Humanitäres Völkerrecht

Warum die Vereinten Nationen die Hamas nicht „Terroristen“ nennen

  • VonHelmi Krappitz
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Die USA und EU nennen die militant-islamistische Hamas „Terroristen“ – die Vereinten Nationen sind anderer Meinung. Grund ist das humanitäre Völkerrecht.

Genf – Spannungen herrschten schon lange – nun ist der Nahostkonflikt wieder eskaliert. Die militant-islamistische Gruppierung Hamas riss am Wochenende Teile des Grenzzauns zwischen dem Gazastreifen und Israel ein . Tausende Menschen starben. Die israelische Regierung reagierte mit Gegenangriffen und riegelt den Gazastreifen ab. Während viele die Hamas als Terrormiliz erklären, definieren die Vereinten Nationen die Gruppierung anders – und fordern weitere Hilfe für palästinensische Zivilistinnen und Zivilisten, auch während des Kriegs in Israel.

Hamas: Vereinte Nationen nennen militant-islamistische Gruppe nicht „Terroristen“

Inzwischen steigt die Anzahl der Todesopfer der Hamas-Angriffe in Israel auf 1200. Die Gruppierung wird unteranderem von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuft. Die Vereinten Nationen (UN) hingegen verwenden nicht den Begriff „Terroristen“. Grund ist die Definition des humanitären Völkerrechts. „Dies ist eine bewusste Wortwahl“, erklärte Chefsprecherin des UN-Menschenrechtsbüros, Ravina Shamdasani, am Mittwoch (11. Oktober) der Deutschen Presse Agentur. „Im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten definiert das humanitäre Völkerrecht den Begriff Terrorismus nicht. Wir sprechen deshalb von bewaffneten Gruppen. Bewaffnete Gruppen sind klar definiert, und sie haben die Verpflichtung, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten.“

Trotz tödlicher Angriffe stufen die Vereinten Nationen die militant-islamistische Gruppierung Hamas nicht als „Terroristen“ ein.

UN verurteilen das Vorgehen der Hamas und Israel im Krieg im Nahen Osten

Hamas, als Konfliktpartei, habe sich auch an das humanitäre Völkerrecht zu halten. „Die Gewalt zwischen Israel und Gaza passiert im Kontext eines bewaffneten Konflikts und in einer Besatzungssituation“, sagte Shamdasani. „Hamas fällt unter das humanitäre Völkerrecht, weil es als bewaffnete Gruppe Teil des Konflikts ist.“ Zwar ordnen die UN Hamas nicht als Terrororganisation ein, trotzdem verurteilen sie das gewaltsame Vorgehen der Gruppierung – das Töten von Zivilistinnen und Zivilisten Geiselnahmen.

Das Büro betrachtet den Gazastreifen trotz des israelischen Abzugs 2005 als Teil der von Israel besetzten Gebiete. Grund ist unter anderem, weil Israel weiterhin teilweise Kontrolle ausübt, etwa über Importe und die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung. Nach den Angriffen der Hamas stellte Israel alle Lieferungen von Nahrungsmitteln, Wasser, Strom und Benzin in den Gazastreifen ein. Diese Abrieglung sei nicht mit dem humanitären Völkerrecht zu vereinbaren, so die UN in ihrer Kritik an Israels Vorgehen.

