Finanzen

Debatte ums Ehegattensplitting: Wie hoch ist eigentlich die Steuerersparnis?

  • Anne Hund
    VonAnne Hund
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Eine Hoch­zeit bietet hand­feste Steuer­vorteile. Ganz oben steht das Ehegatten­splitting, über das in der Politik aktuell heftig diskutiert wird.

Im Ampelstreit über die Finanzierung der Kindergrundsicherung sorgt ein Vorstoß der SPD für eine neue Debatte. Die SPD hatte vorgeschlagen, dass statt der im Raum stehenden Pläne zur Herabsetzung der Einkommensgrenze für den Bezug des Elterngeldes das Ehegattensplitting enden solle.

SPD-Chef will Ehegattensplitting abschaffen

So hat SPD-Chef Lars Klingbeil eine schnelle Abschaffung der Steuervorteile durch das Ehegattensplitting für alle neuen Ehen vorgeschlagen. „Damit würden wir dem antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen. Und der Staat würde Geld sparen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland

Mit seinem Vorstoß erzürnt der SPD-Chef nicht nur die CSU. Auch beim Koalitionspartner FDP stößt dies auf scharfe Kritik. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums erklärte einem Bericht der Tagesschau (Stand: 10. Juli) zufolge nach Klingbeils Vorstoß, dass das Ehegattensplitting in absehbarer Zeit erhalten bleibe. Eine Abschaffung des Verfahrens könne aus der Umsetzung des Koalitionsvertrages nicht abgeleitet werden.

Was bedeutet das Ehegattensplitting?

Worum geht es beim Ehegattensplitting, und was sind die steuerlichen Vorteile? Ehegattensplitting bezeichnet das Verfahren, nach dem Ehepaare und Lebenspartnerschaften besteuert werden, die keine Einzelveranlagung wählen. Dabei wird das gemeinsame Einkommen halbiert, die darauf entfallende Einkommensteuer berechnet und die Steuerschuld anschließend verdoppelt. Das nützt vor allem jenen Paaren, bei denen einer viel und der andere wenig verdient.  

Verheiratete haben die Wahl, ob sie sich zusammen oder getrennt veranlagen lassen. Hier kommt die Frage auf, welches Steuermodell für Ehepaare günstiger ist.

Nach der Hochzeit: Die Qual der Wahl bei der Steuer

Grundsätzlich haben Verheiratete zunächst die „Qual der Wahl“, ob sie sich zusammen oder getrennt veranlagen lassen, wie die Lohnsteuerhilfe (Lohi) Bayern ganz allgemein erklärt. Hier komme die Frage auf, welches Steuermodell für Ehepaare günstiger sei. „Neben dem persönlichen Gusto spielt die Einkommensverteilung bei Ehepaaren die entscheidende Rolle“, erklärt Tobias Gerauer, Vorstand der Lohnsteuerhilfe Bayern. Schnell könnten den Experten zufolge so ein paar hundert Euro pro Jahr mehr drin sein – bei „richtigen Gutverdienern“ könnten es sogar ein paar tausend Euro mehr sein.

Die Lohnsteuerhilfe (Lohi) Bayern erklärt es vereinfacht gesprochen so: „Haben zwei sich Liebende geheiratet, werden sie als unbeschränkt Steuerpflichtige vom Finanzamt gemeinsam veranlagt. Das heißt, sie verschmelzen steuerlich gesehen zu einer Steuerperson.“ Dies geschehe entweder durch Ankreuzen auf der Steuererklärung oder automatisch, wenn kein Kreuz gesetzt wurde. „Der Vorteil liegt darin, dass Ehepaare ihre Steuererklärung gemeinsam erstellen können und somit nicht nur Doppelarbeit, sondern in der Regel auch Steuern einsparen können“, heißt es weiter in der Mitteilung der Lohi.

Das „Zauberwort“ heiße Ehegattensplitting, so die Lohi Bayern: „Es bringt einige Vorteile mit sich und gilt rückwirkend für das ganze Hochzeitsjahr, auch wenn erst Ende Dezember geheiratet wird.“ So kämen für beide Ehegatten die zwei Grundfreibeträge voll zum Tragen, auch wenn ein Gehalt darunter liege. „Der Wow-Effekt: Gemeinsam werden nicht so hohe Steuersätze erreicht, weil der höhere Steuersatz durch den niedrigeren im Mittel gedrückt wird. Schöpft einer von beiden seine Freibeträge, wie den Freistellungsauftrag für Kapitalerträge, nicht aus, kann die Differenz vom anderen Ehepartner genutzt werden.“

Ehegattensplitting: Wie hoch ist die Steuerersparnis?

