US-Wahlen 2024

Chaos nach Trump-Urteil – Anwalt verweist auf Supreme Court

  • Stefan Krieger
    VonStefan Krieger
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Der Oberste Gerichtshof von Colorado streicht Donald Trump von den Wahlzetteln für 2024. Ein Richter warnt vor den möglichen Folgen.

Denver – Der Aufruhr in den USA ist groß. Nach der für Aufsehen sorgenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von Colorado, den ehemaligen Präsidenten Donald Trump von den Zetteln für die US-Wahl 2024 zu streichen, warnte einer der Richter vor einem möglichen „Chaos“ in den Vereinigten Staaten.

Das Gericht entschied mit 4:3 Stimmen, dass Trump aufgrund einer aus der Zeit des Bürgerkriegs stammenden Klausel im 14. Zusatzartikel der US-Verfassung nicht als Präsidentschaftskandidat infrage kommt. Das Ergebnis des Urteils vom Dienstag wird in Erwartung einer Berufung Trumps vor dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten allerdings vorerst aufgeschoben.

Drei von vier Richtern in Colorado stimmten für Trump

Die Diskussion, ob Trump von den Wahlen in mehreren Bundesstaaten ausgeschlossen werden könnte, schwelt schon seit Monaten. Ein Gericht in Colorado hatte bereits zuvor entschieden, dass Trump „einen Aufstand“ anzettelte, als er den Sturm auf das Kapitol unterstützte. Trump hat dagegen Berufung eingelegt. Der ehemalige Präsident streitet weiterhin jegliches Fehlverhalten ab und betont immer wieder, dass die Entscheidung des Gerichts Teil einer politischen Hexenjagd gegen ihn sei.

Dürfte in Berufung gehen: Der republikanische Präsidentschaftskandidat und ehemalige US-Präsident Donald Trump.

Drei der sieben Richter des Obersten Gerichtshofs von Colorado waren ähnlicher Meinung. Sie vertraten die Ansicht, dass der ehemalige Präsident kein faires Verfahren erhalten habe. Der oberste Richter Brian D. Boatright stimmte ebenso gegen einen Ausschluss Trumps wie die Richterin Maria E. Berkenkotter und Richter Carlos Samour.

Samour ging sogar einen Schritt weiter. Er warnte nach Angaben des Portals Newsweek vor einem „Chaos“ im Anschluss an das Urteil. „Die Entscheidung, den ehemaligen Präsidenten Donald J. Trump … von den Vorwahlen der USA in Colorado auszuschließen, verstößt gegen die Lehre vom ordnungsgemäßen Verfahren“, äußerte sich Samour zu seiner von der Mehrheit des Gerichts abweichenden Meinung.

Trump-Urteil in Colorado mit möglichen Auswirkungen auf die US-Wahlen

Der Richter sagte, das Urteil sanktioniere „behelfsmäßige Verfahren“ der Vorverurteilung, die seiner Meinung nach dem ehemaligen Präsidenten keinen fairen Prozess ermöglicht hätten. „Weil die meisten anderen Staaten nicht die Bestimmungen des Wahlgesetzes haben, die wir haben … wird dies unweigerlich dazu führen, dass Präsident Trump in einigen Staaten von den Vorwahlen ausgeschlossen wird. Wodurch ein Chaos in unserem Land droht“, so Samour. Er kommt zu dem Schluss, dass dies keinesfalls das sei, was „die Urheber der Verfassung beabsichtigt haben.“

