Wahlkampf in den USA

Was bedeutet der Ausschluss in Maine und Colorado für Trumps Kandidatur?

  • Stefan Krieger
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Donald Trump darf in den US-Bundesstaaten Maine und Colorado nicht erneut für das Weiße Haus kandidieren. Bedeutet das sein Aus für die Vorwahlen?

Update vom 28. Dezember, 6.30 Uhr: Als zweiter US-Bundesstaat hat Maine Donald Trump von der Präsidentschaftsvorwahl ausgeschlossen. Die oberste Wahlbehörde begründete dies am Donnerstag (28. Dezember) mit der Rolle des Republikaners bei der Kapitol-Erstürmung vom 6. Januar 2021. Trump sei laut einem Verfassungszusatz „nicht für das Präsidentenamt qualifiziert“. Trumps Wahlkampfteam kündigte an, gegen die Entscheidung vorgehen zu wollen.

Erstmeldung: Was bedeutet das Gerichtsurteil von Colorado für Trumps Kandidatur?

Denver – Der Oberste Gerichtshof von Colorado hat entschieden, dass Donald Trump aufgrund seiner Rolle beim Sturm auf das Kapitol nicht erneut für das Weiße Haus kandidieren darf. Dieses Urteil, das allerdings nur für den Bundesstaat Colorado gilt, könnte Auswirkungen auf die US-Wahlen im Jahr 2024 haben.

Mit der Entscheidung wird Trump von den republikanischen Vorwahlen in diesem Bundesstaat gestrichen. Sie beruht auf einer selten verwendeten Bestimmung der US-Verfassung, die als „Aufstandsklausel“ bekannt ist.

Was ist die Aufstandsklausel und warum wurde sie angewandt?

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von Colorado ist das erste Mal, dass ein Kandidat aufgrund dieser Bestimmung der US-Verfassung als „unwählbar“ für das Weiße Haus eingestuft wird.

Donald Trump während einer Kundgebung in Waterloo, Iowa.

Abschnitt 3 des 14. Verfassungszusatzes (Aufstandsklausel) schließt alle Personen vom Kongress, vom Militär und von Bundes- und Staatsämtern aus, die einst einen Eid auf die Verfassung geleistet haben, sich dann aber an einem „Aufstand oder einer Rebellion“ gegen sie beteiligt haben.

Trumps Nominierung wäre demzufolge ein Verstoß gegen das Wahlgesetz des Bundesstaates im Westen der USA, „ihn als Kandidaten auf dem Präsidentschaftsvorwahlzettel aufzuführen“, heißt es in dem Urteil. Die Entscheidung fiel mit einer knappen Mehrheit von vier zu drei Richterstimmen. Die Richter betonten, es sich bei ihrer Entscheidung nicht „leicht“ gemacht zu haben.

„Die Gefahr, dass Trump jemals wieder ein öffentliches Amt bekleiden könnte, ist genau die, die die Verfasser von Abschnitt 3 vorausgesehen haben“, sagte Ron Fein, der juristische Leiter von Free Speech for People, kürzlich in einem Interview mit dem britischen Guardian. „Das heißt, sie wussten, dass ein Aufrührer, der seinen Eid ablegt, wenn er wieder an die Macht kommt, das Gleiche, wenn nicht Schlimmeres tun würde.“

Was bedeutet das Urteil für die US-Wahl?

Bislang gilt das Urteil in Colorado nur für die republikanischen Vorwahlen des Bundesstaates, die am 5. März stattfinden. Es bedeutet, dass Trump bei dieser Wahl nicht auf dem Stimmzettel stehen wird. Das Urteil würde sich aber wahrscheinlich auch auf Trumps Status in diesem Bundesstaat bei den allgemeinen Wahlen am 5. November 2024 auswirken.
Darüber hinaus könnte das Urteil andere Fälle in den USA beeinflussen, wo die obersten Gerichte in Minnesota und Michigan ähnliche Anträge prüfen.

