Am Tag der Arbeit

„Albtraum für Deutschland“: Heil geht auf AfD los – Abgetauchter Krah ist wieder da

  • VonKilian Beck
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SPD-Arbeitsminister Heil und CDU-Thüringen-Chef Mario Voigt kritisieren am 1. Mai die AfD. Deren Spitzenkandidat Krah schweigt zur Spionageaffäre um seinen Mitarbeiter.

Dresden – Traditionell ist der 1. Mai der Kampftag der Sozialdemokratie. In Ostdeutschland drehte sich in diesem Jahr vor den Landtagswahlen allerdings viel um die AfD. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kritisierte: „Die AfD ist ein Albtraum für unser Land.“ Heil sprach auf der Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Dresden am Mittwoch (1. Mai). Der thüringische CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt grenzte sich derweil im Gespräch mit ntv vom Björn Höcke, dem Thüringer Chef der AfD ab. Höcke habe im TV-Duell beim Fernsehsender Welt „in zentralen Fragen gewackelt und gezeigt, dass er bezwingbar ist“.

Die AfD versuchte zuletzt vom Spionage- und Bestechungsvorwürfen gegen ihren EU-Wahlspitzenkandidaten Maximilian Krah abzulenken, in dem sie ihn nicht beim Wahlkampfauftakt sprechen ließ. Nun sprach er am Mittwoch doch in Chemnitz.

Arbeitsminister Hubertus Heil demonstrierte am 1. Mai in Dresden und kritisierte die AfD.

Umfragen zur Wahl in Thüringen und Sachsen: AfD klar stärkste Kraft

In Sachsen und Thüringen wird am 1. September ein neuer Landtag gewählt. In beiden Bundesländern wäre die AfD nach Umfragen aktuell stärkste Kraft: In Sachsen käme die Partei auf etwa 35 Prozent der Stimmen und in Thüringen wären es zirka 30 Prozent. Im aktuell von CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer regierten Sachsen liegen SPD, Grüne und Linke nur knapp über der Fünf-Prozent-Hürde. Kretschmer führt eine Koalition aus CDU, Grünen und SPD. Die neu gegründete Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) liegt in Sachsen bei etwa zehn und in Thüringen bei etwa 14 Prozent. Hier bleibt allerdings abzuwarten, ob sich das in Wahlergebnisse übersetzen lässt.

Heil sieht „Friedensprojekt Europa“ durch Rechtsradikale gefährdet

Mit Blick auf die bereits am 9. Juni anstehende Europawahl sagte Arbeitsminister Heil in Dresden: Die AfD trete mit einem Programm an, das den Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union anstrebe. „Europa ist nicht nur ein Friedensprojekt, Europa ist eine Grundlage für unseren Wohlstand.“ Man dürfe sich Europa von Rechtsradikalen nicht zerstören lassen und müsse Flagge zeigen. „Es ist Schluss mit Schweigen“, sagte Heil. Zuletzt verdichteten sich die Indizien, dass Politiker mehrerer rechtsradikaler Parteien in der EU über das russische Propagandamedium „Voice of Europe“ Geld aus Kanälen des Kremls erhielten.

Listenspitze der AfD zur EU-Wahl: Schwere Vorwürfe gegen Krah und Bystron

So wurden auch Bestechungsvorwürfe gegen Krah und den AfD-Listenzweiten zur EU-Wahl,Petr Bystron, erhoben. Krah musste sich zudem – öffentlich wie parteiintern – zu den Spionagevorwürfen gegen seinen Mitarbeiter Jian G. erklären. Der Generalbundesanwalt ließ G. Ende April wegen des Vorwurfes der Spionage für China verhaften. Krah sagte, er habe sich „persönlich nichts vorzuwerfen“. Eine vollständige Erklärung für eine vierstellige Summe in Bar, die die US-Bundespolizei FBI laut Recherchen des Spiegels bei einer Einreise in die USA bei ihm fand, blieb er bisher schuldig. Bystron soll laut tschechischen Nachrichtendienstinformationen, über die mehrere deutsche und tschechische Medien berichteten, 20.000 Euro aus dem „Voice of Europe“-Netzwerk erhalten haben. Krah und Bystron streiten die Vorwürfe ab, gegen beide laufen staatsanwaltschaftliche Vorermittlungen. Sollte sich ein Anfangsverdacht ergeben, müsste die Immunität beider Abgeordneter aufgehoben werden.

Krah ätzt in Chemnitz gegen Medien – Kannte Höcke das Kreml-„Manifest“ für die AfD?

Eine weitere Recherche des Magazins enthüllte Ende April, ein „Manifest“ mit innenpolitischen Tipps für die AfD, das im Kreml verfasst worden sein soll. Demnach soll Höcke kurz nach Entstehung des Dokuments in einer Rede zum Tag der Deutschen Einheit sehr ähnlich in außenpolitischen Fragen argumentiert haben. Er stritt nicht ab, das Dokument zu kennen. Krah verglich die Berichterstattung über die Spionageaffäre bei seiner Rede in Chemnitz mit der Propaganda in DDR. Inhaltlich ging er laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) nicht weiter auf die Vorwürfe gegen ihn und seinen Mitarbeiter ein. Innerparteilich wurde zuletzt auch scharfe Kritik an Krahs pro-chinesischer Politik laut. Der Spitzenkandidat sprach vor wenigen Dutzend Menschen.

Arbeitsminister Heil sieht Arbeitsmigration durch rechte Gewalt und AfD in Gefahr

Inhaltlich setzten sich Heil und Voigt in der Migrationspolitik von der AfD ab: Die linken Parteien wollen: alle rein. Die AfD sagt: alle raus. Die CDU sagt: „Wir sind ein weltoffenes Land, aber wir hängen nicht die Tür zu unserer Wohnung aus“, sagte Voigt zu ntv. Heil wurde konkreter: Deutschland habe eine „humanitäre Verpflichtung“, Geflüchteten zu helfen. Weiter sei die AfD auch eine Gefahr für die notwendige Arbeitsmigration nach Deutschland: „Wie wollen wir denn kluge Köpfe und helfende Hände für uns gewinnen, wenn Menschen Angst vor rassistischen Übergriffen und Verhetzung haben?“, fragte der Sozialdemokrat.

In Chemnitz wie in Dresden wurde heute auch gegen AfD-Veranstaltungen zum 1. Mai demonstriert. In Chemnitz zogen die Gegendemonstranten mit Livemusik direkt an der AfD-Kundgebung vorbei, sodass einer der Sprecher seine Rede unterbrechen musste. Auf Plakaten forderten sie „AfD-Verbot jetzt“ und „Stoppt die AfD“. (kb mit dpa)

Rubriklistenbild: © Sebastian Kahnert/dpa