Wetter spielt wichtige Rolle

Strompreise schießen auf extreme Werte hoch: Experten erklären Auswirkungen für Verbraucher

  • Kai Hartwig
    VonKai Hartwig
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Die Strompreise erreichen an der Börse schwindelerregende Höhen. Experten beruhigen, doch nicht alle Verbraucher sind sicher.

München – Die Strompreise an den deutschen Energiemärkten erreichen derzeit Rekordhöhen. Was bei vielen Verbrauchern die Frage aufwirft, ob sie mit einer drastischen Erhöhung ihrer Stromrechnung rechnen müssen.

Die Preise für Strom werden am sogenannten Day-Ahead-Markt festgelegt. Am Donnerstag (12. Dezember) wurden hier besonders hohe Werte verzeichnet: Nach einem Bericht von faz.net kostete eine Megawattstunde Strom zur Lieferung um 17 Uhr 936 Euro. Wer sich für den Intraday-Markt entschied, auf dem Strom kurzfristiger gehandelt wird als auf dem Day-Ahead-Markt, musste sogar noch tiefer in die Tasche greifen. Hier lag der Preis für eine Megawattstunde Strom am Mittwochnachmittag (11. Dezember) bei 1157 Euro. Laut dem Bericht waren dies zehnmal so hohe Preise wie üblich.

Extrem hohe Strompreise: „Verbraucher müssen keine Sorge haben“ – doch es gibt einen Haken

Die monatlichen Durchschnittswerte zeigen, wie stark sich die Strompreise im Vergleich zu den Vormonaten verändert haben. Laut dem Portal energy-charts.info lag der Preis für Strom am Day-Ahead-Markt im November bei durchschnittlich 115,39 Euro pro Megawattstunde und im Oktober bei 85,73 Euro pro Megawattstunde. Auch in den ersten beiden Monaten des Jahres war der Durchschnittspreis trotz winterlicher Temperaturen deutlich niedriger (Januar: 75,74 Euro, Februar: 61,39 Euro). Viele Verbraucher fragen sich nun, ob diese rasante Preisentwicklung auch ihre Haushaltskosten in die Höhe treiben wird.

Sorgen die extremen Preissprünge an der Strombörse für düstere Aussichten bei den Verbrauchern? Ein Experte beruhigt.

Doch Fachleute beruhigen: „Verbraucher in bestehenden Verträgen müssen keine Sorge haben“, sagte Lundquist Neubauer, Experte für Strom und Gas beim Vergleichsportal verivox.de, zu IPPEN.MEDIA. „Zunächst haben kurzfristige Spitzen an der Strombörse kaum Auswirkungen, denn Energieversorger beschaffen den Großteil ihres Stroms langfristig. Das bedeutet, sie kaufen Energie Monate und Jahre im Voraus ein“, erklärt er. Allerdings fügt er hinzu: „Hält die Hochpreisphase länger an, werden auch Versorger nicht darum herumkommen, ihre Preise nach und nach zu erhöhen.“

Trotzdem gibt Neubauer Entwarnung für viele Kunden mit festen Stromtarifen: „Verbraucher in bestehenden Verträgen müssen keine Sorge haben. Sie sind durch die Vertragslaufzeit und Preisgarantie sowieso vor Preiserhöhungen geschützt.“ Ähnlich äußert sich Henning Herbst, Strommarkt-Experte beim Verbraucherzentrale Bundesverband, bei IPPEN.MEDIA: „Die meisten privaten Haushalte in Deutschland haben einen Strom-Festpreistarif. Diese Stromtarife reagieren nicht direkt auf die Börsenstrompreise. Deshalb werden die aktuell höheren Preise keine Auswirkungen auf den Großteil der Verbraucher haben.“

Erhöhtes Risiko bei dynamischen Verträgen: Sehr hohe Strompreise machen diese teuer

Anders sieht es bei dynamischen Stromtarifen aus. Diese bieten zwar ein „enormes Einsparungspotential“, wie ein Strom-Experte im IPPEN.MEDIA-Interview erklärte. Doch steigende Preise stellen hier ein Risiko dar. „Verbraucher in sogenannten dynamischen Tarifen spüren die höheren Preise direkt, weil dynamische Tarife die Börsenpreise 1:1 weitergeben“, meinte Neubauer gegenüber IPPEN.MEDIA: „Allerdings haben bisher wenige Haushalte in Deutschland einen solchen Tarif.“

Herbst stimmt ihm zu: „Für private Haushalte mit einem monatlich variablen oder dynamischen Stromtarif kann der Strom aktuell etwas teurer sein.“ Er schränkt jedoch bei IPPEN.MEDIA ein, dass „der Börsenstrompreis neben Netzentgelten, Steuern und Abgaben auch bei diesen Tarifen nur einen Teil des Strompreises ausmacht“. Dennoch empfiehlt er: „Stromanbieter sollten künftig dynamische Tarife anbieten, die eine Absicherung gegen exorbitante Preissteigerungen enthalten.“

Anbieter warnt seine Kunden wegen extrem hoher Strompreise – „Hohe Verbräuche in betreffenden Stunden vermeiden“

Der Stromanbieter Tibber warnte seine Kunden mit dynamischem Stromtarif am Dienstag (10. Dezember) vor hohen Verbrauchspreisen in den kommenden Tagen, insbesondere am Mittwoch (11. Dezember) und Donnerstag (12. Dezember). Auf Facebook hieß es: „Bitte versucht, hohe Verbräuche in betreffenden Stunden zu vermeiden.“

Wetter sorgt für Wind-Flaute und Strompreissprung in ungeahnte Höhen

Die aktuellen Preissprünge am Strommarkt sind auch auf das Wetter zurückzuführen, genauer gesagt auf das Hoch „Ernst“. Das Hochdruckgebiet sorgte in Deutschland für eine Windflaute, die vor allem die Produktion erneuerbarer Energien beeinträchtigte.

Tibber kündigte in seinem Facebook-Post bereits an, dass die Strompreise „schon bald fallen“ würden. Am Freitag (13. Dezember) war dies auch auf dem Day-Ahead-Markt zu beobachten. Nach Durchschnittspreisen von 276,23 Euro pro Megawattstunde am Mittwoch (11. Dezember) und 409,59 Euro pro Megawattstunde am Donnerstag (12. Dezember) lag der Strompreis an der Börse am Freitagvormittag (Quelle: energycharts.info, Stand: 11.29 Uhr) bei 180,81 Euro pro Megawattstunde. Die Lage hat sich also vorerst wieder etwas beruhigt.

Rubriklistenbild: © Uli Deck/Thomas Warnack/dpa

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