6. Januar 2021 - der Sturm aufs Kapitol in Bildern

Donald Trump bei seiner Rede am 6. Januar 2021 in Washington DC
Alles begann mit einer Rede von Donald Trump. Der noch amtierende Präsident hatte seine Anhängerinnen und Anhänger nach Washington DC gerufen, um dort gegennnnnnn die Wahl von Joe Biden zum US-Präsidenten zu demonstrieren. Der hatte die Wahl im November gewonnen, am 6. Januar sollten dann die Wahlmänner der Bundesstaaten Bidens Sieg in Washington DC bestätigen. Eigentlich ein formaler, zeremonieller Akt. In Trumps Wahrnehmung aber wohl die letzte Chance, die Niederlage gegen Biden noch zu verhindern. Seine tausenden Zuhörer forderte Trump auf, „gemeinsam zu Kapitol“ gehen um „unser Land zurückzuerobern“. © Brendan Smialowski/afp
Tausende Menschen finden sich am 6. Januar auf den Stufen des Kapitols in Washington DC ein
Der Mob aus MAGA-Fans gehorchte Donald Trump und zog in Richtung Kapitol. Gegen 12 Uhr Ortszeit fanden sich tausende Menschen auf den Stufen zu den Parlamentsgebäuden ein. Viele trugen Camouflage-Kleidung und Gasmasken. Trump-Flaggen und Devotionalen waren überall zu sehen. Entgegen seiner Ankündigung war der abgewählte US-Präsident aber nirgends zu sehen. Das Sicherheitspersonal, bestehend aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Secret Service, soll Trump eine Teilnahme an der Demonstration verboten haben. © Roberto Schmidt/afp
Ein Galgen, wohl für Mike Pence, ist vor den Stufen des Kapitols in Washington DC am 6. Januar zu sehen.
Donald Trumps Getreue hatten es aber nicht nur auf die Demokraten und Joe Biden abgesehen. Auch Mike Pence geriet ins Visier des Mobs. Trump hatte in den Tagen zuvor von seinem Vizepräsidenten gefordert, die Wahl von Biden nicht zu ratifizieren – eine formale Aufgabe, die im politischen System der USA dem Vize zufällt. Pence weigerte sich, was Trumps Fans zu dem Schlachtruf „Hang Mike Pence“ (Hängt Mike Pence“) inspirierte. Ihre Forderung unterstrich der Mob mit selbstgebastelten Galgen vor dem Kapitol. © Andrew Caballero-Reynolds/afp
Der Maga-Mob prügelt sich am 6. Januar vor dem Kapitol in Washington DC mit der Polizei
Vor dem Kapitol traf der Mob auf hoffnungslos unterbesetzte Sicherheitskräfte. Die Polizei war machtlos und konnte die Barrikaden vor dem Kapitol nicht lange halten. Gegen 12.30 durchbrach der wütende Mob schließlich die Absperrungen. Zwei Stunden hatte die Polizei endgültig aufgegeben und die Trump-Fans verschafften sich Zugang zu den Parlamentsgebäuden. © Joseph Prezioso/afp
Mike Pence und Nancy Pelosi im Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Während draußen die Schlacht zwischen MAGA-Fans und Kapitolspolizei tobte, lief im US-Senat die Sitzung, in der Joe Biden endgültig zum Präsidenten erklärt werden sollte. Kurz nachdem der Mob sich Zugang zu den Gebäuden verschafft hatte, unterbrachen Vizepräsident Mike Pence und Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, die Sitzung. Der Plenarsaal wurde von den Sicherheitskräften evakuiert. © Erin Schaff/afp
Anhänger von Donald Trump in den Gebäuden des Parlaments auf dem Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Im Kapitol begannen die Anhänger Donald Trumps in den heiligen Hallen der amerikanischen Demokratie zu randalieren. Zahlreiche Kunstwerke wurden zerstört, die Wände mit Exkrementen beschmiert und ein Rednerpult gestohlen, das kurz darauf auf Ebay zum Verkauf angeboten wurde. Währenddessen verbarrikadierten sich Abgeordnete, die nicht rechtzeitig evakuiert werden konnten, in einzelnen Räumen des Kapitols. © Roberto Schmidt/afp
Richard Barnett im Büro von Nancy Pelosi beim Sturm aufs Kapitol am 6. Januar in Washington DC in den USA
Die Anhänger von Donald Trump hatten es besonders auf das Büro von Nancy Pelosi abgesehen. Richard Barnett war unter denen, die sich Zugang zu den Räumen der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses verschaffte. Dort machte Barnett Fotos von sich im Stuhl Pelosis, veröffentlichte diese auf Facebook und schrieb Pelosi beleidigende Nachrichten auf den Schreibtisch. Kurze Zeit nach dem Sturm aufs Kapitol wurde Barnett verhaftet. © Saul Loeb/afp
Jake Angeli, der QAnon Schamane beim Sturm aufs Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Zweifelhafte Berühmtheit erlangte am 6. Januar 2021 auch Jake Angeli. Der sogenannte „QAnon-Schamane“ beteiligte sich in Kriegsbemalung und mit Fellmütze inklusive Hörnern am Sturm aufs Kapitol. Tage später wurde Angeli festgenommen und des vorsätzlichen Betretens oder Verbleibs in gesperrten Gebäuden oder Geländen ohne rechtmäßige Befugnis sowie des gewaltsamen Betretens und des ordnungswidrigen Verhaltens auf dem Gelände des Kapitols angeklagt. Die Fahndung sei aufgrund der „einzigartigen Kleidung und den umfangreichen Tätowierungen auf seinem Oberkörper“ leicht gefallen, gaben die Behörden im Anschluss an. © Saul Loeb/afp
Anhänger Donald Trumps beim Sturm aufs Kapitol am 6. Januar in den Gebäden des Parlaments in Washington DC.
Überall in den Gebäuden tummelten sich stundenlang die Anhänger Donald Trumps. Der abgewählte US-Präsident zögerte, die Nationalgarde zur Unterstützung der Kapitolpolizei zu entsenden und weigerte sich zunächst, den Mob per Videobotschaft zur Ruhe zu bringen. Erst vier Stunden, nachdem die Türen des Kapitols eingeschlagen worden waren, wandte sich der noch amtierende Präsident an die Demonstranten. Nur halbherzig verurteilte er die Gewalt des Tages und lobte die Randalierer noch als „große Patrioten“. © Saul Loeb/afp
Nationalgardist im Einsatz beim Sturm aufs Kapitol am 6. Januar in Washington DC
Erst gegen 16.30 Uhr, also zweieinhalb Stunden, nachdem das Kapitol gestürmt worden war, wurde die Nationalgarde geschickt. Wer diesen Einsatz, den die Kapitolpolizei zwei Stunden zuvor bereits beantragt hatte, letztlich genehmigt hat, ist nicht bekannt. Laut offizieller Anrufliste hat Donald Trump von 11 Uhr bis 18 Uhr kein einziges Telefonat geführt. Die Theorie liegt nahe, dass Mike Pence letztlich den Einsatz der Nationalgarde in die Wege geleitet hatte. Den Sicherheitskräften gelang es gegen 17.30 Uhr, den Mob aus den Parlamentsgebäuden im Kapitol zu drängen. © Olivier Douliery/afp
Anhänger von Donald Trump beim Sturm aufs Kapitol in Washington DC am 6. Januar
Die Bilanz des Kapitolsturms am 6. Januar in Washington DC fällt verheerend aus. Insgesamt kamen zehn Menschen ums Leben, fünf davon Polizisten. Vier dieser Männer begangen in den Tagen nach dem Sturm Suizid. 140 weitere Sicherheitsbeamte und unzählige Demonstranten wurden verletzt. Bis heute laufen Gerichtsverfahren gegen Beteiligte des Aufstands. Doch für Donald Trump ändert das alles nichts. Bis heute hat er seine Wahlniederlage nicht akzeptiert und lässt seit dem 6. Januar keine Gelegenheit aus, den Beinahe-Sturz der Demokratie in den USA kleinzureden. © Samuel Corum/afp

