Deutsche Wirtschaftskrise

Düstere Expertenprognose: 2025 erreicht Arbeitslosenquote Höchststand seit zehn Jahren

  • VonMark Simon Wolf
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Gleich mehrere Experten prognostizieren für 2025 einen signifikanten Anstieg der Arbeitslosenquote – Aufgrund der Wirtschaftsschwäche sei „keine Trendwende in Sicht“.

Berlin – Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle – und könnte 2025 zu einer großen Hypothek für die künftige Bundesregierung werden. Wenn diese nach den Neuwahlen im Februar voraussichtlich ab März oder April mit ihrer Regierungsarbeit beginnt, erwarten Experten einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit: „Wir rechnen damit, dass sie auch im nächsten Jahr steigt, aber nicht noch einmal ganz so stark. Etwa 2,9 Millionen Arbeitslose dürften wir dann haben, in einzelnen Monaten möglicherweise auch über 3 Millionen“, erklärte Holger Schäfer, Senior Economist für Beschäftigung und Arbeitslosigkeit am Institut der Deutschen Wirtschaft gegenüber ntv.

Über drei Millionen Arbeitslose? IW-Experte Schäfer und Andrea Nahles sind sich einig

Bereits im September hatte Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, ebenfalls einen Anstieg über drei Millionen Arbeitslosen prophezeit. Am morgigen Freitag (28. November) legt die BA die Zahlen für den vergangenen Monat vor – aufgrund der ausgebliebenen Herbstbelebung innerhalb der deutschen Wirtschaft dürften diese erneut schwach ausfallen. Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bestätigte in dem am Mittwoch (27. November) veröffentlichten Arbeitsmarktbarometer der örtlichen Ableger der BA diese Prognose: „Bei der steigenden Arbeitslosigkeit ist bis zum Frühjahr keine Trendwende in Sicht.“

Der Wert für die Arbeitslosigkeit sank im November um 0,3 Punkte auf nur noch 97,9. Die Skala erstreckt sich zwischen 90 (sehr schlecht) und 110 Punkten (sehr gut) und gilt als Frühindikator für die Entwicklung der Arbeitslosen- und Beschäftigtenzahl. Die Grenze zur drei Millionen wurde zuletzt vor rund zehn Jahren überschritten

Steigt die Arbeitslosenzahl in Deutschland künftig auf über drei Millionen? Andrea Nahles, Vorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, hält das für realistisch.

Bruttoinlandprodukt stagniert zum dritten Mal in Folge – Unternehmen stellen weniger ein

Laut Schäfer sorge die anhaltende Schwächephase der Wirtschaft dafür, dass das Bruttoinlandsprodukt auch im dritten Jahr in Folge nicht wesentlich wachse. „Das ist für den Arbeitsmarkt schlimmer als eine kurze Rezession.“ Das sehe man in erster Linie an Massenentlassungen bei Industrieriesen wie Thyssenkrupp, Volkswagen oder Automobil-Zulieferern. Für den Arbeitsmarktexperten seien dies „keine Einzelfälle“ – von einer Entlassungswelle in der deutschen Wirtschaft könne man allerdings noch nicht sprechen. Auch Verhältnisse wie 2005, als fast fünf Millionen Menschen in Deutschland ohne Arbeit waren, erwarte er nicht. Dafür würden in den kommenden Jahren zu viele Beschäftigte aus den geburtenstarken Jahrgängen in den Ruhestand gehen.

Vielmehr kollidierten verschiedene Effekte am Arbeitsmarkt miteinander. Zum Beispiel verringere sich aktuell die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen, während die Erwerbspersonenanzahl auch durch die Nettozuwanderung von zwei Millionen Menschen in den Jahren 2022 und 2023 kontinuierlich zunehme. Nahles macht besonders die Industrie sorgen – dort beobachte man mehr Entlassungen und zunehmende Kurzarbeit. Dass trotzdem ein akuter Fachkräftemangel in vielen Branchen herrscht, führt Schäfer auf ein „Mismatch“ zurück: „Viele Arbeitslose suchen eine einfache Arbeit, für die sie keine abgeschlossene Berufsausbildung brauchen. Dafür gibt es aber wenig Stellenangebote.“

IBA-Arbeitsmarktbarometer misst niedrigsten Wert – Nahles sieht Chancen für junge Leute

Diesen Trend bestätigte auch das Arbeitsmarktbarometer, welches unter anderem die Zahl der Beschäftigung in Deutschland einordnet. Zwar blieb diese im positiven Bereich bei 101,1 Punkten, doch verzeichnete sie einen Rückgang um 0,3 Prozent. Abgesehen von der Zeit während der Corona-Pandemie sei damit der niedrigste Stand erreicht.  

Chancen sieht Nahles dagegen für viele junge Menschen, da es nach wie vor mehr Ausbildungsstellen als potenzielle Bewerber gäbe. Allerdings nehme die Arbeitsagentur seit der Corona-Pandemie eine große Verunsicherung bei den jungen Menschen wahr. Hier sieht die BA-Chefin die Unternehmen in der Pflicht, früher in die Schulen zu gehen, um den künftigen Firmennachwuchs persönlich von den Möglichkeiten einer fachlichen Ausbildung zu überzeugen.

Rubriklistenbild: © Daniel Löb/dpa