetreiber die Netzentgelte zum Jahreswechsel erhöht. Für die Anbieter sei es in vielen Fällen schlicht nicht möglich gewesen, die höheren Preise an die Kunden weiterzugeben.
In der Grundversorgung sei eine Frist von sechs Wochen vorgesehen, wenn es um Preiserhöhungen geht, zitiert die dpa Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft. Bei anderen Verträgen müsste es mindestens ein Monat sein. Ihrer Einschätzung nach hängen Preissteigerungen auch davon ab, wie die Beschaffungskosten gestaltet sind. „Da die Beschaffungsstrategien der Energieversorger sehr unterschiedlich sind, können im Einzelfall günstigere Beschaffungskosten eventuell die gestiegenen Netzentgelte teilweise kompensieren.“
Hunderte von Euro Ersparnis durch Wechsel beim Stromanbieter
Grundsätzlich, so hat es der IT-Dienstleister Enet berechnet, sollen die höheren Netzentgelte weniger stark durchschlagen als erwartet. Von den 3,3 Cent pro Kilowattstunde, die die Netzbetreiber aufgeschlagen haben, würden nur 1,1 Cent in den lokalen Verteilnetzen ankommen. Die Erhöhung für Privatkunden soll darum schwächer ausfallen. Ein Rechenbeispiel dazu: Ein Familienhaushalt mit 3.500 Kilowattstunden Jahresverbrauch hätte eine Mehrbelastung von rund 38 Euro im Jahr.
Im Zuge der Energiekrise im Jahr 2022 sind viele Haushalte bei Strom und Gas zu örtlichen Grundversorgern gewechselt. Diese hatten damals oft die günstigsten Tarife geboten. Experten raten Verbrauchern nun, die Verträge zu prüfen und gegebenenfalls den Anbieter zu wechseln. Unter Umständen können sie mit einem solchen Wechsel Geld sparen. Laut dem Vergleichsportal Verivox zahlt ein Drei-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 4.000 Kilowattstunden rund 1.760 im Bundesschnitt. Beim günstigsten verfügbaren Neukundenangebot wären es stattdessen 1.030 Euro.
Branchenverband fordert Absenkung der Stromsteuer
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) warnte zuletzt davor, dass steigende Energiepreise zwangsläufig bei den Verbrauchern landen würden. Darum sollte die Bundesregierung das Thema Stromkostenentlastung wieder in den Blick nehmen. Trotz des Wegfalls der EEG-Umlage habe die Bundesrepublik im europäischen Vergleich den zweithöchsten Betrag an Steuern, Abgaben und Umlagen.
Eine Lösung dafür soll die Absenkung der Stromsteuer sein. Sofern diese auf „europäisches Mindestmaß“ gesenkt würde, böte sich eine „wirksame und leicht umzusetzende Möglichkeit, den Strompreis zu entlasten“.
Mit Material von dpa
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