Wohnungsmangel in Deutschland
Das Ende vom Immobilienboom – warum die Mieten trotzdem steigen
VonLars-Eric Nievelsteinschließen
Die Preise für Wohnimmobilien sinken deutlich. Experten zufolge ist der Immobilienboom vorbei. Im neuen Jahr sei trotzdem mit höheren Mieten zu rechnen.
Wiesbaden – Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts (Destatis) zeigen, dass die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland im dritten Quartal 2023 gegenüber dem Vorjahresquartal um 10,2 Prozent gesunken sind. Dabei handele es sich um den stärksten Rückgang von einem Jahr aufs andere seit dem Jahr 2000 – die Immobilienblase scheint geplatzt. Auf die Mietpreise wirkt sich das jedoch noch nicht aus. Im Gegenteil: Sie steigen weiter.
| Preisrückgang Ein- und Zweifamilienhäuser in den größten Metropolen | 12,7 Prozent |
|---|---|
| Mietpreisentwicklung der letzten 13 Jahre (DIW Berlin) | 53 Prozent |
| Miete in Berlin pro Quadratmeter (Mietspiegel) | 17,01 Euro |
Mietpreise in den Metropolen steigen trotz Platzen der Immobilienblase
In den größten acht Metropolen Deutschlands stiegen die Mieten zuletzt deutlich an. Einem Bericht des Handelsblatts zufolge belief sich das Wachstum im dritten Quartal auf etwa 8,4 Prozent, verglichen mit dem dritten Quartal 2022. „Wir gehen davon aus, dass die Mieten mittel- und langfristig weiter steigen werden, da in den meisten Regionen Deutschlands die Nachfrage auch in den nächsten Jahren das schrumpfende Angebot an neuen Wohnungen deutlich übersteigen wird“, warnt Roman Heidrich, Experte für Wohnimmobilienbewertungen des Großmaklers Jones Lang LaSalle (JLL).
Das große Problem dahinter: Die gestiegenen Zinsen und hohen Baukosten würden potenzielle Häuserbauer verschrecken, die kurzfristig lieber auf Mietwohnungen ausweichen. Gleichzeitig sei der Rückgang der Kaufpreise noch nicht hoch genug, um die teureren Kreditraten auszugleichen. Laut Destatis sind die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser dabei stärker gefallen als die für Eigentumswohnungen. In dünn besiedelten ländlichen Kreisen betrug der Rückgang für Ein- und Zweifamilienhäuser 12,4 Prozent, der für Eigentumswohnungen lediglich 5,6 Prozent.
Deutscher Mieterbund warnt vor massiven Belastungen
„Auch nach zwei Jahren Regierungszeit sind keine mietrechtlichen Vorhaben des Koalitionsvertrags umgesetzt. Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Umsetzung bereits 2022 auf dem ‚Bündnis-Tag zum bezahlbaren Wohnraum‘ öffentlich angekündigt und versprochen – passiert ist bisher leider nichts“, bemängelt Lukas Siebenkotten, Präsident Deutscher Mieterbund, in einer Pressemeldung. Über sieben Millionen Haushalte seien mit ihren Wohnkosten überlastet. 3,1 Millionen Haushalte müssten mehr als 40 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Kaltmiete aufwenden. „Reformen im Mietrecht sind daher absolut notwendig“, erklärt Siebenkotten.
Dabei reiche es nicht aus, die Minimalvereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen. Zudem müsse ein zeitlich befristeter Mietenstopp her, eine Verschärfung der Mietpreisbremse und die Ahndung von Wuchermieten. Der Deutsche Mieterbund fordert außerdem das Verbot von Neuabschlüssen von Indexmietverträgen sowie eine Begrenzung von Mieterhöhungsoptionen bei laufenden Indexmietverträgen.
Politik muss bei Mietpreisen gegensteuern
Das Deutsche Institut für Wirtschaft (DIW) Berlin sieht nun die Politik in der Pflicht. Innerhalb der letzten 13 Jahre seien die Mietpreise um durchschnittlich 53 Prozent gestiegen – es fehle an Wohnraum. Bauvorschriften müssten entschlackt und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. „Die öffentliche Bautätigkeit sollte den aktuellen Sparzwängen auf keinen Fall zum Opfer fallen“, sagt Maltie Rieth vom DIW Berlin dazu.
Mit der Anfang November verabschiedeten Rahmenvereinbarung Serielles und modulares Bauen 2.0 beabsichtigen der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW gemeinsam mit dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und dem Bundesbauministerium, genau diese Punkte anzugehen. Diese soll 25 „zukunftsweisende Konzepte für schnellen, kostengünstigen Wohnungsbau“ liefern. „Wir brauchen mehr Tempo beim Planen, Genehmigen und Bauen“, erklärte Klara Geywitz (SPD), Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen in diesem Rahmen.
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