Bericht über Umfrage

Bürgergeld-Erhöhung als Kündigungsgrund? Reinigungsfirmen sind in Sorge

  • Anne Hund
    VonAnne Hund
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Eine Umfrage unter Reinigungsfirmen zeigt einem Bericht zufolge, wie groß deren Sorge ist, dass das Bürgergeld zunehmend in Konkurrenz zum Lohnerwerb treten könnte.

Beschäftigte, die Vollzeit zum Mindestlohn arbeiten, haben Berechnungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) zufolge ein deutlich höheres Einkommen als Personen, die Bürgergeld beziehen. Das gelte auch im kommenden Jahr, wenn die von der Bundesregierung geplante Anhebung des Bürgergelds in Kraft getreten ist. Das Bürgergeld soll zum 1. Januar 2024 steigen – und dadurch 5,5 Millionen Bedürftige im Schnitt rund 12 Prozent mehr Geld auf ihr Konto überwiesen bekommen. Alleinstehende, die in Vollzeit zum Mindestlohn arbeiten, hätten den Berechnungen des WSI zufolge im Jahr 2024 pro Monat ein um 532 Euro höheres Nettoeinkommen als alleinstehende Bezieher und Bezieherinnen von Bürgergeld, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet hatte. Bei Alleinerziehenden mit einem Kind betrage der Unterschied zwischen 715 und 765 Euro, je nach Alter des Kindes.

Bericht über Umfrage: Reinigungsfirmen äußern ihre Sorge

Einer Umfrage unter Reinigungsfirmen zufolge, über die die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.) berichtet, ist bei den Firmen ungeachtet dessen die Sorge groß, dass das Bürgergeld zunehmend in Konkurrenz zum Lohnerwerb treten könnte. „Auf einer Skala von 1 bis 10 (größte Sorge) ergab sich ein Durchschnittswert von 8,8“, heißt es im Bericht auf faz.net zu der Befragung. Über weitere Ergebnisse der neuen Erhebung im deutschen Reinigungsgewerbe heißt es im Bericht auf faz.net (Stand: 16. Oktober): „Mehr als zwei Drittel der Unternehmer dort haben demnach schon die Erfahrung gemacht, dass Beschäftigte ihre Arbeit aufgeben und zur Begründung die Möglichkeit des Bürgergeldbezugs anführen.“ Die noch unveröffentlichte Auswertung, für die der Bundes­innungs­verband des Gebäudereinigerhandwerks (BIV) seine 2.500 Mitgliedsunternehmen befragt habe, liege der F.A.Z. vor. Konkret antworteten demnach 28,4 Prozent der Unternehmen, dass bei ihnen „bereits mehrere Beschäftigte mit konkretem Verweis auf das Bürgergeld gekündigt oder eine Kündigung in Aussicht gestellt haben“, so die Zusammenfassung des Verbands dem Bericht zufolge. „Weitere 40 Prozent bestätigen demnach diesen Trend, sprechen aber noch von Einzelfällen. Knapp ein Drittel erkannte bisher keinen Negativeinfluss des Bürgergeldes auf ihre Personalsituation“, heißt es weiter auf faz.net zu der Umfrage.

Branchenmindestlohn: Wie hoch ist das Einstiegsgehalt für Gebäudereiniger?

In der Branche arbeiten einem Bericht des ZDF zufolge etwa 700.000 Beschäftigte. Die tariflichen Branchenmindestlöhne liegen über dem gesetzlichen Mindestlohn. Wie viel lässt sich im Gebäudereiniger-Handwerk demzufolge verdienen? Der Einstiegsverdienst (Lohngruppe 1) in der Branche war zum 1. Oktober 2022 auf 13 Euro gestiegen und wird zum 1. Januar 2024 abermals um 50 Cent (auf dann 13,50 Euro) angehoben, wie die Deutsche Handwerks Zeitung (DHZ) berichtete. Für Fachkräfte und Beschäftigte in der Glas- und Fassadenreinigung war der Branchenmindestlohn (Lohngruppe 6) der DHZ zufolge zudem zum 1. Oktober 2022 auf 16,20 Euro gestiegen und soll zum 1. Januar 2024 auf 16,70 Euro klettern.

Das Einstiegsgehalt für Gebäudereinigerinnen und Gebäudereiniger war im Oktober 2022 in einem ersten Schritt auf 13 Euro angehoben worden und soll zum 1. Januar 2024 auf 13,50 Euro steigen. (Symbolbild)

Gesetzlicher Mindestlohn steigt bis 2025 in zwei Schritten 

Wie entwickelt sich der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland? Der gesetzliche Mindestlohn soll in den kommenden zwei Jahren um 82 Cent auf 12,82 Euro erhöht werden. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte angekündigt, einen entsprechenden Vorschlag der Mindestlohnkommission umzusetzen. Sie hatte vorgeschlagen, den Mindestlohn zum 1. Januar 2024 von derzeit 12,00 auf 12,41 Euro und ein Jahr später auf 12,82 Euro anzuheben – insgesamt ein Plus von 6,8 Prozent. Die Arbeitnehmervertreter in der Kommission hatten die Anhebung als zu niedrig bezeichnet, wurden aber überstimmt, wie die Deutsche Presse-Agentur zu den Hintergründen weiter berichtet hatte.

