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Entscheidender Bürgergeld-Durchbruch der Union: Das steht Arbeitslosen bevor
VonMax Schäfer
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Die CDU steht kurz vor einem Erfolg beim Bürgergeld. Arbeitslose werden stärker in die Verantwortung genommen. Wer sich nicht an die Vorgaben hält, erhält keine finanzielle Hilfe mehr.
Berlin – Bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD dürfte sich die Union mit ihren Forderungen beim Bürgergeld durchsetzen – nicht alleine beim Namen. Mit der „neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende“ – bereits jetzt der offizielle Name im Zweiten Sozialgesetzbuch – soll es die Rückkehr des „Forderns“ geben. Als Ergänzung zum „Fördern“, also der Qualifizierung und Weiterbildung der Erwerbslosen, die Kern der Bürgergeld-Einführung war.
CDU will „Totalverweigerern“ das Bürgergeld streichen – mit Rücksicht auf rechtliche Hürden
Zwar gibt es laut den Ergebnissen Arbeitsgruppe „Arbeit und Soziales“ noch einige offene Punkte. Dennoch haben sich Union und SPD auf einige Verschärfungen geeinigt. Zentraler Punkt dabei sind Totalsanktionen. „Bei Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen“, heißt es im Papier, das IPPEN.MEDIA vorliegt. Damit bestätigt die Arbeitsgruppe das Ergebnis der Sondierungen.
„Sanktionen müssen schneller, einfacher und unbürokratischer durchgesetzt werden können“, erklärt die Arbeitsgruppe. Die „besondere Situation von Menschen mit psychischen Erkrankungen“ solle jedoch berücksichtigt werden.
Die mögliche neue Regierung von Union und SPD unter einem CDU-Kanzler Friedrich Merz könnte den Druck auf Arbeitslose im Bürgergeld erhöhen. (Symbolfoto)
CDU-Plan beim Bürgergeld verschärft bestehende Sanktionen – doch es gibt Hürden
Beim vollständigen Entzug der Grundsicherung gibt es jedoch eine Einschränkung. „Für die Verschärfung von Sanktionen werden wir die Rechtsprechung es Bundesverfassungsgerichts beachten“, lautet die Einigung. Die Richterinnen und Richter hatten Sanktionen über 30 Prozent 2019 als nicht vereinbar mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum eingestuft. In Folge des Urteils ist die Zahl, aber auch die Härte der Sanktionen zurückgegangen.
Damit würden Union und SPD die Regeln der Ampel-Koalition vom März 2024 verschärfen. Unter Führung von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil hatte die Regierung die vollständige Streichung des Bürgergeld-Regelsatzes für zwei Monate ermöglicht, wenn die Erwerbslosen zwei Jobangebote innerhalb eines Jahres ablehnen. Miete und Heizkosten werden jedoch weiterhin übernommen. Hier würde der Plan der neuen Koalition laut Einigung zum „vollständigen Leistungsentzug“ weitergehen.
Schon die Definition von „Arbeitsverweigerung“ der Grundsicherung-Beziehenden ist schwierig
Doch neben den rechtlichen Hürden ist auch die Frage offen, wie eine „Arbeitsverweigerung“ konkret definiert wird. Die Formulierung im Papier der Arbeitsgruppe lässt viel Interpretationsspielraum. Bereits bei den bisherigen Möglichkeiten, das Bürgergeld zu streichen, sind die Hürden dafür laut Jobcentern hoch. Wenn das Unternehmen ein Arbeitsangebot zurückzieht, entfällt beispielsweise der Sanktionsgrund. Unter anderem deshalb gab es bisher keine Regelsatz-Streichungen für sogenannte „Totalverweigerer“.
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Wobei auch deren Zahl auf Basis offizieller Statistiken der Bundesagentur für Arbeit gering ist. Laut den aktuellsten Daten vom November 2024 haben Jobcenter in den zwölf Monaten davor 19.541 Sanktionen wegen verweigerten Job- und Ausbildungsangeboten ausgesprochen. Das entspricht einem Prozent der erwerbsfähigen Bürgergeld-Beziehenden.
CDU und SPD wollen Grundsicherung-Beziehende stärker in die Verantwortung nehmen
Union und SPD wollen die Erwerbslosen stärker zur Verantwortung ziehen. Der Druck auf die Bürgergeld-Beziehenden würde zunehmen, sich aktiv um Arbeit zu kümmern. „Jede arbeitslose Person hat sich aktiv um Beschäftigung zu bemühen“, erklären die Parteien. Die Arbeitsagenturen und Jobcenter sollen sie dabei unterstützen, „indem jede Person zukünftig ein persönliches Angebot der Beratung, Unterstützung und Vermittlung erhält“.
Dabei kehrt der Vermittlungsvorrang zurück. Die Integration in Arbeit hat damit Priorität gegenüber Qualifizierungsmaßnahmen, auch wenn diese eine nachhaltigere Beschäftigung ermöglichen. Wer wegen verschiedenen Merkmalen, sogenannten Vermittlungshemmnissen, weniger Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat, soll über Qualifizierung und „eine bessere Gesundheitsförderung und Reha-Maßnahmen“ gestärkt werden.
Einig sind sich die Parteien zudem bei der Abschaffung der Karenzzeit für Vermögen. Wer viel Geld. Sachwerte oder Haus- und Grundeigentum hat, soll dieses wieder sofort nutzen müssen. Gleichzeitig soll die Höhe des Schonvermögens an die „Lebensleistung“ gekoppelt werden. Auch bei der Miete respektive den Wohnkosten soll die Karenzzeit entfallen, „wo unverhältnismäßig hohe Kosten der Unterkunft vorliegen“. Was genau „unverhältnismäßig“ ist, geht nicht aus dem Bericht hervor. Doch bereits jetzt legen die jeweiligen Kommunen die Mietobergrenzen fest.
Höhe der Grundsicherung soll wieder nach der alten Methode berechnet werden
Die Union hat sich zudem bei der Berechnung des Regelsatzes, also der Höhe der Grundsicherung, durchgesetzt. Die Ampel-Koalition hatte die Methode bei der Bürgergeld-Reform angepasst, um die Inflation besser zu berücksichtigen. Dadurch wurden die Leistungen innerhalb von zwei Jahren um etwa 25 Prozent erhöht. Jetzt soll es eine Rückkehr zur alten Methode geben.
Eine weitere Einigung sieht den Austausch von Daten zwischen Sozial-, Finanz- und Sicherheitsbehörden vor. Bereits im Sondierungspapier hatten sich CDU, CSU und SPD darauf geeinigt, Sozialleistungsmissbrauch zu beenden und dazu die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls zu stärken. Gleichzeitig sollten Sozialleistungen besser aufeinander abgestimmt werden. (ms)