Welche Zukunft bietet die EU der Ukraine? Darüber wird in Brüssel auch am Freitag noch debattiert.
+
Die EU hat sich auf die Reform des Asylsystems verständigt.

Einheitliche Verfahren an Außengrenzen

EU einigt sich auf Asylreform – „an vielen Stellen schmerzhafte Punkte“

Seit Jahren ist die Begrenzung der irregulären Migration das große Streitthema in Brüssel. Um eine Reform des Asylsystems steht nun ein Kompromiss.

Update vom 20. Dezember, 11.30 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet von der Reform der EU-Asylpolitik eine Erleichterung für Deutschland. „Damit begrenzen wir die irreguläre Migration und entlasten die Staaten, die besonders stark betroffen sind - auch Deutschland“, schrieb der SPD-Politiker am Mittwoch auf der Online-Plattform X nach dem am Morgen erzielten Durchbruch in den Verhandlungen zur Asylreform. Die Einigung sei ein „ganz wichtiger Beschluss“.

Ungeachtet der Kritik von Flüchtlingsrechtsorganisationen ist auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser hochzufrieden mit der Einigung. „Ich habe die ganze Nacht hart um Zustimmung im Rat und im Parlament gerungen und viele Gespräche geführt“, sagte die SPD-Politikerin laut einer Mitteilung ihres Ministeriums. Sie betonte: „Wenn wir das Europa der offenen Grenzen im Inneren bewahren wollen, müssen wir die Außengrenzen schützen und funktionierende Verfahren erreichen.“

Die Bundesregierung wolle ein Ende des Sterbens auf dem Mittelmeer sowie der rechtlosen und chaotischen Zustände an den Außengrenzen der Europäischen Union. Beides könne nur mit praxistauglichen europäischen Lösungen erreicht werden. Deshalb müsse künftig an den EU-Außengrenzen „strikt kontrolliert und registriert werden“. Wer nur geringe Aussicht auf Schutz in der EU habe, werde ein rechtsstaatliches Asylverfahren an den Außengrenzen durchlaufen und im Fall einer Ablehnung von dort zurückkehren müssen.

EU einigt sich auf Asylreform: Grünen-Chef Nouripour spricht von „schmerzhaften Punkten“

Update vom 20. Dezember, 9.45 Uhr: Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour zieht ein gemischtes Fazit zur Einigung auf eine Reform des europäischen Asylsystems. Wie auch Außenministerin Annalena Baerbock bewertete Nouripour den Einstieg in eine Verteilung von Migranten in Europa positiv. Hier sei in den Verhandlungen eine Verbesserung erzielt worden, sagte er am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

„Die Ergebnisse enthalten an vielen Stellen schmerzhafte Punkte“ räumte Nouripour aber ein. „Beispielsweise die Verpflichtung der Außengrenzstaaten zu Verfahren an den Grenzen sehen wir weiterhin kritisch.“ Die Grünen hätten sich gewünscht, dass der Rat als Vertretung der EU-Staaten mehr auf die Position des Europaparlaments eingeht. Dies sei unter anderem durch die unterschiedlichen, größtenteils sehr restriktiven Positionen der anderen EU-Staaten erschwert worden.

„Als Grüne haben wir für konkrete Lösungen gekämpft, die Humanität und Ordnung zusammenbringen, die unseren humanitären Ansprüchen und Verpflichtungen ebenso gerecht werden wie den großen Herausforderungen in unseren Kommunen und an den Außengrenzen sowie unserer europapolitischen Verantwortung“, sagte Nouripour. „Die derzeitige Situation an den europäischen Grenzen ist unerträglich. So darf es nicht bleiben.“ Deshalb seien die Grünen bereit gewesen, sich auch auf schwierige Verhandlungen über eine Reform des europäischen Asylsystems einzulassen.

Reform des EU-Asylsystems: Baerbock lobt „dringend notwendigen“ Schritt

Update vom 20. Dezember, 9.30 Uhr: Bundesaußenministern Annalena Baerbock (Grüne) hat die Einigung zwischen EU-Parlament und EU-Mitgliedsstaaten auf eine Reform der europäischen Asyl- und Migrationspolitik begrüßt. Die Einigung auf ein neues Gemeinsames Europäischen Asylsystem (Geas) „war dringend notwendig und längst überfällig“, erklärte Baerbock. Deutschland werde in der Umsetzung des neuen Asylsystems darauf achten, „dass es fair, geordnet und solidarisch zugeht“.

„Jede Einigung in Brüssel ist auch immer ein Kompromiss“, kommentierte Baerbock. Dennoch hätten in den Verhandlungen der letzten Monate auch Verbesserungen erreicht werden können, „sodass zum Beispiel auch im Ausnahmefall der Krise humanitäre Standards erhalten bleiben“. Europa brauche „für alle verlässliche Regeln für Migration und Asyl“, stellte Baerbock fest. Mit dem neuen Solidaritätsmechanismus „steigen wir endlich in eine europäische Verteilung ein“, lobte die Außenministerin. „Denn die unmenschlichen Zustände an der EU-Außengrenze dürfen nicht das Gesicht bleiben, das Europa der Welt zeigt.“

Asylsystem der EU: Mitgliedsstaaten und Europaparlament verständigen sich auf Reform

Erstmeldung vom 20. Dezember: Brüssel – Das Asylsystem in der EU wird grundlegend reformiert. Nach jahrelangen Diskussionen verständigten sich Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments final auf entsprechende Gesetzestexte, wie die spanische Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission am Mittwochmorgen mitteilten. Vorgesehen sind zahlreiche Verschärfungen der bisherigen Regeln. Ziel ist es, die irreguläre Migration einzudämmen.

Die Einigung muss noch vom Plenum des Europaparlaments und den EU-Staaten bestätigt werden. Das ist normalerweise eine Formalität. Künftig soll es einheitliche Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen geben. Geplant ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Bis zur Entscheidung über den Asylantrag sollen die Menschen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern untergebracht werden können.

Einigkeit in der EU über Asylreform: Verteilung wird mit „Solidaritätsmechanismus“ geregelt

Die Verteilung der Schutzsuchenden unter den EU-Staaten wird den Plänen zufolge mit einem „Solidaritätsmechanismus“ neu geregelt: Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, etwa in Form von Geldzahlungen. Abgelehnte Asylbewerber sollen künftig leichter in sichere Drittstaaten abgeschoben werden.

An der Reform wird bereits seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 intensiv gearbeitet. Damals waren Länder wie Griechenland mit der immensen Zahl an Menschen aus Ländern wie Syrien überfordert und Hunderttausende konnten unregistriert in andere EU-Staaten weiterziehen. Dies hätte eigentlich nicht passieren dürfen, denn nach der sogenannten Dublin-Verordnung sollen Asylbewerber da registriert werden, wo sie die Europäische Union zuerst betreten haben.

Daraufhin schlug die EU-Kommission erstmals bereits 2016 neue Regeln vor. Die Verhandlungen gestalteten sich allerdings bis zuletzt als sehr zäh. Während Ländern wie Ungarn die Vorschläge nicht scharf genug waren, äußerten Hilfsorganisationen und Teile von Linken und Grünen Bedenken, dass die Menschenrechte bei den Asylverfahren nicht genügend geachtet würden. (dpa)

Mehr zum Thema