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Biden unter Druck: Verzicht auf Kandidatur? Umfrage zur US-Wahl erschüttert Demokraten 

  • Sonja Thomaser
    VonSonja Thomaser
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Eine neue Umfrage zeigt, dass Donald Trump in den umkämpften Staaten vor dem amtierenden US-Präsidenten Joe Biden liegt – ein düsteres Warnsignal für die Biden-Kampagne.

Washington D.C. – Genau ein Jahr vor der US-Wahl 2024 werden die Demokraten langsam nervös. Denn dass der amtierende Präsident Joe Biden wiedergewählt wird, ist schon länger unsicher. Und eine aktuelle Umfrage zeigt jetzt: Die Demokraten haben allen Grund dazu, alarmiert zu sein.

Eine Meinungsumfrage hat ergeben, dass Biden in fünf von sechs umkämpften Staaten der USA hinter dem republikanischen Spitzenkandidaten Donald Trump zurückliegt - trotz seiner desaströsen Präsidentschaft und immer noch laufenden Verfahren gegen ihn.

Umfrage beweist: Trump in Arizona, Georgia, Michigan, Nevada und Pennsylvania vorne

Ein Jahr vor der US-Präsidentschaftswahl sieht es für den amtierenden Präsidenten Joe Biden einer Umfrage zufolge nicht gut aus.

Laut einer am Sonntag (5. November) von der New York Times und dem Siena College veröffentlichten Umfrage liegt Trump in Arizona, Georgia, Michigan, Nevada und Pennsylvania vorne, in Wisconsin hat Biden einen Vorsprung. Biden besiegte Trump im Jahr 2020 in allen sechs Bundesstaaten, aber der ehemalige Präsident liegt laut der Umfrage in diesen Bundesstaaten nun mit durchschnittlich 44 Prozent bis 48 Prozent vorne.

Weitere am Montag (6. November) veröffentlichte Ergebnisse zeigen jedoch, dass im Falle einer Verurteilung Trumps wegen der strafrechtlichen Vorwürfe gegen ihn ein Teil seiner Unterstützung in einigen Swing States um etwa sechs Prozent zurückgehen würde, berichtet der britische Guardian. Dies könnte dann wiederum ausreichen, um das Wahlkollegium zugunsten Bidens zu entscheiden.

Trump dominiert die Präsidentschaftsvorwahlen der Republikaner und plant, die dritte Debatte am Mittwoch (8. November) in Miami, Florida, auszulassen und stattdessen eine Wahlkampfveranstaltung abzuhalten. Er verbrachte den Montag damit, im Zeugenstand in einem New Yorker Zivilprozess wegen Betrugs auszusagen. Gegen ihn werden außerdem 91 Strafverfahren in vier Gerichtsbarkeiten eingeleitet.

Befragte äußern häufig Zweifel wegen Bidens Alter

Dennoch steht diese Umfrage laut Guardian im Einklang mit einer Reihe anderer kürzlich durchgeführter Umfragen. Sie zeigen, dass aus Sicht der Trump-Gegner das Rennen einfach viel zu eng wird. Die Befragten äußern häufig Zweifel wegen Bidens Alter – der älteste US-Präsident in der Geschichte wird im November 81 Jahre alt. Außerdem wird sein Umgang mit Wirtschaftsfragen häufig kritisiert. Das alles führt zu einer erneuten Debatte darüber, ob er zurücktreten sollte, um einem jüngeren Kandidaten Platz zu machen.

„Es ist sehr spät, das Pferd zu wechseln. Im nächsten Jahr wird viel passieren, was niemand vorhersagen kann und Bidens Team sagt, dass seine Entschlossenheit zur Kandidatur feststeht“, schrieb David Axelrod, ein ehemaliger Stratege von Präsident Barack Obama, auf X, ehemals Twitter. „Er hat sich schon früher über konventionelle Weisheiten hinweggesetzt, aber das wird Zweifel in der Partei auslösen – nicht ‚Bettnässen‘, sondern berechtigte Besorgnis.“

Andrew Yang, der bei den Vorwahlen der Demokraten 2020 gegen Biden verlor, schrieb auf X: „Wenn Joe Biden zurücktreten würde, würde er als versierter Staatsmann in die Geschichte eingehen, der Trump besiegt und viel erreicht hat.“ Wenn er sich für eine erneute Kandidatur entscheidet, könnte dies als eine der größten Übertreibungen aller Zeiten gelten und uns eine katastrophale zweite Amtszeit von Trump bescheren.“

Trump holt bei Bidens Kernzielgruppen auf

Die Umfrage der New York Times und dem Siena College deutet darauf hin, dass Bidens multikulturelle und generationenübergreifende Koalition, die für seinen Erfolg im Jahr 2020 entscheidend war, zerfällt. Wahlberechtigte unter 30 Jahren bevorzugen den Präsidenten nur um einen einzigen Prozentpunkt, sein Vorsprung unter den hispanischen Wählern liegt im einstelligen Bereich und sein Vorsprung in städtischen Gebieten beträgt nur die Hälfte von Trumps Vorsprung in ländlichen Regionen.