6. Januar 2021 - der Sturm aufs Kapitol in Bildern

Donald Trump bei seiner Rede am 6. Januar 2021 in Washington DC
Alles begann mit einer Rede von Donald Trump. Der noch amtierende Präsident hatte seine Anhängerinnen und Anhänger nach Washington DC gerufen, um dort gegennnnnnn die Wahl von Joe Biden zum US-Präsidenten zu demonstrieren. Der hatte die Wahl im November gewonnen, am 6. Januar sollten dann die Wahlmänner der Bundesstaaten Bidens Sieg in Washington DC bestätigen. Eigentlich ein formaler, zeremonieller Akt. In Trumps Wahrnehmung aber wohl die letzte Chance, die Niederlage gegen Biden noch zu verhindern. Seine tausenden Zuhörer forderte Trump auf, „gemeinsam zu Kapitol“ gehen um „unser Land zurückzuerobern“. © Brendan Smialowski/afp
Tausende Menschen finden sich am 6. Januar auf den Stufen des Kapitols in Washington DC ein
Der Mob aus MAGA-Fans gehorchte Donald Trump und zog in Richtung Kapitol. Gegen 12 Uhr Ortszeit fanden sich tausende Menschen auf den Stufen zu den Parlamentsgebäuden ein. Viele trugen Camouflage-Kleidung und Gasmasken. Trump-Flaggen und Devotionalen waren überall zu sehen. Entgegen seiner Ankündigung war der abgewählte US-Präsident aber nirgends zu sehen. Das Sicherheitspersonal, bestehend aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Secret Service, soll Trump eine Teilnahme an der Demonstration verboten haben. © Roberto Schmidt/afp
Ein Galgen, wohl für Mike Pence, ist vor den Stufen des Kapitols in Washington DC am 6. Januar zu sehen.
Donald Trumps Getreue hatten es aber nicht nur auf die Demokraten und Joe Biden abgesehen. Auch Mike Pence geriet ins Visier des Mobs. Trump hatte in den Tagen zuvor von seinem Vizepräsidenten gefordert, die Wahl von Biden nicht zu ratifizieren – eine formale Aufgabe, die im politischen System der USA dem Vize zufällt. Pence weigerte sich, was Trumps Fans zu dem Schlachtruf „Hang Mike Pence“ (Hängt Mike Pence“) inspirierte. Ihre Forderung unterstrich der Mob mit selbstgebastelten Galgen vor dem Kapitol. © Andrew Caballero-Reynolds/afp
Der Maga-Mob prügelt sich am 6. Januar vor dem Kapitol in Washington DC mit der Polizei
Vor dem Kapitol traf der Mob auf hoffnungslos unterbesetzte Sicherheitskräfte. Die Polizei war machtlos und konnte die Barrikaden vor dem Kapitol nicht lange halten. Gegen 12.30 durchbrach der wütende Mob schließlich die Absperrungen. Zwei Stunden hatte die Polizei endgültig aufgegeben und die Trump-Fans verschafften sich Zugang zu den Parlamentsgebäuden. © Joseph Prezioso/afp
Mike Pence und Nancy Pelosi im Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Während draußen die Schlacht zwischen MAGA-Fans und Kapitolspolizei tobte, lief im US-Senat die Sitzung, in der Joe Biden endgültig zum Präsidenten erklärt werden sollte. Kurz nachdem der Mob sich Zugang zu den Gebäuden verschafft hatte, unterbrachen Vizepräsident Mike Pence und Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, die Sitzung. Der Plenarsaal wurde von den Sicherheitskräften evakuiert. © Erin Schaff/afp
Anhänger von Donald Trump in den Gebäuden des Parlaments auf dem Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Im Kapitol begannen die Anhänger Donald Trumps in den heiligen Hallen der amerikanischen Demokratie zu randalieren. Zahlreiche Kunstwerke wurden zerstört, die Wände mit Exkrementen beschmiert und ein Rednerpult gestohlen, das kurz darauf auf Ebay zum Verkauf angeboten wurde. Währenddessen verbarrikadierten sich Abgeordnete, die nicht rechtzeitig evakuiert werden konnten, in einzelnen Räumen des Kapitols. © Roberto Schmidt/afp
Richard Barnett im Büro von Nancy Pelosi beim Sturm aufs Kapitol am 6. Januar in Washington DC in den USA
Die Anhänger von Donald Trump hatten es besonders auf das Büro von Nancy Pelosi abgesehen. Richard Barnett war unter denen, die sich Zugang zu den Räumen der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses verschaffte. Dort machte Barnett Fotos von sich im Stuhl Pelosis, veröffentlichte diese auf Facebook und schrieb Pelosi beleidigende Nachrichten auf den Schreibtisch. Kurze Zeit nach dem Sturm aufs Kapitol wurde Barnett verhaftet. © Saul Loeb/afp
Jake Angeli, der QAnon Schamane beim Sturm aufs Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Zweifelhafte Berühmtheit erlangte am 6. Januar 2021 auch Jake Angeli. Der sogenannte „QAnon-Schamane“ beteiligte sich in Kriegsbemalung und mit Fellmütze inklusive Hörnern am Sturm aufs Kapitol. Tage später wurde Angeli festgenommen und des vorsätzlichen Betretens oder Verbleibs in gesperrten Gebäuden oder Geländen ohne rechtmäßige Befugnis sowie des gewaltsamen Betretens und des ordnungswidrigen Verhaltens auf dem Gelände des Kapitols angeklagt. Die Fahndung sei aufgrund der „einzigartigen Kleidung und den umfangreichen Tätowierungen auf seinem Oberkörper“ leicht gefallen, gaben die Behörden im Anschluss an. © Saul Loeb/afp
Anhänger Donald Trumps beim Sturm aufs Kapitol am 6. Januar in den Gebäden des Parlaments in Washington DC.
Überall in den Gebäuden tummelten sich stundenlang die Anhänger Donald Trumps. Der abgewählte US-Präsident zögerte, die Nationalgarde zur Unterstützung der Kapitolpolizei zu entsenden und weigerte sich zunächst, den Mob per Videobotschaft zur Ruhe zu bringen. Erst vier Stunden, nachdem die Türen des Kapitols eingeschlagen worden waren, wandte sich der noch amtierende Präsident an die Demonstranten. Nur halbherzig verurteilte er die Gewalt des Tages und lobte die Randalierer noch als „große Patrioten“. © Saul Loeb/afp
Nationalgardist im Einsatz beim Sturm aufs Kapitol am 6. Januar in Washington DC
Erst gegen 16.30 Uhr, also zweieinhalb Stunden, nachdem das Kapitol gestürmt worden war, wurde die Nationalgarde geschickt. Wer diesen Einsatz, den die Kapitolpolizei zwei Stunden zuvor bereits beantragt hatte, letztlich genehmigt hat, ist nicht bekannt. Laut offizieller Anrufliste hat Donald Trump von 11 Uhr bis 18 Uhr kein einziges Telefonat geführt. Die Theorie liegt nahe, dass Mike Pence letztlich den Einsatz der Nationalgarde in die Wege geleitet hatte. Den Sicherheitskräften gelang es gegen 17.30 Uhr, den Mob aus den Parlamentsgebäuden im Kapitol zu drängen. © Olivier Douliery/afp
Anhänger von Donald Trump beim Sturm aufs Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Die Bilanz des Kapitolsturms am 6. Januar in Washington DC fällt verheerend aus. Insgesamt kamen zehn Menschen ums Leben, fünf davon Polizisten. Vier dieser Männer begangen in den Tagen nach dem Sturm Suizid. 140 weitere Sicherheitsbeamte und unzählige Demonstranten wurden verletzt. Bis heute laufen Gerichtsverfahren gegen Beteiligte des Aufstands. Doch für Donald Trump ändert das alles nichts. Bis heute hat er seine Wahlniederlage nicht akzeptiert und lässt seit dem 6. Januar keine Gelegenheit aus, den Beinahe-Sturz der Demokratie in den USA kleinzureden. © Samuel Corum/afp

