Naher Osten

Washington dementiert: Iran soll mithilfe der Türkei USA vor Angriff auf Israel informiert haben

  • Erkan Pehlivan
    VonErkan Pehlivan
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Verschiedenen Berichten zufolge soll der Iran über Länder wie die Türkei die USA vor einem Angriff auf Israel gewarnt haben. Washington widerspricht.

Washington/Ankara – Verschiedene türkische Quellen berichten unter Berufung auf die Nachrichtenagentur Reuters, dass der Iran seinen Angriff auf Israel bereits vorher angekündigt habe. Der Iran habe seine Nachbarländer und Israels Verbündeten, die Vereinigten Staaten, 72 Stunden im Voraus über den Beginn der Angriffe informiert.

Zwei irakische Quellen bestätigten, dass auch Bagdad mindestens drei Tage vor dem Angriff über diplomatische Kanäle über den Anschlag informiert wurde. Ein hochrangiger jordanischer Beamter sagte zudem, der Iran habe am Mittwoch arabische Gesandte in Teheran einbestellt, um sie über seine Absicht zu informieren, einen Angriff durchzuführen, ohne jedoch den Zeitpunkt zu nennen. Laut den Berichten nutze der Iran diplomatische Kanäle, zu denen neben der Schweiz auch Katar und die Türkei gehörten.

Ein US-Regierungsbeamter widersprach den Berichten. Teheran sei zwar über einen Vermittler in Kontakt gewesen, allerdings seien die USA nicht 72 Stunden im Voraus informiert worden. Zudem habe man keine genauen Informationen über Angriffsziele erhalten.

USA will durch Türkei Eskalation im Nahen Osten vermeiden

Das Nato-Land Türkei hat zum Iran gute Beziehungen, die die USA nutzen möchten. Nach einem Bericht der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi hatte CIA-Chef William Burns mit dem Chef des türkischen Nachrichtendienstes MIT, Ibrahim Kalın, telefoniert. Dabei soll Burns seinen türkischen Amtskollegen gebeten haben, eine Vermittlerrolle zwischen dem Iran und Israel einzunehmen.

Ein Telefongespräch fand am Wochenende auch zwischen dem türkischen Außenminister Hakan Fidan und US-Außenminister Antony Blinken statt. „Der türkische Außenminister erklärte während des Gesprächs, dass die Türkei über die Eskalation der Krise in der Region besorgt sei. Fidan sagte auch, dass die Länder, die Einfluss auf Israel haben, die richtigen Botschaften geben sollten, um eine Eskalation zu vermeiden, und betonte, dass der Krieg in Gaza die Ursache für die Probleme in der Region sei“, teilt der Chef des staatlichen TV-Senders TRT World, Yusuf Erim, auf X mit.

Der Iran will 72 Stunden vor dem Angriff auf Israel Washington über diplomatische Kanäle wie die Türkei gewarnt haben.

Türkei gibt Israel Schuld an iranischen Angriffen

Am Sonntag hatte das türkische Außenministerium erneut vor einer Eskalation der Gewalt gewarnt. „Der völkerrechtswidrige israelische Angriff auf die iranische Botschaft in Damaskus hat unsere Bedenken gerechtfertigt. Die Vergeltung des Irans auf diesen Angriff und die nachfolgenden Entwicklungen haben erneut gezeigt, dass die Ereignisse schnell zu einem regionalen Krieg eskalieren könnten“. Bei einem Luftangriff am 1. April auf ein Nebengebäude der iranischen Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus waren sieben Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden getötet worden. Zu ihnen zählen mit den Kommandeuren Mohammed Resa Sahedi und Mohammed Hadi Hadschi Rahimi auch zwei ranghohe Vertreter der Al-Kuds-Brigaden, erklärte die Organisation.

In der Nacht zum Sonntag hatte der Iran zum ersten Mal Israel direkt von seinem Staatsgebiet mit hunderten Raketen und Drohnen aus angegriffen. Israel konnte mithilfe seiner Verbündeten fast alle Geschosse abfangen. Teheran machte damit seine Drohung wahr, den mutmaßlich israelischen Angriff auf die iranische Vertretung in Syrien vor zwei Wochen zu rächen.

Experten nennen iranischen Angriff „kontrolliert“

Experten rechnen mit einem Gegenschlag Israels. „Israel verfolgt traditionell eine Null-Toleranz-Politik, wenn sein Gebiet von einem anderen Staat angegriffen wird“, sagt der französische Sicherheitsberater Stéphane Audrand im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. „Eine israelische Antwort wird kommen, und zwar auf iranischem Boden“, schreibt Tamir Hayman auf der Online-Plattform X. Hayman war früher Chef des israelischen Militärgeheimdienstes und leitet nun das Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS).

Allerdings könnte ein israelischer Vergeltungsschlag nicht allzu sehr stark ausfallen – und das aus gutem Grund. Menahem Merhavy, Iran-Experte an der Hebräischen Universität in Jerusalem, weist darauf hin, dass der iranische Angriff offenbar so angelegt war, dass „eine große Zahl von Opfern auf israelischer Seite“ vermieden wurde. Auch Hasni Abidi vom Studien- und Forschungszentrum für die arabische und mediterrane Welt in Genf spricht von einem „kontrollierten“ iranischen Angriff, der „eine starke Reaktion Israels vermeiden soll, die sein Atomprogramm gefährden würde“. (erpe/dpa/AFP)

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