Neue Partei von Wagenknecht

Erste Klarheiten um Wagenknecht: BSW will EU rückbauen – und könnte direkt kassieren

  • Stefan Krieger
    VonStefan Krieger
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Bislang formuliert die neue Partei von Sahra Wagenknecht ihre inhaltliche Ausrichtung nur sehr vage. Das ändert sich jetzt.

Berlin – Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat sich erst vergangene Woche als Partei aufgestellt, formuliert aber schon jetzt durchaus ambitionierte Ziele. Die neue Partei der ehemaligen Politikerin der Linken will die Europäische Union im Falle eines Wahlsiegs zurechtstutzen und unter anderem die bisherige Klimaschutzpolitik abwickeln.

So soll der Handel mit CO₂-Zertifikaten abgeschafft werden. „Dieser Zertifikatehandel ist völlig ungeeignet, um klimapolitische Ziele zu erreichen“, heißt es im Entwurf des Europa-Wahlprogramms der neuen Partei. Es fordert darüber hinaus die unbefristete Nutzung von Verbrennermotoren und die Rückkehr zu Importen von Öl und Gas aus Russland. Der entsprechende Entwurf liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.

Bündnis Sahra Wagenknecht: Gegebenenfalls nicht an EU-Regeln halten

Das BSW will bei der Europawahl am 9. Juni erstmals als Partei antreten. Der Programmentwurf soll bei einem Parteitag am 27. Januar besprochen werden. Das Papier übt fundamentale Kritik an der EU in jetziger Form und fordert einen Rückbau: „Die EU in ihrer aktuellen Verfassung schadet der europäischen Idee“, heißt es. Als Ziel wird formuliert: „Was lokal, regional oder nationalstaatlich besser und demokratischer regelbar ist, darf nicht der Regelungswut der EU-Technokratie überlassen werden.“

Das BSW mit Sahra Wagenknecht will bei der Europawahl am 9. Juni erstmals als Partei antreten.

Gegebenenfalls solle sich Deutschland nicht an EU-Regeln halten: Das BSW trete „für die Nichtumsetzung von EU-Vorgaben auf nationaler Ebene ein, wenn sie wirtschaftlicher Vernunft, sozialer Gerechtigkeit, Frieden, Demokratie und Meinungsfreiheit zuwiderlaufen“. Das widerspräche dem Grundsatz, dass EU-Regeln für alle 27 Mitgliedsstaaten verbindlich sind. Sie werden von den Regierungen gemeinsam mit dem EU-Parlament ausgehandelt.

Europa kein „Vasall der USA“

Außerdem plädiert der Entwurf für mehr Eigenständigkeit: „Europa muss eigenständiger Akteur auf der Weltbühne werden, statt Spielball im Konflikt der Großmächte und Vasall der USA zu sein.“ Europa dürfe auch „nicht länger eine digitale Kolonie der Vereinigten Staaten sein“, sondern brauche eine eigenständige digitale Infrastruktur.

Medienbericht: Fünf Millionen Euro pro Jahr für BSW

Auch wenn das BSW im Bundestag noch nicht als Partei auftritt, könnte den Abgeordneten einem Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel zufolge für ihre Parlamentsarbeit rund fünf Millionen Euro pro Jahr aus dem Bundeshaushalt erhalten. Demnach zeichnet sich eine Anerkennung der verbliebenen Abgeordneten der Linken und der BSW-Abgeordneten ab, so der Spiegel mit Verweis auf Informationen aus Fraktionskreisen.

Wie das Blatt weiter berichtet, wäre eine Entscheidung über den Status der Abgeordneten bereits in der nächsten Sitzungswoche des Bundestags möglich. Den Angaben zufolge läuft es für beide Gruppen darauf hinaus, dass sie den sogenannten Grundbetrag von derzeit 509.294 Euro pro Monat, der Fraktionen zusteht, zur Hälfte gezahlt bekommen.

BSW: Gleichbehandlung mit Bundestagsfraktionen

Außerdem sei eine Pauschal-Zahlung von monatlich 10.632 Euro für jede Abgeordnete und jeden Abgeordneten im Gespräch, hieß es weiter. Der Betrag entspricht demnach dem, den auch die Bundestagsfraktionen erhalten. Zusätzlich ist ein Oppositionszuschlag vorgesehen. Wie für die Fraktionen dürfte er laut Spiegel bei 15 Prozent auf den Grundbetrag beziehungsweise zehn Prozent auf den Pro-Kopf-Betrag liegen. Überschlägig ergebe sich daraus eine Summe von knapp fünf Millionen Euro, die aus dem Bundesetat an die Gruppe von Wagenknecht fließen könnte.

Umfrage: Bundeskanzlerin Wagenknecht? 

17 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer aktuellen YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur würden sich Sahra Wagenknecht als Bundeskanzlerin wünschen. 64 Prozent der insgesamt 2007 Befragten wünschen sich die 54-Jährige nicht an der Spitze einer Regierung. 19 Prozent machten keine Angabe oder legten sich nicht fest.

Als Ministerin hätte Wagenknecht mehr Unterstützung: 36 Prozent der Befragten befürworteten eine Regierungsbeteiligung der neuen Partei mit Wagenknecht als Ministerin im Bund, davon 13 Prozent „voll und ganz“ und 23 Prozent „eher“. 47 Prozent lehnten dies „eher“ oder „voll und ganz“ ab. Ausreißer sind die befragten Anhänger der Linken: Von ihnen befürworteten 69 Prozent eine Regierungsbeteiligung mit einer Ministerin Wagenknecht und 45 Prozent wünschen sie sich als Bundeskanzlerin.

Die Fehlertoleranz für die Gesamtstichprobe von 2007 Befragten beträgt für einen Anteilswert von 50 Prozent plus/minus 2,19 Prozentpunkte und für einen Anteilswert von 5 Prozent plus/minus 0,95 Prozentpunkte.

Im Bundestagspräsidium ist für das BSW den Angaben zufolge kein Platz vorgesehen. Linken-Politikerin Petra Pau soll dagegen – wie bereits vor Weihnachten angekündigt – Bundestagsvizepräsidentin bleiben.

In den Ältestenrat des Parlaments sollen sowohl die Linke als auch Wagenknecht und ihre Mitstreiter einen Vertreter oder eine Vertreterin entsenden dürfen. Weder für die eine noch für die andere Gruppe werde es dagegen einen Platz im Parlamentarischen Kontrollgremium geben, hieß es.

Sahra Wagenknecht war lange in der Linkspartei aktiv und sitzt im Bundestag. Sie ist in einer Doppelspitze mit der früheren Chefin der Linksfraktion, Amira Mohamed Ali, Vorsitzende der neuen Partei. (skr/dpa)

Rubriklistenbild: © JOHN MACDOUGALL/AFP

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