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Neun Fehler, die Sie bei der Steuererklärung viel Geld kosten

Mutter und erwachsene Tochter
Unterhalt für volljährige Kinder: Zahlungen für unterhaltsberechtigte Personen (z.B. Kinder, Eltern, anderes Elternteil des gemeinsamen Kindes) lassen sich in der Regel absetzen. Dazu gehört etwa auch der Unterhalt für erwachsene Kinder, die studieren, aber noch daheim wohnen. Für 2022 können für Sprösslinge über 25 einen Betrag von maximal 10.347 Euro absetzen (zzgl. Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge). Die Kinder müssen nicht angeben, ob die Eltern den Unterhalt geltend machen. (Symbolbild) © YAY Images/Imago
Schreibtisch in modernem Arbeitszimmer
Arbeitszimmer nicht absetzen: Wurde 2022 ein Raum (kein Durchgangszimmer) fast ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt, können etwa Miete und Nebenkosten anteilig abgesetzt werden. Wichtig hier: Der Raum muss den Mittelpunkt der Arbeit darstellen und das muss belegbar sein. Ist das nicht der Fall, können Kosten nur bis zu 1.250 Euro abgesetzt werden. Wenn das Arbeitszimmer nicht den gesetzlichen Ansprüchen entspricht, kann man die Homeoffice-Pauschale in Anspruch nehmen (max. 600 Euro). (Symbolbild) © Addictive Stock/Imago
Frau in Videocall zu Hause
Internet und Telefon im Homeoffice: Oft vergessen: Wenn die privaten Leitungen von Internet und Telefon beruflich mitgenutzt werden, können davon 20 Prozent der Kosten als Werbungskosten abgesetzt werden. Wichtig: höchstens 20 Euro im Monat. Die Kosten werden ersetzt zu denen von Arbeitszimmer oder Homeoffice (2022: 120 Tage à fünf Euro). (Symbolbild) © Rainer Berg/Imago
Klempner repariert Abfluss
Handwerker-Anfahrt: Auch bei Handwerkern lässt sich ein bisschen Geld wiederholen. 20 Prozent Steuerrabatt gibt es auf die ausgewiesenen Lohnkosten (s. Rechnung). Dazu gehören etwa die Entsorgung von Grün­gut, Anfahrts- oder Verbrauchs­mittel­pauschalen. Tipp: Immer Rechnungen aufschlüsseln lassen, Belege aufheben und nicht bar zahlen. (Symbolbild)  © Monkey Business 2/Imago
Weibliche Autofahrerin, Nahaufnahme
Fahrt zur Praxis: Nur wenige Menschen wissen, dass man auch die Fahrten zu Ärzten, Therapie oder Reha-Maßnahmen absetzen kann (30 Cent/gefahrener Kilometer). Alle Kosten rund um die Gesundheit gelten als außergewöhnliche Belastungen. Als Nachweis reicht eine einfache Aufstellung der Fahrten aus. (Symbolbild) © Matej Kastelic/Imago
Gesundheitskarte mit Geldscheinen.
Kinder-Krankenkassenbeiträge: Befindet sich das Kind in einer Ausbildung, ist es meist günstiger, wenn die Eltern seine Sozial­versicherungs­beiträge in der eigenen Steuererklärung angeben. Auch, wenn das Kind selbst Versicherungsnehmer ist. Hier liegt großes Sparpotenzial und für den Nachwuchs gibt es keinen Nachteil. Sie sind erst ab einem Bruttoeinkommen von 13.150 Euro steuerpflichtig. (Symbolbild) © Zerbor/Imago
Geschäftsmann isst Nudeln mit Kollegen, Nahaufanahme
Verpflegungspauschale nicht angeben: Sind Arbeitnehmer viel unterwegs und eben nicht im Homeoffice, kann die Verpflegungspauschale geltend gemacht werden. Bei Abwesenheiten von acht Stunden und mehr sind das 14 Euro pro Tag, bei 24 Stunden 28 Euro und die An- und Abreisetage bringen je 14 Euro. Dazu zählt es übrigens auch, wenn man Wohnung oder Büro für das Mittagessen verlässt (Pause muss allerdings nachgewiesen werden, z.B. mit Arbeitgeberbescheinigung oder Tabellen zur Zeiterfassung). (Symbolbild) © Josep Suria/Imago
Mercedes Autohaus bietet Geschäftswagen an.
Zu viel für Firmenwagen gezahlt: Arbeitnehmer versteuern ihren Dienstwagen zusätzlich zum Monatsgehalt (Privatfahrten um ein Prozent, Dienstfahrten um 0,03 Prozent je Entfernungskilometer). Aber: Wer 2022 den Großteil der Zeit im Homeoffice war, kann seinen Bruttolohn um die zu viel versteuerten Fahrten mindern. (Symbolbild) © Arnulf Hettrich/Imago
Zwei Stempel je mit den Worten Steuer und Erklärung.
Verspätete Abgabe: Wer den Stichtag für die Steuererklärung verpasst (für 2022 ist das der 02. Oktober 2023), zahlt einen Verspätungszuschlag von mindestens 25 Euro pro angebrochenem Monat. Wer seine Steuererklärung also pünktlich dem Finanzamt zukommen lasst, zahlt nichts drauf. (Symbolbild) © Felix Schlikis/Imago

SPD-Chef Klingbeil für höheren gesetzlichen Mindestlohn

SPD-Chef Lars Klingbeil dringt derweil auf eine weitere Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland. „Das Leben ist teurer geworden. Da muss mehr kommen als 12,41 Euro“, sagte Klingbeil den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Und auch die Grünen haben sich für eine stärkere Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns ausgesprochen. Die Co-Vorsitzende Ricarda Lang sagte laut dpa am 16. Oktober nach Beratungen des Bundesvorstands, die Entscheidung der Mindestlohnkommission sei für viele Menschen in diesem Land, die wenig verdienen, ein „Schlag ins Gesicht“ gewesen. „Das hat mit der Entwicklung der Inflation rein gar nichts zu tun. Die Steigerungen sind viel zu gering.“ Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Erhöhung des Mindestlohns als zu niedrig bezeichnet.

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