Menschenrechte

Erdogan fordert Frieden für Gaza - und lässt gleichzeitig Kurden in Syrien bombardieren

  • Erkan Pehlivan
    VonErkan Pehlivan
    schließen

In der Türkei mehren sich die Proteste gegen Israel. Präsident Erdogan bietet sich als Vermittler an. Allerdings sind die Friedensbemühungen Ankaras wenig glaubwürdig.

Istanbul - Seit dem Beginn groß angelegten Angriff der terroristischen Hamas auf Israel mit einer Unzahl von Toten ist das Thema in der Türkei allgegenwärtig. In vielen Städten kommen immer wieder Menschen zusammen, um sich solidarisch mit der Hamas zu zeigen. In Diyarbakir hatte etwa die islamistische „Hüda Par“ zu Demonstrationen gegen Israel aufgerufen. Der Sprecher der Partei, Yunus Emiroglu, bezeichnete Israel als eine Gefahr für die Türkei und Muslime.

In Istanbul kommt es immer wieder zu Protesten gegen Israel. Auch hier ist es die Hüda Par, ein Partner der Regierungspartei AKP und andere islamistische Organisationen, die vorne mitmarschiert. Am Wochenende versammelte sich etwa Menschenmassen vor dem israelischen Generalkonsulat in Istanbul, um sich solidarisch mit den Palästinensern zu zeigen. Auch hier hatte Anhänger der Hüda Par und andere Islamistische zu den Protesten aufgerufen.

Erdogan fordert von Israel Ende der Angriffe auf Gaza

Auch Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich in die Diskussion eingeschaltet und fordert Israel auf, seine Angriffe auf Gaza einzustellen. „Es ist sicher, dass das Problem in der Region nicht dadurch gelöst werden kann, dass man die palästinensische Bevölkerung ständig schikaniert, ihre Sicherheit von Leben und Eigentum missachtet, ihre Häuser und ihr Land beschlagnahmt, ihre Infrastruktur zerstört. Und damit wird auch ihre Entwicklung verhindert“, teilte Erdogan mit. Die Zerstörung des Gazastreifens durch unverhältnismäßige Luft- und Bodenangriffe, die Bombardierung von Moscheen und der Tod unschuldiger Kinder, Frauen, älterer Menschen und Zivilisten seien nicht hinnehmbar.

„Wir fordern die israelische Führung auf, die Bombardierung der palästinensischen Gebiete, insbesondere des Gazastreifens, einzustellen. Die Palästinenser fordern wir, ihre Angriffe gegen israelische Zivilsiedlungen einzustellen“, so Erdogan. Sein Land sei bereit, in dem Konflikt zu vermitteln, einschließlich eines Gefangenenaustausches.

Präsident Recep Tayyip Erdogan traf am 4. September im russischen Sotschi ein.

Türkei zerstört 80 Prozent der Infrastruktur in Nordsyrien

Allerdings ist der Aufruf des türkischen Präsidenten zum Stopp der Angriffe wenig glaubwürdig. Denn seit Tagen bombardiert die Türkei die zivile Infrastruktur in Nordsyrien (Kurdisch: Rojava). „Innerhalb von drei Tagen wurden über 145 Ziele in allen Städten getroffen. Bisher wurden Dutzende Menschen getötet und verletzt, 80 Prozent der zivilen Einrichtungen sind zerstört: Wasser- und Energieversorgung, Krankenhäuser und Schulen, Ölfelder, Fabriken und Warenlager“, schreibt Anita Starosta, Referentin für Syrien, Türkei und Irak bei medico international in ihrem Artikel auf der Internetseite der Hilfsorganisation.

Die türkische Regierung legitimiere die Bombardierungen mit Verweis auf den PKK-Anschlag in Ankara vom 2. Oktober. Angeblich solle einer der Attentäter aus Nordostsyrien gekommen sein. Beweise dafür wurden aber keine geliefert. In der Region werden die türkischen Angriffe vor allem als Kollektivbestrafung der Kurden wahrgenommen. (erpe)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Mikhail Klimentyev

Mehr zum Thema