Schwarze Wahlberechtigte – eine Kernzielgruppe Bidens – verzeichnen in diesen Bundesstaaten mittlerweile eine Unterstützung von 22 Prozent für Trump, ein Wert, der laut New York Times in der Präsidentschaftspolitik eines Republikaners in der Neuzeit beispiellos war. Die entschiedene Unterstützung von Biden für Israel in der aktuellen Nahostkrise hat auch bei jungen und fortschrittlichen Wahlberechtigten Kritik hervorgerufen.

Weg frei für Trump: Haley steigt aus US-Vorwahlkampf aus

Donald Trump will wieder US-Präsident werden
Nun ist es raus: Donald Trump will 2024 erneut als US-Präsident antreten. Dann wird der Milliardär aus New York 78 Jahre alt sein. Trump hatte das Amt 2017 bis 2021 inne, verlor 2020 aber die Wahl und musste auf eine zweite Amtszeit verzichten. Die soll nun im dritten Anlauf gelingen. Trump wäre erst der zweite Präsident in der Geschichte der USA, dem ein solches Comeback gelingen würde. © Andrew Harnik/dpa
Nikki Haley tritt als US-Botschafterin bei der UN zurück und 2024 vielleicht noch einmal an
Nikki Haley war Trumps letzte verbliebene Rivalin. Doch am Ende zog auch sie sich aus dem parteiinternen Rennen um die US-Präsidentschaft zurück. Nach ihrer Serie von Niederlagen am Super Tuesday verkündete Haley ihren Ausstieg. Die ehemalige Gouverneurin des Bundesstaates South Carolinas wechselt ihre Haltung zu Donald Trump wie andere Leute die Kleidung. Als Botschafterin Trumps bei den Vereinten Nationen war sie enge Vertraute des Ex-Präsidenten, nach dem Sturm aufs Kapitol distanzierte sie sich. Dann sagte sie, sie werde nicht kandidieren, sollte Trump erneut antreten. Haley gilt als Establishment-Republikanerin, die für möglichst geringe Sozialausgaben, niedrige Steuern und eine aggressive Außenpolitik steht. © Evan Vuccid/dpa
Floridas Gouverneur Ron de Santis spricht nach dem Sieg bei den Midterms zu seiner Anhängerschaft
Als härtester Konkurrent für die Nominierung bei den Republikanern für die US-Wahl 2024 galt lange Ron DeSantis. Der Gouverneur Floridas feierte bei den Midterms einen klaren Sieg und wurde von der Wählerschaft im Amt bestätigt. Er galt als der Hoffnungsträger in der Partei. Das Rennen um die Präsidentschaftsnominierung hat er aber inzwischen aufgegeben. DeSantis hatte sich in der Vergangenheit als Trump-Fan inszeniert, geht mittlerweile aber auf Distanz zum Ex-Präsidenten. Hier zu sehen ist der Politiker mit seiner Frau Casey DeSantis und den drei gemeinsamen Kindern. © IMAGO/Luis Santana
Der erfahrene Politiker Asa Hutchinson tritt als Anti-Trump-Kandidat an
Er war bereits Staatsanwalt, Abgeordneter im Repräsentantenhaus, Behördenleiter der Anti-Drogenbehörde DEA und Gouverneur des Bundesstaates Arkansas. Jetzt wollte Asa Hutchinson 2024 republikanischer Präsidentschaftskandidat werden, doch nach der Vorwahl in Iowa zog er seine Kandidatur zurück. Hutchinson trat als Alternative zu Donald Trump an, denn seines Erachtens sollte dieser „nicht der nächste Anführer unseres Landes sein“. Hutchinson forderte Trump auf, seine Kandidatur aufgrund der Anklage gegen ihn in New York zurückzuziehen – eine Sicht, die die republikanische Wählerschaft nicht teilt. © SCOTT OLSON / AFP
Vivek Ramaswamy, Trump-Fan mit Anti-Woke-Agenda
Vivek Ramaswamy hatte Großes vor. Der 38-jährige, rechtslibertäre Tech-Unternehmer mit indischen Wurzeln wollte US-Präsident werden. Nach seinem enttäuschenden Abschneiden bei der Vorwahl in Iowa warf er aber das Handtuch und empfahl, Trump zu Wählen. Der Trump-Fan sieht die USA in einer „nationalen Identitätskrise“ und fordert eine „nationale Wiederbelebung“. Dazu will er z.B. das FBI und das Bildungsministerium abschaffen. Er wolle Trumps „America-First-Aganda auf die nächste Stufe bringen“.  © Anna Moneymaker / AFP
US-Wahl 2024: Ehemaliger Trump-Vertrauter Christie will ins Weiße Haus
Chris Christie hatte auch noch einmal Ambitionen auf das Weiße Haus angemeldet. Der frühere Gouverneur des US-Bundesstaats New Jersey war einst ein enger Vertrauter von Donald Trump, hat sich aber mittlerweile von ihm losgesagt und kritisiert ihn sogar öffentlich. So bezeichnete er den früheren Präsidenten wegen dessen Haltung zum Ukraine-Krieg als „Feigling“ und „Marionette“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Christie wollte 2016 schon einmal Präsidentschaftskandidat seiner Partei werden, zog nach schlechten Ergebnissen bei den Vorwahlen aber zurück. Diesmal gab er bereits vor den Vorwahlen der Republikaner auf. © Charles Krupa/dpa
