Flüchtlingsnot
Chaos auf Lampedusa: Lage im Flüchtlingscamp eskaliert
VonErkan Pehlivanschließen
Die Lage auf Lampedusa wird immer chaotischer. Flüchtlinge und Helfer sind am Ende ihrer Kräfte. Die Rufe nach einer solidarischen Lösung werden lauter.
Lampedusa – Auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa spielen sich dramatische Bilder ab. Geflüchtete haben keine Schlafplätze, es fehlt an medizinischer Versorgung und auch bei der Versorgung mit Essen gibt es Probleme. Alle scheinen in dem Hotspot am Limit zu sein, Helferinnen und Helfer sowie auch die völlig übermüdeten Geflüchteten.
Am vergangenen Dienstag (12. September) wurde ein Höhepunkt erreicht. 112 Boote mit über 5000 neuen Schutzsuchenden erreichten die Insel am selben Tag, erzählt der Europasprecher von Pro Asyl, Karl Kopp im Gespräch mit FR.de von IPPEN.MEDIA. Auf der Insel gibt es allerdings Betten nur für 389 Menschen. Auf der Insel musste daher der Notstand ausgerufen werden.
Menschen müssen von Lampedusa weggebracht werden
„Die Menschen müssen schnellstmöglich aufs Festland gebracht werden, damit sie in menschenwürdigen Verhältnissen untergebracht werden können“, sagt Kopp. Doch die anhaltende humanitäre Krise auf der italienischen Insel und das Tausendfache Sterben im Mittelmeer spiegeln die verfehlte Flüchtlingspolitik der EU wider. „Die EU ist nicht fähig, in Sachen Flüchtlinge eine humane und solidarische Lösung zu finden“, kritisiert der Menschenrechtsexperte.
„Ganz egal, wer an der Macht in Italien ist, es müssen solidarische Antworten gefunden werden. Dazu zählt, dass eine EU-Seenotrettung organisiert wird und EU-Staaten sich an der Aufnahme von Flüchtlingen beteiligen. Das gilt auch für die Bundesregierung“. Alleine in diesem Jahr sind in Italien rund 120.000 Bootsflüchtlinge angekommen, die im ganzen Land verteilt werden mussten.
Schutzsuchende brauchen legale und sichere Fluchtwege
Ähnlich sieht es auch Dr. Kerem Schamberger, Referent für Flucht und Migration bei medico international. Im Gespräch mit unserer Redaktion fordert er eine solidarische Lösung. „Die EU sollte sich Gedanken dazu machen, wie diese Menschen solidarisch verteilt werden können und nicht, wie die Bundesregierung es macht, den europäischen Solidaritätsmechanismus aufheben. Zu sagen, ‚aus Italien nehmen wir keine Leute mehr auf‘, ist keine Lösung. Es geht jetzt darum, legale und sichere Fluchtwege zu schaffen und nicht darum, noch höhere Mauern, noch höhere Zäune zu bauen.“
Deals mit Autokraten sind grausam, kostspielig und unwirksam
Genau wie Kopp sieht auch Schamberger in Deals mit autoritären Staaten wie Tunesien keine Lösung in der Flüchtlingsfrage. „Wir haben gesehen, dass nach dem schändlichen EU-Tunesien-Abkommen die Zahl von Flüchtlingen nicht heruntergegangen sind, sondern im Gegenteil massiv angestiegen ist“, so Schamberger. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisiert Deals mit Autokraten. „Die anhaltende humanitäre Krise in Lampedusa spiegelt eine verfehlte Politik und grausame, kostspielige und unwirksame Abkommen mit Ländern wider, die die Rechte nicht achten“, schreibt die Menschenrechtsorganisation auf X (vormals Twitter).
Flüchtlinge sind Opfer von Notlage auf Lampedusa
Gordon Isler, Vorsitzender von Sea-Eye, warnt davor, den Schutzsuchenden auf Lampedusa Schuldzuweisungen zu machen. „Die betroffenen Menschen auf Lampedusa tragen keine Verantwortung für die humanitäre Notlage! Sie sind Opfer dieser Krise. Diese Bilder sind Zeugnis staatlichen Versagens“, schreibt Isler auf X.
Die betroffenen Menschen auf #Lampedusa tragen keine Verantwortung für diese humanitäre Notlage! Sie sind die Opfer dieser Krise. Diese Bilder sind Zeugnis staatlichen Versagens. Die EU-Staaten versagen bei der Teilung ihrer gemeinsamen #Verantwortung. pic.twitter.com/kWQE2oeqc6
— Gorden Isler (@gorden_isler) September 14, 2023
Die EU-Staaten versagten erneut bei der Teilung ihrer gemeinsamen Verantwortung. Derzeit sieht es unter den europäischen Staaten nicht nach einer fairen und humanen Verteilung der Notbedürftigen aus.
Rubriklistenbild: © IMAGO/Alessandro Serranò
