Eine Frau sitzt auf einer Bank auf einem Spielplatz und wirkt erschöpft (Symbolbild).
+
Das alte Leben ohne Kinder hin und wieder vermissen? Ganz normal, sagen Therapeuten (Symbolbild).

Regretting Motherhood

„Hatte nie geplant, Kinder zu bekommen“: Frau hat sich von Mann überreden lassen – und bereut es

  • Jasmina Deshmeh
    VonJasmina Deshmeh
    schließen

Eine Mutter legt in einem Online-Elternforum ein Geständnis ab und löst damit eine Diskussion über den gesellschaftlichen Druck, Kinder zu bekommen, aus.

Kinder verändern das Leben sehr. Und nicht immer fühlen sich diese Veränderungen gut an, wie der Erfahrungsbericht einer Mutter in einem Elternforum zeigt. Die Nutzerin erklärt, dass sie sich nach dem „alten Leben“ vor den Kindern zurücksehne und spricht dabei vielen Eltern in der Community offenbar aus der Seele.

Frau lässt sich von Mann und Gesellschaft überreden, Kinder zu bekommen

Die frischgebackene Mutter, die unter dem Name @BendyGirl85 auftritt, erklärt in dem Elternforum „What to Expect“, dass sie es zutiefst bereue, ein Kind bekommen zu haben. Und das, obwohl sie ihre Tochter sehr liebe. Sie gibt zu, dass sie nie geplant hatte, Kinder zu bekommen. Aber nachdem sie ihren Mann kennengelernt hatte, habe sie sich durch seinen Kinderwunsch „und den gesellschaftlichen Erwartungen dazu“ zur Familiengründung überreden lassen.

Noch mehr spannende Themen rund um Baby, Kind und Erziehung finden Sie im Newsletter unseres Partners hallo-eltern.de

Da sie sich ihren engsten Angehörigen nicht anvertrauen konnte, sucht sie nun Rat und Unterstützung bei anderen Eltern im Internet. Sie betont auch, dass sie keine Wochenbettdepression gehabt habe, sondern einfach ihr „altes Leben“ mit all den Aktivitäten und Erfahrungen vermisse. Darunter Lesen, Gartenarbeit und Zeit in der Natur. Diese erschienen ihr nun in der Elternrolle „außer Reichweite“.

Aktiv sein mit Kindern: „Es ist viel schwieriger und nicht die gleiche Erfahrung“

Sie bekomme immer wieder zu hören: „Mach einfach das, was du gemacht hast, bevor du Kinder hattest, aber mach es mit ihnen“. Aber das sei viel schwieriger und nicht die gleiche Erfahrung wie vorher, so @BendyGirl85. Und auch andere Dinge würden sie als Mutter stören: „Es langweilt mich, den ganzen Tag zuhause zu sein und mich um ein Baby zu kümmern“. Und: „Ich vermisse es, schlafen zu können, wann ich möchte, und am Wochenende auszuschlafen. Ich war auch nie jemand, der gerne mit Kindern spielt.“

Ihre Ehrlichkeit findet bei anderen großen Anklang

Mit ihren Gedanken scheint die anonyme Nutzerin nicht alleine zu sein. Viele Mitglieder des Forums zeigen Verständnis und teilen ihre Erfahrungen:

  • So schlägt eine Mutter vor: „Ist die Rückkehr zur Arbeit eine Option? Ich liebe meinen kleinen Jungen, aber ich liebe ihn noch mehr, wenn ich etwas Zeit habe und mein Gehirn bei der Arbeit nutzen kann.“
  • Und: „Wir haben vor und nach der Arbeit und an meinen freien Tagen so viel Spaß. Ich habe das Gefühl, dass wir mehr wertvolle Zeit haben und ich präsenter bin.“
  • Ein anderer Nutzer zeigt sich empathisch und schätzt ihre Ehrlichkeit: „Ich möchte sagen, dass Ihre Gefühle berechtigt sind. Es tut mir leid, dass Sie sich so fühlen, und ich bin auch froh, dass Sie ehrlich zu sich selbst sind.“
  • Jemand anderes schlussfolgert: „Eltern sein ist nur ein neuer Lebensabschnitt, und Sie haben Recht, nichts ist immer so, wie es war.“

Studie zeigt: Vielen Müttern geht es ähnlich

Dass die anonyme Nutzerin mit ihren Gefühlen nicht alleine ist, zeigt auch eine Studie aus dem Jahr 2015. In der Öffentlichkeit wird das Phänomen unter der Bezeichnung „Regretting Motherhood“ diskutiert. Die Studie der israelischen Soziologin Orna Donath macht deutlich, dass Frauen auch Reue in Bezug auf die Mutterschaft empfinden können, obwohl sie ihr Kind lieben und sich bewusst dazu entschieden haben, ein Kind zu bekommen.

Sich das einzugestehen, koste viele aber Überwindung und passe nicht zum „Muttermythos“. Die Gefühle seien aber „vollkommen normal und in Ordnung“, erklärt Familientherapeutin Juliane Steffen gegenüber dem ZDF. „Jede Mutter hat diese Momente“. Äußere Faktoren wie fehlende Unterstützung, die Doppelbelastung durch Arbeit und Familie oder eine unfaire Verteilung der Care-Arbeit könnten diese Gefühle noch verstärken. Eine neue Studie geht sogar noch weiter und zeigt, dass diese Faktoren Mütter krank machen können.