Zu den krassen Außenseitern zählt auch Douglas James „Doug“ Burgum, der hier im Juli 2023 bei einer Veranstaltung in Iowa um Stimmen wirbt.
Zu den krassen Außenseitern zählte von Beginn an Douglas James „Doug“ Burgum, der hier im Juli 2023 bei einer Veranstaltung in Iowa um Stimmen wirbt. Der Republikaner, der am 4. Dezember aus dem Rennen ausstieg, ist seit dem 15. Dezember 2016 Gouverneur von North Dakota. Vor seiner politischen Karriere war er Softwareunternehmer, Microsoft-Manager und Risikokapitalgeber. Im April unterzeichnete Burgum ein Gesetz, das Abtreibungen in der sechsten Schwangerschaftswoche verbietet. Zudem hat er zahlreiche Gesetze unterzeichnet, die die Rechte von trans Menschen einschränken. © SCOTT OLSON/afp
Senator Tim Scott aus dem Bundesstaat South Carolina begreift seinen Aufstieg aus armen Verhältnissen als Verkörperung des amerikanischen Traumes. In einem im April veröffentlichten Video spricht er sich gegen eine Politik der Spaltung aus und fordert mehr Optimismus. Scott betont darin auch seine Religiosität und seinen Wunsch, die konservativen Werte Amerikas zu verteidigen. Als Beispiele nennt er etwa den Schutz der Grenzen und der Kampf gegen Abtreibung.
Tim Scott (blaues Hemd) hat sich aus dem Rennen um die Kandidatur verabschiedet. Am 12. November zog der Senator aus South Carolina seine Kandidatur zurück. In einem im April veröffentlichten Video sprach er sich gegen eine Politik der Spaltung aus und forderte mehr Optimismus. Scott betonte darin auch seine Religiosität und seinen Wunsch, die konservativen Werte Amerikas zu verteidigen. Als Beispiele nannte er etwa den Schutz der Grenzen und der Kampf gegen Abtreibung. Seinen Aufstieg aus armen Verhältnissen begreift Scott als Verkörperung des amerikanischen Traumes.  © ALLISON JOYCE
Mike Pence könnte 2024 bei der US-Wahl für das Amt des Präsidenten kandidieren.
Ausgestiegen ist auch Trumps ehemaliger Vizepräsident. „Dies ist nicht meine Zeit“, sagte Mike Pence am 28. Oktober 2023. Pence war in Umfragen weit abgeschlagen und hatte Medienberichten zufolge Probleme bei der Beschaffung von Geldern für seine Kampagne. „Wir wussten immer, dass dies ein harter Kampf sein würde, aber ich bereue nichts“, erklärte Pence. Mit kritischen Kommentaren nach den Midterms hatte sich der ultrakonservative Pence für einen möglichen Machtkampf innerhalb der Republikanischen Partei in Stellung gebracht. © IMAGO/Aimee Dilger
Larry Elder ist 2024 der erste schwarze Präsidentschaftskandidat bei den Republikanern
Am 26. Oktober zog sich Larry Elder zurück. Schon bei seinem ersten Versuch als Politiker war er gescheitert: 2021 versuchte der rechte Radiomoderator und Rechtsanwalt erfolglos, Kaliforniens demokratischen Gouverneur Gavin Newsom abzulösen. Elder vertritt rechtsradikale Ansichten, wie ein Abtreibungsverbot, glaubt, dass an Grenzen „Mauern funktionieren“, Antirassismus sowie Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion hingegen nicht. © SCOTT OLSON / AFP
Perry Johnson ist im Grunde der republikanische Antipolitiker im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur.
Am 20. Oktober zog sich auch Perry Johnson aus dem Wahlkampf zurück. Er war im Grunde der republikanische Antipolitiker im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur. Aufgefallen war der Unternehmer zuvor nur im Jahr 2022, als er für das Amt des Gouverneurs in Michigan kandidieren wollte. Wegen unsauberer Machenschaften wurde er allerdings von den republikanischen Vorwahlen vorzeitig ausgeschlossen. Johnson positionierte sich im Wahlkampf gegen Abtreibungen. Zudem kritisierte er die Höhe der Hilfsgelder, die die USA der Ukraine zur Verfügung stellen. Zugleich stellte Johnson aber klar, dass er Wladimir Putin nicht vertraue. © SCOTT OLSON/afp
Weitere Kandidaten im Kampf um die Bewerbung sind bisher Ryan Binkley, Will Hurd, Corey Stapleton und Francis Suarez.
Weitere Kandidaten im Kampf um die Bewerbung waren auch Will Hurd, Corey Stapleton und Francis Suarez. Auch sie haben ihre Kandidatur bereits wieder zurückgezogen. Im Rennen sind dagegen noch Ryan Binkley, John Anthony Castro und E. W. Jackson. Chancen auf eine Nominierung dürften sie allerdings kaum haben. Großer Favorit bleibt allen Anklagen und Prozessen zum Trotz weiter der frühere Präsident Donald Trump. Die Republikaner haben auf jeden Fall die Qual der Wahl. © ALLISON JOYCE/afp

