Mit Friedrich Merz ist ein Politiker Kanzlerkandidat, der häufig „beabsichtigt und unbeabsichtigt überzieht“, erklärt eine Politikwissenschaftlerin.

In aktuellen Umfragen zur vorgezogenen Bundestagswahl führt die Union (CDU/CSU) mit 33 Prozent. Eine Koalition mit Friedrich Merz als Kanzler scheint rund 100 Tage vor der Neuwahl realistisch. Welche Art Regierungschef käme mit Friedrich Merz auf Deutschland zu?

Einer, der sich zumindest in der Vergangenheit sowohl in Interviews als auch bei Reden auch „spontan“ und mit einer „stark zugespitzten Wortwahl“, äußert, wie Professor Ursula Münch BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA sagt. Sie ist Direktorin der Akademie für politische Bildung im oberbayerischen Tutzing.

Friedrich Merz sei ein „sehr guter Redner“, der meistens anschaulich formuliere und seine Kritik an Umständen beziehungsweise Personen klar artikuliere. „Aus Sicht seiner politischen Gegner und häufig auch der Medien schießt er dabei immer wieder über das Ziel hinaus.“

Expertin über Friedrich Merz: „Viele finden es richtig, dass Politiker sich nicht immer politisch korrekt äußern“

„Viele Leute finden es richtig, dass Politiker sich nicht immer politisch korrekt äußern. Wir wollen keine ‚Sprechautomaten‘, die nur gestanzte Äußerungen von sich geben“ sagt Münch. SPD-Kanzler Olaf Scholz beispielsweise wird immer wieder zu wenig Emotionalität vorgeworfen.

Merz stelle jedoch „gelegentlich Sachverhalte stark übertrieben dar: Seine Behauptung, dass Flüchtlinge in Arztpraxen angeblich häufig bevorzugt behandelt würden, war sachlich falsch“, sagt Münch. Merz hatte im September 2023 über Asylbewerber gesagt: „Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine.“

Nicht das erste Mal, dass Merz für seine polarisierende Aussagen viel Kritik bekam oder sogar zurückrudern musste, wie diese weiteren drei Momente zeigen:

1. Merz nennt Kinder mit Migrationshintergrund „kleine Paschas“

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Bei Markus Lanz äußerte sich Merz im Januar 2023 zu den Ausschreitungen in der Silvesternacht in Berlin. Er bezeichnete Jugendliche mit Migrationshintergrund als „kleine Paschas“ und bekam dafür viel Kritik. Er verteidigte seine Pascha-Aussage vehement als Teil einer notwendigen Diskussion.

2. Merz sagt, er sei Mittelschicht

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2018 sagte Merz, der sich damals auf den CDU-Vorsitz bewarb, der Bild: „Also, ich würde mich zu der gehobenen Mittelschicht zählen.“ Davor gab er zu, nicht weniger als ein Millionenvermögen zu besitzen. Für diese Aussage bekam er einiges an Kritik – besonders von der Partei Die Linken.

3. Merz wirft Menschen aus der Ukraine Sozialtourismus vor

Merz warf ukrainischen Geflüchteten im September 2022 bei Bild TV „Sozialtourismus“ vor. Sie würden „nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine“, fahren, nur um Sozialleistungen mitzunehmen, behauptete er. Nach viel Kritik entschuldigte er sich auf Twitter (heute X): „Ich bedaure die Verwendung des Wortes ‚Sozialtourismus‘. Das war eine unzutreffende Beschreibung eines in Einzelfällen zu beobachtenden Problems. Wenn meine Wortwahl als verletzend empfunden wird, dann bitte ich dafür in aller Form um Entschuldigung.“

„Merz überzieht immer wieder – beabsichtigt und unbeabsichtigt“, sagt Münch BuzzFeed News Deutschland. Dazu gehöre dann aber auch, dass man Fehler eingestehe. Es gebe hier jedoch eine schmale Grenze, denn auch Populisten oder Extremisten, zum Beispiel AfD-Politiker, „hauten feindselige oder diskriminierende Äußerungen hinaus, um sie dann später ein wenig zu relativieren“, sagt Münch. Dem CDU-Chef unterstelle sie das aber nicht.

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