Um Ihnen ein besseres Nutzererlebnis zu bieten, verwenden wir Cookies.
Durch Nutzung unserer Dienste stimmen Sie unserer Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen
Kampf um Pokrowsk: Wo sich Russland und die Ukraine „die heftigsten Kämpfe“ liefern
VonNail Akkoyun
schließen
Russland konzentriert seine Offensive auf den Donbass. Die Ukraine steht vor der schwierigen Aufgabe, den Vormarsch zu stoppen. Im Fokus: die Industriestadt Pokrowsk.
Kiew/Pokrowsk – Die militärische Lage im Ukraine-Krieg bleibt angespannt, besonders im Osten des Landes. Präsident Wolodymyr Selenskyj hat erst am Freitag (26. Juli) die schwierige Situation der ukrainischen Truppen rund um Pokrowsk in der Oblast Donezk hervorgehoben. Die Region ist strategisch bedeutend und wird daher von Russland seit Kriegsbeginn massiv unter Beschuss genommen. Die ukrainische Führung ist derweil bemüht, die Verteidigungspositionen weiter zu stärken, um den Vormarsch der Russen zu stoppen.
„Die heftigsten Kämpfe“ im Donbass: Im Ukraine-Krieg bleibt Russlands Fokus eindeutig
Nach wie vor scheint der Donbass, mit all seinen Erdschätzen und Industriestandorten, das Hauptziel der russischen Offensive zu bleiben. Laut Angaben des ukrainischen Militärgeheimdienstes HUR konzentrieren sich die heftigsten Kämpfe auf diese Region. Russland führt hier neben den Hauptangriffen auch Scheinangriffe und Ablenkungsmanöver durch, insbesondere südlich von Saporischschja, um die ukrainischen Kräfte zu binden und möglicherweise zu Fehlallokationen ihrer Ressourcen zu verleiten.
Putins Truppen konzentrieren die „echten Angriffe“ derweil auf die Regionen Donezk, Luhansk sowie in Teilen auf den Osten Dnipropetrowsks. Die inzwischen deutlich flexiblere Kriegsführung Russlands stellt die Ukraine vor schwierige Aufgaben als noch vor etwa einem Jahr, als inzwischen gefeuerte Generäle das Sagen auf dem Schlachtfeld hatten. Nach etwa zweieinhalb Jahren Ukraine-Krieg scheint Wladimir Putin aber zu wissen, wo das ukrainische Militär am verwundbarsten ist.
„Dort werden aktuell die heftigsten Kämpfe ausgetragen“, sagte HUR-Vertreter Andrij Jusow im ukrainischen Fernsehen mit Blick auf den Donbass. Rund um das Kohlegebiet in der Ostukraine werde an fast allen Frontabschnitten gekämpft. Russland hat den Donbass für annektiert erklärt, kontrolliert aber nicht alle Bereiche seines neuen „Staatsgebiets“.
Kampf um Pokrowsk könnte für Russland zur zweiten Awdijiwka-Front werden
Die US-amerikanische Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) sieht in ihrem jüngsten Kriegsbericht vom 26. Juli den Versuch Russlands, „den Offensivdruck an der gesamten Front aufrechtzuerhalten“. Moskau wolle „der Ukraine die Initiative auf dem Schlachtfeld streitig machen“. Dazu würden Putins Truppen „zermürbende Offensivoperationen“ nutzen, taktisch bedeutsame Gewinne durch relative schnelle Manöver seien hingegen kaum vorgesehen – oder nicht möglich.
Fest steht, dass der anhaltende Krieg täglich zahlreiche Soldatenleben kostet, Wladimir Putin dies aber billigend in Kauf nimmt. Immer wieder ist von einem „Fleischwolf“ die Rede, in den Russlands Präsident seine Rekruten und Veteranen schickt. Doch dem ISW zufolge erhöht das russische Militär den Druck nun noch weiter auf die Ukraine.
Es gebe Anzeichen dafür, dass Russland die militärischen Hauptressourcen in den kommenden Wochen in Donezk beziehungsweise rund um den Industrieort Pokrowsk einsetzen werde. Das würde auch für ein Patt an der Awdijiwka-Front sprechen – monatelang hatten sich Putins Truppen hier die Zähne an den ukrainischen Verteidigern ausgebissen. Schlussendlich gelang es der russischen Armee im Februar 2024, das inzwischen zur Geisterstadt verkommene Awdijiwka zu erobern. Der Preis: rund 16.000 gefallene Soldaten, wie russische Militärblogger übereinstimmend berichten. Ukrainische Einheiten lauern derweil in den umliegenden Dörfern Lastotschkyne, Sievierne und Stepowe und warten auf eine Chance, zum Gegenschlag auszuholen.
Ukraine-Krieg: Die Ursprünge des Konflikts mit Russland
Russland fokussiert sich auf Pokrowsk: Selenskyj ruft zur Verteidigung auf
Der regierungsnahe ukrainische Militärkanal Deep State bestätigte auf Telegram den Vormarsch der Russen in Krasnohoriwka und anderen Bereichen. Auch sei das seit etwa drei Monaten umkämpfte Dorf Progress im Kreis Pokrowsk von russischen Truppen besetzt worden. Russland sei es innerhalb von zwei Tagen gelungen, die seit der zweiten Aprilhälfte andauernden Kämpfe für sich zu entscheiden.
Der Fokus im Donbass dürfte damit nun auf Pokrowsk liegen. Nicht umsonst sprach Selenskyj – ohne einen konkreten Anlass zu nennen – allen ukrainischen Verbänden, die russische Stützpunkte und Logistik in dem Gebiet angreifen, „besondere Anerkennung“ aus. „Der Besatzer muss spüren, dass dies ukrainisches Land ist“, sagte Selenskyj. Es müsse alles getan werden, um die ukrainischen Verteidigungspositionen in der Region zu stärken. (nak)