Befragte in den Swing States geben an, dass sie Trump in puncto Wirtschaft 22 Prozent mehr vertrauen als Biden. Etwa 71 Prozent sagen, Biden sei „zu alt“, darunter 54 Prozent seiner eigenen Anhänger. Nur 39 Prozent empfanden das Gleiche gegenüber Trump, der selbst 77 Jahre alt ist.

Die Wählbarkeit war vor drei Jahren von zentraler Bedeutung für Bidens Nominierung, aber die Umfrage ergab, dass ein allgemeinerer, hypothetischer Demokrat mit einem Vorsprung von acht Punkten vor Trump viel besser abschneidet. Der Kongressabgeordnete Dean Phillips aus Minnesota hat in den Vorwahlen der Demokraten eine weitreichende Kampagne gegen Biden gestartet und behauptet, dass die dürftigen Umfragewerte des Präsidenten Anlass zu einem dramatischen Kurswechsel seien.

Biden-Kampagne spielt Bedenken herunter

Die Wahl im nächsten Jahr könnte durch unabhängige Kandidaturen des Umweltanwalts Robert Kennedy Jr. und des linken Akademikers Cornel West noch komplizierter werden.

Die Biden-Kampagne spielt die Bedenken herunter und zog einen Vergleich mit dem Sieg von Barack Obama über den Republikaner Mitt Romney im Jahr 2012. Bidens Sprecher Kevin Munoz sagte laut Guardian in einer Erklärung: „Prognosen für mehr als ein Jahr sehen in der Regel ein Jahr später etwas anders aus. Glauben Sie uns: Gallup prognostizierte eine Niederlage von acht Punkten für Präsident Obama, doch ein Jahr später hat er souverän gewonnen.“

Munoz fügte hinzu, dass Bidens Wahlkampfteam „hart daran arbeitet, unsere vielfältige, siegreiche Koalition von Wählern zu erreichen und zu mobilisieren, ein Jahr vor der Wahl zwischen unserer siegreichen, populären Agenda und dem unpopulären Extremismus der Republikaner von MAGA [Make America great again]. Wir werden 2024 gewinnen, indem wir den Kopf senken und die Arbeit erledigen, und nicht dadurch, dass wir uns über eine Umfrage aufregen.“

Die Stichprobenfehlerquote für jeden Staat in der Sonntagsumfrage liegt laut Guardian zwischen 4,4 und 4,8 Prozentpunkten, was größer ist als Trumps gemeldeter Vorsprung in Pennsylvania. (Sonja Thomaser)

Rubriklistenbild: © Matt Rourke/dpa