Leistungen werden gebündelt
Bundesregierung beschließt Kindergrundsicherung – was soll sich für Familien ändern?
VonAnne Hundschließen
Die Kindergrundsicherung soll ab dem Jahr 2025 Leistungen für Familien bündeln. Durch die Reform sollen mehr Familien an ihr Geld kommen.
Die Bundesregierung hat die hart umkämpfte Kindergrundsicherung beschlossen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Mittwoch (27. September) aus Regierungskreisen. Das Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag sieht vor, ab 2025 verschiedene staatliche Leistungen für Kinder zu bündeln: Das heutige Kindergeld, den Kinderzuschlag für Familien mit wenig Einkommen, den Kinder-Anteil des Bürgergelds und Unterstützung für Schulbedarf.
Bundesregierung beschließt Kindergrundsicherung
Ziel der Kindergrundsicherung ist es unter anderem, mehr Familien, die Anspruch auf Leistungen haben, durch mehr Übersicht und einfachere Antragswege zu erreichen. „Es wird zukünftig endlich bessere, schnellere und direktere Leistungen für alle Familien geben“, sagte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) im Anschluss an den Kabinettsbeschluss. Die Kindergrundsicherung schaffe „einen Systemwechsel – weg von der Holschuld von Bürgerinnen und Bürgern hin zu einer Bringschuld des Staates“. Schließlich würden Familien künftig direkt vom Familienservice über mögliche Ansprüche informiert, und die Berechnung und Auszahlung der Leistungen werden einfacher. Wie viele Kinder in Deutschland von Armut betroffen sind.
Wie will die Regierung das Vorhaben konkret umsetzen?
Konkret ist dem Gesetzentwurf zufolge folgendes geplant: Ein sogenannter Garantiebetrag wird für alle Kinder ausgezahlt. Er löst das heutige Kindergeld (aktuell 250 Euro pro Monat) ab. Kinder, die erwachsen sind, aber noch studieren oder in der Ausbildung sind, sollen diesen Garantiebetrag direkt bekommen – anders als das Kindergeld heute, das in der Regel an die Eltern geht. Zu diesem Garantiebetrag hinzu kommt je nach Bedürftigkeit ein Zusatzbeitrag, nach Alter gestaffelt und je nach Einkommenssituation der Eltern. Je weniger sie verdienen, desto höher soll er ausfallen.
Als zentrale Anlaufstellen zuständig sein sollen die heutigen Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit (BA), die schon für das Kindergeld zuständig sind. Sie sollen künftig „Familienservice“ heißen und Eltern künftig auch aktiv auf Leistungen hinweisen, die ihnen zustehen. Die Beantragung soll vollständig online möglich sein.
Wie hoch soll die Kindergrundsicherung ausfallen?
Wie beim Bürgergeld wird es regelmäßige automatische Anpassungen nach oben entsprechend der Preisentwicklung im Land geben. Daher sind die Mehrausgaben und die genaue Höhe der Kindergrundsicherung heute noch nicht genau zu beziffern. Paus hatte im August Summen zwischen 530 Euro (für Kinder bis sechs Jahren) bis 636 Euro (für die ältesten Kinder) genannt. Das waren aber nur Schätzwerte. Die genauen Beträge hängen von der Preisentwicklung bis zur Einführung der Leistung ab und vom Einzelfall, je nach Einkommenssituation der Familie.
Sind bislang Leistungsverbesserungen für einzelne Gruppen vorgesehen?
Umstritten war vorab der Punkt der Leistungsverbesserungen. Die Ampel hatte sich auf die Neuberechnung des Existenzminimums durch das Statistische Bundesamt geeinigt. „Das führt laut Gesetzentwurf, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, zu einzelnen Erhöhungen“, hieß es in einem Bericht auf Tagesschau.de am Mittwochmorgen (27. September) vor dem Kabinettsbeschluss. Der Bericht nannte zudem einige Beispiele: „Beispielsweise erhält ein fünfjähriges Kind, das bisher Bürgergeld bezieht, monatlich mindestens 28 Euro Monat mehr. Ein 14-Jähriger, der bislang Kinderzuschlag bekommt, soll monatlich rund 60 Euro mehr erhalten. Außerdem sollen Alleinerziehende profitieren, indem Unterhaltszahlungen für Kinder künftig nur noch zu 45 Prozent statt wie zuvor voll angerechnet werden.“ Allerdings habe sich Finanzminister Lindner dafür eingesetzt, dass es jedoch keine generellen Leistungserhöhungen gebe. Für den FDP-Politiker war es dem Bericht zufolge wichtig, „keine falschen Anreize“ zu schaffen. „Deswegen werden laut Gesetzentwurf diejenigen am Ende mehr Geld haben, die arbeiten“, hieß es weiter auf Tagesschau.de.
Wann kommt die Kindergrundsicherung nun?
In dem Gesetzentwurf ist die Rede von einem Start zum 1. Januar 2025. Ob der ehrgeizige Zeitplan von Familienministerin Lisa Paus eingehalten werden kann, muss sich noch zeigen. Denn die Bundesagentur für Arbeit (BA) hatte zuvor bezweifelt, dass dieser Startzeitpunkt realistisch ist. Eine Vorlaufzeit des komplexen Gesetzesvorhabens von mindestens 12 Monaten sei erforderlich, um es erfolgreich umzusetzen. Im überarbeiteten Gesetzentwurf heißt es nun, das Vorhaben sei besonders eilbedürftig. „Die BA benötigt ab Verkündung des Gesetzes ausreichend Zeit (bis zu einem Jahr), um die Verwaltungsabläufe und IT-Verfahren auf die Einführung der Kindergrundsicherung vorzubereiten. Das Gesetzgebungsverfahren muss daher schnellstmöglich abgeschlossen werden.“
Woran kann das Vorhaben jetzt noch scheitern?
Der Gesetzentwurf muss nun durch den Bundestag und auch die Länder müssen zustimmen. Es bleibt fraglich, ob die unionsgeführten Bundesländer dem derzeitigen Entwurf zustimmen werden. (Mit Material der dpa)
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