Wie hoch die Steuerersparnis ist, lässt sich laut Lohi nicht pauschal sagen. Doch der Steuervorteil falle umso höher aus, je größer die Einkommensdifferenz der beiden Partner sei. Die Experten erklären es an einem Beispiel so: „Nehmen wir an, ein Mann hat ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von 50.000 Euro und eine Frau von 20.000 Euro. Als unverheiratetes Paar wird die Einkommensteuer für den Einzelnen nach der Grundtabelle berechnet. Der Mann muss 11.343 Euro und die Frau 1.956 Euro an Einkommensteuern abführen. Die summierte Steuerlast beträgt folglich 13.299 Euro.“

Sind die beiden miteinander verheiratet und lassen sich zusammen veranlagen, werde für die Einkommensteuer die Splittingtabelle herangezogen: „Dabei wird beider Einkommen erst addiert (macht zusammen 70.000 Euro) und dann halbiert sozusagen wieder aufgesplittet“, erklärt die Lohi. „Von diesen 35.000 Euro wird die Steuer berechnet. Sie beträgt 6.216 Euro pro Person. Mal zwei macht das eine Steuerlast von 12.432 Euro für das Paar aus.“ Mit dem Ehegattensplitting würden in diesem Beispiel also 867 Euro weniger an Steuern anfallen. Verdiene die Ehefrau im Beispiel nur 15.000 Euro im Jahr, steige der Steuervorteil auf 1.187 Euro an.

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Alle Jahre wieder eine neue Wahl

Grundsätzlich steht es Ehegatten frei, ob sie sich zusammen oder einzeln veranlagen lassen. „Dies ist unabhängig von der Wahl der Steuerklassenkombination“, wie die Lohi erklärt. Was im Einzelfall vorteilhafter ist, sollte man vorher gründlich durchrechnen. Die Entscheidung, welche Veranlagungsart gewählt wird, müsse jedes Jahr von Neuem getroffen werden, erklärt die Lohi weiter. Werde nichts angekreuzt, nehme das Finanzamt standardmäßig die gemeinsame Veranlagung und nicht die günstigere Variante an.

„Allerdings sollte man die Entscheidung nicht dem Finanzamt überlassen“, so der Hinweis der Steuerexperten. In zahlreichen Fällen würden Eheleute mit einer Einzelveranlagung „besser fahren“. „Bei einer hohen Abfindung, beim Bezug von Entgeltersatzleistungen oder hohen Krankheitskosten eines Ehepartners sollte die einzelne Veranlagung beispielsweise in Erwägung gezogen werden“, heißt es in der Mitteilung. Bei einer gemeinsamen Veranlagung falle der Steuerbonus hingegen umso höher aus, je größer das Einkommensgefälle zwischen den Partnern sei. „Im Fall eines Alleinverdieners ist das Ehegattensplitting also ideal.“

