Nach Hamas-Attacke
Grenze dicht: Gaza-Streifen wegen Krieg in Israel abgeriegelt
VonFelicitas Breschendorfschließen
Hunderttausende versuchen, sich aus Palästina in Sicherheit zu bringen. Doch der Ausweg über Ägypten bleibt ihnen aus verschiedenen Gründen versperrt.
Gaza – „Ich sage den Bewohnern des Gazastreifens: Geht jetzt, denn wir werden überall mit Gewalt vorgehen“, schrieb Benjamin Netanjahu am Sonntag (8. Oktober) auf Twitter. Der Premierminister reagierte damit auf die Angriffe der islamistischen Hamas auf Israel. Doch so einfach, wie es klingt, ist es nicht. Viele Menschen können nicht aus dem Gazastreifen fliehen.
Krieg in Israel zwingt mehr als 123.000 aus Palästina in die Flucht
Die Hamas hatte von Gaza aus überraschend Raketenangriffe gegen Israel begonnen. Gleichzeitig drangen bewaffnete Palästinenser über Land, See und Luft nach Israel vor und griffen Menschen in mehreren Orten in Grenznähe an. Nach aktuellen Einschätzungen starben bei den Hamas-Angriffen mindestens 1200 Israelis (Stand: 11. Oktober). Seitdem bombardiert die israelische Luftwaffe Ziele der Hamas im Gazastreifen, in dem gut zwei Millionen Menschen leben.
Wie die UN-Nothilfebüro (OCHA) in der Nacht auf Montag (9. Oktober) mitteilte, sind mehr als 123 000 Palästinenserinnen und Palästinenser auf der Fluchtaus dem Gazastreifen. Die Menschen seien aus Angst um ihre Sicherheit geflüchtet oder weil ihre Häuser zerstört worden seien, hieß es. Doch wohin können sie fliehen?
Israelisches Militär schlägt Flucht von Gazastreifen nach Ägypten vor
Oberstleutnant Richard Hecht des israelischen Militärs schlug am Dienstag (10. Oktober) vor, die Bewohnerinnen und Bewohner des Gazastreifens sollten versuchen, das Gebiet über den Grenzübergang zu Ägypten zu verlassen, wie AP News berichtete. Ägypten ist das einzige Land, das neben Israel an den Gazastreifen grenzt.
Israel hat nach Angaben der Washington Post jedoch den Erez-Übergang, den einzigen Fußgängerweg vom Gazastreifen in den Norden von Israel, geschlossen. Als letzter Ausweg für die Fliehenden blieb der Hauptgrenzübergang Rafah, der einzige Landweg, der aus der Küstenenklave nach Ägypten führt.
Die Flucht über Rafah ist kompliziert: Hamas-Beamten, die den Grenzübergang Rafah auf der Gaza-Seite betreiben, erklärten zwar am Dienstag (10. Oktober), dass Gaza-Bewohner, die sich im Voraus angemeldet haben, nach Ägypten einreisen können. Trotzdem sei die Zahl derer, die einreisen dürfen, in der Regel gering. Selbst, wenn gerade kein Krieg in Israel herrscht, gebe es Rückstaus und Wartezeiten von Tagen oder Wochen.
Einziger Grenzübergang nach Ägypten geschlossen – „gibt nie einen Plan B“
Wenige Stunden nach dem Rat, nach Ägypten zu fliehen, geriet der Rafah-Übergang wiederholt unter Beschuss von israelischen Streitkräften. Am Dienstag wurde der Hauptgrenzübergang deshalb vorerst geschlossen. Das israelische Militär revidierte noch am selben Tag die Empfehlung, nach Ägypten zu fliehen, wie Reuters berichtete. Äypten selbst bemüht sich, eine Massenflucht aus dem Gazastreifen auf die Sinai-Halbinsel zu verhindern, teilen Beamten aus dem Gazastreifen und ägyptische Sicherheitsquellen nach Angaben der Nachrichtenagentur mit.
„Es gibt hier nie einen Plan B“, sagte die 31-jährige Maha Hussaini AP News. Die Palästinenserin lebt im Gazastreifen. Sie beobachtete, wie Bewohner aus Rimal, ihrem Viertel in Gaza-Stadt im Süden, strömten, als auch dort Bomben fielen. Tatsächlich gibt es keinen Ort, an den Palästinenserinnen und Palästinenser aus Gaza zurzeit fliehen könnten. Auch am Mittwoch (11. Oktober) bleibt der Grenzübergang nach Ägypten geschlossen, heißt es bei Reuters.
Bilder zeigen, wie der Krieg in Israel das Land verändert




Hunderttausende Palästinenser in Notunterkünften
Stattdessen haben inzwischen mehr als 137 000 Menschen in Notunterkünften der Vereinten Nationen Schutz gesucht. Nach Angaben des UN-Hilfswerks für Palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) waren diese bereits am Montag (9. Oktober) zu 90 Prozent belegt.
Ein sicherer Zufluchtsort sind die Notunterkünfte nicht: Mehr als ein Dutzend Einrichtungen der Vereinten Nationen in Gaza ist nach Angaben der UNRWA von israelischen Geschossen getroffen worden. Dabei sei es zu Sachschäden gekommen.
Auch eine Schule, die derzeit als Notunterkunft dient, sei getroffen worden. Die UN-Organisation befürchtet, dass sich die humanitäre Lage für die Menschen im Gazastreifen weiter verschärfen wird. (Felicitas Breschendorf, mit Agenturmaterial)
Rubriklistenbild: © MAHMUD HAMS/ AFP
