EU-Außengrenze

Lampedusa ruft Notstand aus – Kind stirbt bei Bootsunglück

  • VonKilian Beck
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Wieder kentert ein Boot vor Lampedusa. Ein Kind stirbt. Wegen der Ankunft von 5000 Flüchtlingen in 24 Stunden ruft der Bürgermeister den Notstand aus.

Lampedusa – Das Auffanglager ist dauerhaft überfüllt. Laut der Nachrichtenagentur dpa hat es lediglich Platz für 400 Flüchtlinge. In den letzten 24 Stunden haben 5000 Menschen die Insel über das Mittelmeer erreicht. Als ein Boot am Ende der gefährlichen Überfahrt kenterte, starb am Mittwochmorgen ein 5 Monate alter Säugling. Jetzt hat der Bürgermeister der 4500-Einwohner-Insel den Notstand ausgerufen. Die Insel stehe unter „großem Stress“, jeder habe versucht, zu helfen, doch jetzt sei es an der Zeit für strukturelle Lösungen, sagte er in die Richtung der Hauptstadt Rom, in der die Postfaschistin Giorgia Meloni im Bündnis einer stramm rechten Koalition regiert.

Überfülltes Boot gekentert: Reaktionen auf den Notstand auf Lampedusa

Im Auguste funktionierte das System noch halbwegs: Die italienische Küstenwache bringt Geflohene von der Insel Lampedusa auf das Festland.

Dort waren die Reaktionen auf den ausgerufenen Notstand nach dem Drama um das gekenterte Boot geteilt: So betonte der italienische Außenminister Antonio Tajani von der Forza Italia zum Flüchtlingsdrama: „Einwanderung ist ein europäisches Problem.“ Unterstützung bekam er dabei von der konservativen EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola aus Malta. Italiens Vize-Regierungschef Matteo Salvini von der nationalpopulistischen Lega, bezeichnete die Ankunft der Menschen am Mittwochabend als „Akt des Krieges“. Er glaubt, das sei „organisiert, finanziert und vorbereitet“. Von wem, sagte er nicht. Das italienische Rote Kreuz forderte, dass die Umverteilung aus den Auffanglagern auf das italienische Festland unbedingt weitergehen müsse.

Die Gesichter des italienischen Rechtsrucks: Giorgia Melonie und Matteo Salvini.

Seit einem Bootsunglück, bei dem 2013 34 Menschen starben, steht Lampedusa wie kaum ein anderer Ort für das menschliche Leid an der europäischen Außengrenzen. Die Insel liegt etwa 140 Kilometer vor der tunesischen Küste. Sie ist eigentlich eine Durchgangsstation, an der viele stranden. In den vergangenen 24 Stunden erreichten über 100 Boote die Insel, und eines mit 43 Menschen an Bord kenterte. Das schreibt das Portal InfoMigrants.

Während Drama um Flüchtlinge auf Lampedusa: Faeser zofft sich mit Meloni

Die Ankunftszahlen in Italien und Lampedusa sind so hoch, wie seit 2015 nicht. Es droht ein erneutes Flüchtlingsdrama. Seit Jahresbeginn sind laut dem italienischen Innenministerium 123.000 Menschen angekommen. Etwa doppelt so viele, wie im Vorjahreszeitraum. Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) setzte am Mittwoch den sogenannten freiwilligen Solidaritätsmechanismus aus, durch den Migrant:innen von Italien nach Deutschland kommen konnten. Laut einem Bericht der Tageszeitung Die Welt ergriff das Innenministerium den Schritt, wegen der „anhaltenden Aussetzung“ von Abschiebungen von Deutschland nach Italien.

Erdbeben in Marokko, Flutkatastrophe in Lybien – immer mehr Fluchtursachen

Die Fluchtursachen in Nordafrika nehmen ungeachtet dessen zu: In Libyen verschärft sich die humanitäre Situation nach einer schweren Flutkatastrophe gerade stündlich. In Marokko weigert sich der König gerade wegen „einer Frage des Stolzes“ internationale Erdbebenhilfe anzunehmen. Das berichtet der Spiegel unter Berufung auf mehrere Mitarbeiter:innen internationaler Hilfsorganisationen. Mit dem zunehmend autokratisch regierenden Präsidenten Kais Saied in Tunesien schloss die EU kürzlich ein Migrationsabkommen, wonach Tunesien Boote am Ablegen nach Europa stoppen soll und dafür Milliarden an Wirtschaftshilfen bekomme. Allerdings nimmt der Rassismus gegenüber Afrikaner:innen aus Subsahara-Afrika dort rasant zu.

Rubriklistenbild: © David Lohmueller/AP/dpa

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