Neun Fehler, die Sie bei der Steuererklärung viel Geld kosten

Mutter und erwachsene Tochter
Unterhalt für volljährige Kinder: Zahlungen für unterhaltsberechtigte Personen (z.B. Kinder, Eltern, anderes Elternteil des gemeinsamen Kindes) lassen sich in der Regel absetzen. Dazu gehört etwa auch der Unterhalt für erwachsene Kinder, die studieren, aber noch daheim wohnen. Für 2022 können für Sprösslinge über 25 einen Betrag von maximal 10.347 Euro absetzen (zzgl. Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge). Die Kinder müssen nicht angeben, ob die Eltern den Unterhalt geltend machen. (Symbolbild) © YAY Images/Imago
Schreibtisch in modernem Arbeitszimmer
Arbeitszimmer nicht absetzen: Wurde 2022 ein Raum (kein Durchgangszimmer) fast ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt, können etwa Miete und Nebenkosten anteilig abgesetzt werden. Wichtig hier: Der Raum muss den Mittelpunkt der Arbeit darstellen und das muss belegbar sein. Ist das nicht der Fall, können Kosten nur bis zu 1.250 Euro abgesetzt werden. Wenn das Arbeitszimmer nicht den gesetzlichen Ansprüchen entspricht, kann man die Homeoffice-Pauschale in Anspruch nehmen (max. 600 Euro). (Symbolbild) © Addictive Stock/Imago
Frau in Videocall zu Hause
Internet und Telefon im Homeoffice: Oft vergessen: Wenn die privaten Leitungen von Internet und Telefon beruflich mitgenutzt werden, können davon 20 Prozent der Kosten als Werbungskosten abgesetzt werden. Wichtig: höchstens 20 Euro im Monat. Die Kosten werden ersetzt zu denen von Arbeitszimmer oder Homeoffice (2022: 120 Tage à fünf Euro). (Symbolbild) © Rainer Berg/Imago
Klempner repariert Abfluss
Handwerker-Anfahrt: Auch bei Handwerkern lässt sich ein bisschen Geld wiederholen. 20 Prozent Steuerrabatt gibt es auf die ausgewiesenen Lohnkosten (s. Rechnung). Dazu gehören etwa die Entsorgung von Grün­gut, Anfahrts- oder Verbrauchs­mittel­pauschalen. Tipp: Immer Rechnungen aufschlüsseln lassen, Belege aufheben und nicht bar zahlen. (Symbolbild)  © Monkey Business 2/Imago
Weibliche Autofahrerin, Nahaufnahme
Fahrt zur Praxis: Nur wenige Menschen wissen, dass man auch die Fahrten zu Ärzten, Therapie oder Reha-Maßnahmen absetzen kann (30 Cent/gefahrener Kilometer). Alle Kosten rund um die Gesundheit gelten als außergewöhnliche Belastungen. Als Nachweis reicht eine einfache Aufstellung der Fahrten aus. (Symbolbild) © Matej Kastelic/Imago
Gesundheitskarte mit Geldscheinen.
Kinder-Krankenkassenbeiträge: Befindet sich das Kind in einer Ausbildung, ist es meist günstiger, wenn die Eltern seine Sozial­versicherungs­beiträge in der eigenen Steuererklärung angeben. Auch, wenn das Kind selbst Versicherungsnehmer ist. Hier liegt großes Sparpotenzial und für den Nachwuchs gibt es keinen Nachteil. Sie sind erst ab einem Bruttoeinkommen von 13.150 Euro steuerpflichtig. (Symbolbild) © Zerbor/Imago
Geschäftsmann isst Nudeln mit Kollegen, Nahaufanahme
Verpflegungspauschale nicht angeben: Sind Arbeitnehmer viel unterwegs und eben nicht im Homeoffice, kann die Verpflegungspauschale geltend gemacht werden. Bei Abwesenheiten von acht Stunden und mehr sind das 14 Euro pro Tag, bei 24 Stunden 28 Euro und die An- und Abreisetage bringen je 14 Euro. Dazu zählt es übrigens auch, wenn man Wohnung oder Büro für das Mittagessen verlässt (Pause muss allerdings nachgewiesen werden, z.B. mit Arbeitgeberbescheinigung oder Tabellen zur Zeiterfassung). (Symbolbild) © Josep Suria/Imago
Mercedes Autohaus bietet Geschäftswagen an.
Zu viel für Firmenwagen gezahlt: Arbeitnehmer versteuern ihren Dienstwagen zusätzlich zum Monatsgehalt (Privatfahrten um ein Prozent, Dienstfahrten um 0,03 Prozent je Entfernungskilometer). Aber: Wer 2022 den Großteil der Zeit im Homeoffice war, kann seinen Bruttolohn um die zu viel versteuerten Fahrten mindern. (Symbolbild) © Arnulf Hettrich/Imago
Zwei Stempel je mit den Worten Steuer und Erklärung.
Verspätete Abgabe: Wer den Stichtag für die Steuererklärung verpasst (für 2022 ist das der 02. Oktober 2023), zahlt einen Verspätungszuschlag von mindestens 25 Euro pro angebrochenem Monat. Wer seine Steuererklärung also pünktlich dem Finanzamt zukommen lasst, zahlt nichts drauf. (Symbolbild) © Felix Schlikis/Imago

Von der EU-Kommission und der OECD wurde Deutschland öfter für das Ehegattensplitting kritisiert – mit dem Argument, dass es Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalte.

Rubriklistenbild: © Rolf Vennenbernd/dpa

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