Wagenknecht-Partei vorgestellt
Wagenknecht-Bündnis auf Putin-Kuschelkurs: Wie läuft die Abgrenzung zur AfD?
VonNils Thomas Hinsbergerschließen
Nach seiner offiziellen Vorstellung und ersten Einblicken in ihr Programm, will sich das BSW von der AfD distanzieren. So richtig gelingt das aber nicht.
Berlin – Ihre neue Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) will die Namensgeberin und Gründerin Sahra Wagenknecht in 30 bis 40 Jahren als Volkspartei etabliert haben. Das teilte die Ex-Linke am Montag bei der Parteivorstellung mit.
Da bislang kein vollständiges Parteiprogramm ausgearbeitet wurde, soll der fünfseitige Gründungsaufruf vom Oktober letzten Jahres diesen Zweck erfüllen. Das vorläufige Programm orientiert sich an vier Grundhaltungen: wirtschaftliche Vernunft, soziale Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit.
In gewissen Punkten findet sich die Partei gefährlich nahe an AfD-Positionen wieder. Gerade bei ihrer Haltung zu Russland ähneln sich die Positionen. Obwohl sich Wagenknecht von der AfD distanziert – ein Drahtseilakt zwischen Links und Rechts.
Neue Wagenknecht-Partei: Keine Waffenlieferungen an die Ukraine
Im Gründungsaufruf geizt die Partei nicht mit Kritik an den bisherigen Regierungen. Die öffentliche Infrastruktur sei „für ein führendes Industrieland in einer blamablen Verfassung“. Das betreffe vor allem den öffentlichen Nah- und Fernverkehr, das Krankensystem, Schulen und Kitas, den Wohnungsmarkt sowie Straßen und das digitale Netz.
Um den „wirtschaftlichen Abstieg“ Deutschlands zu verhindern, fordert die Partei „massive Investitionen“ in Bildung, Infrastruktur und kompetente Verwaltungen. Außerdem solle die Außenwirtschaftspolitik nicht auf „ausufernde Sanktionen“ setzen.
BSW von Wagenknecht: Ähnlich wie die AfD gegen Putin-Sanktionen
Mit der Abkehr von Sanktionen gegen Russland im Ukraine-Krieg entspricht das BSW zumindest teilweise den Forderungen der in Teilen rechtsextremen AfD. Mit ihren Ansätzen will die AfD Wladimir Putin dazu bewegen, die Gaslieferungen nach Deutschland wieder aufzunehmen, berichtete zum Beispiel Business Insider.
Außerdem will die vereinzelt vom Verfassungsschutz beobachtete Partei AfD die Pipelines Nordstream 1 und Nordstream 2 wieder instand zu setzen, sollte sie Regierungsverantwortung übernehmen. Die Gaspipelines wurden im September 2022 durch bislang nicht identifizierte Akteure zerstört.
Das Bündnis um die Ex-Linke Wagenknecht will nach eigenen Angaben bei Konflikten wie dem Ukraine-Krieg außerdem auf diplomatische Lösungen setzen und lehnt im Gründungsdokument eine „Lösung von Konflikten mit militärischen Mitteln“ ab. Ebenso spricht sich die Partei gegen den Einsatz deutscher Soldaten in internationalen Kriegen aus.
Neue Wagenknecht-Partei will neue Mitglieder überprüfen
Eine Abkehr von bewaffneten Konflikten findet sich auch in Forderungen der AfD wieder. Im Februar 2023 rief der ehemalige AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland die Bundesregierung zu einer umstrittenen „Friedensinitiative“ im beim Überfall Russlands auf die Ukraine auf. Damit forderte er die Abkehr von einer militärischen Logik, die nur von dem „Sieg der einen und der Niederlage der anderen Seite“ ausgeht.
Nicht mehr als 450 neue Mitglieder will die Partei zunächst aufnehmen, hieß es bei der Parteivorstellung. Einerseits weil ohnehin nicht genug Platz sei, andererseits könne man so jedes Mitglied einer genauen Überprüfung unterziehen. Im Interview mit dem Nachrichtensender Welt sagte Wagenknecht, dass durch ein langsames Mitgliederwachstum und strenge Überprüfungen, kontrolliert werden solle, wer in das BSW eintritt. Damit wolle sie verhindern, dass das Bündnis durch „extreme Kräfte“ unterwandert wird, wie es bei der AfD passiert sei.
Eine Koalition mit der AfD komme für Wagenknecht trotz inhaltlicher Überschneidungen ohnehin nicht infrage. „Mit Rechtsextremisten können wir nicht zusammenarbeiten“, sagte sie in einem Interview. Gerade bei sozialpolitischen Fragen seien die Unterschiede zu groß. Man wolle aber auch nicht bedingungslos mit jedem regieren, nur dass „irgendeine Regierung zustande kommt“.
Neue Partei BSW: Wo steht das „Bündnis Sahra Wagenknecht“?
Wirtschaftlich könne man das Bündnis eher links einordnen. Bei gesellschaftlichen Fragen tendiert die Partei allerdings nach rechts. Das stellt der Parteiforscher Marius Mina fest. „Das Rechts-Links-Schema kommt da an seine Grenzen“, so Mina. Mit der unklaren Verortung könnten sowohl Wähler der AfD, als auch der Linken überzeugt werden. Damit fülle das Bündnis eine Lücke in der Parteilandschaft, sagt Mina.
Gerade im Osten sehen die Umfrageergebnisse die Wagenknecht-Partei als möglichen Gewinner. Bei den anstehenden Wahlen in Brandenburg könnte sie aus dem Stand auf 11 Prozent kommen.
Ob die Partei bis dahin überhaupt zur Wahl steht, wird sich noch zeigen. Zunächst gilt es, Spenden für den Wahlkampf in Deutschland und Europa zu sammeln. Dabei will Wagenknecht weniger genau hinschauen als bei ihren Mitgliedern. Im Welt-Interview sagt sie, dass Gelder nach dem Parteiengesetz angenommen werden. Auf die Frage, ob Spenden unter bestimmten Bedingungen ausgeschlagen werden, ging Wagenknecht nicht ein. (nhi)
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