Das Urteil des Obersten Gerichtshofs von Colorado gilt zwar nur für den Bundesstaat, wird aber Auswirkungen auf das Präsidentschaftsrennen 2024 haben, bei dem Trump der Spitzenkandidat der Republikaner ist. Die Wahlbehörden von Colorado erklärten, dass die Frage der Stimmzettel bis zum 5. Januar geklärt sein muss, dem Stichtag, bis zu dem die Kandidaten auf Vorwahlzettel erscheinen müssen.

Ehemaliger Trump-Anwalt erwartet klare Entscheidung des Supreme Courts

Zu den Chancen Trumps bei der Berufung vor dem Supreme Court äußerte sich unterdessen der ehemalige Anwalt des Weißen Hauses, Ty Cobb. Cobb sagte am Dienstag gegenüber CNN, dass der Oberste Gerichtshof der USA mit „9:0“ zugunsten des ehemaligen Präsidenten Trump entscheiden könnte. „Ich denke, dieser Fall wird schnell erledigt werden. Ich glaube, es könnte mit 9:0 am obersten Gerichtshof für Trump entschieden werden“, so Cobb. Und weiter: „Es geht 9:0 aus, weil dass das Gesetz klar ist.“

„Der Oberste Gerichtshof wird jedoch nicht zögern, in dieser Sache schnell zu handeln, denn er weiß, was auf dem Spiel steht, und er weiß, welche Verantwortung er trägt“, so Cobbs weiter. „Und sie können einige dieser Colorado-Termine so weit hinausschieben, wie sie sich dazu verpflichtet fühlen oder es müssen.“

Das Gericht in Colorado hat seine Entscheidung bis zum 4. Januar aufgeschoben, um Trump die Möglichkeit zu geben, sich zunächst an den Supreme Court zu wenden. Wenn er dies tut, wird Trumps Name automatisch auf den Stimmzetteln bleiben – bis die höchsten Richter des Landes über die Berufung entschieden haben. (skr)

Rubriklistenbild: © JUSTIN SULLIVAN/AFP