Hat Donald Trump schon reagiert?

Trump erwähnte die Entscheidung während einer Kundgebung am Dienstagabend (19. Dezember, Ortszeit) in Waterloo, Iowa, nicht. Sein Wahlkampfteam verschickte allerdings kurz nach dem Urteil eine Spenden-E-Mail, in der auf das „tyrannische Urteil“ hinwiesen wurde. „Wir sind zuversichtlich, dass der Supreme Court schnell zu unseren Gunsten entscheiden und diesen un-amerikanischen Klagen endlich ein Ende bereiten wird“ heißt es in dem Schreiben weiter.

Trumps Anwälte argumentieren, dass der Wortlaut des 14. Verfassungszusatzes nicht für die Präsidentschaft gilt, und angekündigt, gegen einen Ausschluss unverzüglich beim Obersten Gerichtshof der USA Berufung einzulegen. Der hat in Verfassungsfragen das letzte Wort und ist mehrheitlich mit Richtern besetzt, die von Trump persönlich eingesetzt wurden.

Trumps Anwälte argumentieren, dass der Aufruhr am 6. Januar vor dem Kapitol nicht schwerwiegend genug war, um als Aufruhr zu gelten. Außerdem wären alle Äußerungen, die Trump an diesem Tag in Washington gegenüber seinen Anhängern machte, durch die Redefreiheit geschützt. Die Anwälte vertreten die Ansicht, dass die Gerichte nicht befugt sind, die Streichung Trumps von der Wahlliste anzuordnen.

Haushoher Favorit der Republikaner: Trump braucht Colorado nicht

Endgültig ist die Entscheidung, die sich um den Vorwurf des „Aufstands“ dreht, also nicht: Die Frage wird letztlich vor dem Obersten Gerichtshof der USA landen, an dem konservative Richter eine klare Mehrheit stellen. Der Gerichtshof in Colorado legte seine Entscheidung bis zum 4. Januar auf Eis, um Zeit für Rechtsmittel zu geben.

Trump ist im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner weiterhin haushoher Favorit und führt die Umfragen mit großem Vorsprung an. Die Republikaner-Vorwahlen beginnen am 15. Januar im Bundesstaat Iowa, in Colorado sind die Vorwahlen am 5. März geplant. Selbst wenn es bei der Entscheidung von Colorado bliebe – auf die Stimmen aus diesem Bundesland ist Trump bei seinem Bemühen, erneut Präsident der USA zu werden, keinesfalls angewiesen. (skr/AFP)

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