Bilder zeigen, wie der Krieg in Israel das Land verändert

Massive Raketenangriffe aus Gazastreifen auf Israel
Am 7. Oktober 2023 feuern militante Palästinenser aus dem Gazastreifen Raketen auf Israel ab. Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas, die von Israel, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird, hatte den Beginn einer „Militäroperation“ gegen Israel verkündet. © Hatem Moussa/ dpa
Massive Raketenangriffe aus Gazastreifen auf Israel
Nach einem Raketenangriff aus dem Gazastreifen ist Rauch aus einem Wohnhaus zu sehen.  © Ilia Yefimovich/ dpa
Israelischer Soldat mit Hund im Israel Krieg
Ein israelischer Soldat geht mit seinem Hund zwischen Autos in Deckung.  © Ohad Zwigenberg/ dpa
Israelische Polizisten evakuieren Frau und Kind im Israel Krieg
Israelische Polizisten evakuieren eine Frau und ein Kind von einem Ort, der von einer aus dem Gazastreifen abgefeuerten Rakete getroffen wurde. © Tsafrir Abayov/ dpa
Militante Palästinenser fahren im Israel Krieg mit einem Pickup, auf dem womöglich eine entführte deutsch-israelische Frau zu sehen ist.
Militante Palästinenser fahren mit einem Pickup, auf dem möglicherweise eine deutsch-israelische Frau zu sehen ist, in den Gazastreifen zurück. Die islamistische Hamas hatte mitgeteilt, ihre Mitglieder hätten einige Israelis in den Gazastreifen entführt. © Ali Mahmud/ dpa
Massive Raketenangriffe aus Gazastreifen auf Israel
Angehörige der Feuerwehr versuchen, nach einem Raketenangriff aus dem Gazastreifen das Feuer auf Autos zu löschen. © Ilia Yefimovich/ dpa
Menschen suchen in Trümmern nach Überlebenden nach massive Raketenangriffen aus Gazastreifen auf Israel.
Menschen suchen zwischen den Trümmern eines bei einem israelischen Luftangriff zerstörten Hauses nach Überlebenden.  © Omar Ashtawy/ dpa
Verlassene Stätte des Festivals Supernova nach dem Angriff der Hamas
Bei dem Rave-Musikfestivals Supernova im israelischen Kibbuz Re’im sterben rund 270 Besucher:innen. So sieht die verlassene Stätte nach dem Angriff aus.  © JACK GUEZ / AFP
Feiernde Palästinenser nach Angriff der Hamas auf Israel
Palästinenserinnen und Palästinenser feiern in Nablus nach der großen Militäroperation, die die Al-Qassam-Brigaden, der militärische Flügel der Hamas, gegen Israel gestartet haben.  © Ayman Nobani/ dpa
Hamas-Großangriff auf Israel - Gaza-Stadt
Das israelische Militär entgegnete mit dem Beschuss von Zielen der Hamas im Gazastreifen. Nach einem Angriff steigen bei einem Hochhaus in Gaza Rauch und Flammen auf. © Bashar Taleb/ dpa
Mann weint in Gaza bei Israel Krieg
Ein Mann umarmt einen Familienangehörigen im palästinensischen Gebiet und weint.  © Saher Alghorra/ dpa
Israelischer Soldat im Israel Krieg steht neben Frau
Am 8. Oktober beziehen israelische Soldaten Stellung in der Nähe einer Polizeistation, die am Tag zuvor von Hamas-Kämpfern überrannt wurde. Israelische Einsatzkräfte haben dort nach einem Medienbericht bei Gefechten in der an den Gazastreifen grenzenden Stadt Sderot mehrere mutmaßliche Hamas-Angehörige getötet. © Ilan Assayag/ dpa
Nach Hamas Großangriff - Sa'ad
Israelische Streitkräfte patrouillieren in Gebieten entlang der Grenze zwischen Israel und Gaza, während die Kämpfe zwischen israelischen Truppen und islamistischen Hamas-Kämpfern weitergehen. © Ilia Yefimovich/ dpa
Palästinensisches Kind in einer Schule, die im Israel Krieg als Schutz dient
Ein palästinensisches Kind steht auf dem Balkon einer Schule, die von den Vereinten Nationen betrieben wird und während des Konfliktes als Schutzort dient.  © Mohammed Talatene/ dpa

UN: Humanitäres Völkerrecht besteht in Genfer Konventionen festgelegt

Das humanitäre Völkerrecht besteht aus den vier Genfer Konventionen und Zusatzprotokollen. Im Zusatzprotokoll 1 von 1949 kommt in Paragraf 51 das Wort „Terror“ im englischen Text vor, im deutschen Text wird dies aber mit „Schrecken“ übersetzt: „Die Anwendung oder Androhung von Gewalt mit dem hauptsächlichen Ziel, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten, ist verboten.“ (dpa/hk)

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