Die Außenminister von China und den USA, Wang Yi und Antony Blinken, geben sich die Hand.
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Haben viel zu besprechen: die Außenminister von China und den USA, Wang Yi und Antony Blinken, am Donnerstag in Washington.

Wang Yi trifft Antony Blinken

Chinas Außenminister in den USA: „Herausforderungen gemeinsam angehen“

Es kommt Bewegung in die Beziehungen zwischen China und den USA: Auf ein Treffen der Außenminister könnte bald eines der Präsidenten folgen.

Chinas Außenminister Wang Yi hat bei seinem USA-Besuch darauf gedrungen, Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen. „Wir haben Meinungsverschiedenheiten; wir haben Unterschiede. Gleichzeitig haben wir aber auch wichtige gemeinsame Interessen und stehen vor Herausforderungen, die wir gemeinsam angehen müssen“, sagte Wang am Donnerstag (Ortszeit) vor einem Treffen mit seinem US-Amtskollegen Antony Blinken. Deshalb brauche es Dialog. Nur so könnten Missverständnisse ausgeräumt werden.

Gleichzeitig übte Wang indirekt Kritik an den USA. „In den Beziehungen zwischen China und den USA wird es von Zeit zu Zeit einige schrille Stimmen geben. Wenn dies geschieht, geht China gelassen damit um. Denn wir sind der Ansicht, dass es nicht darauf ankommt, wer den stärkeren Arm oder die lautere Stimme hat“, sagte Wang. Offenbar ein Seitenhieb auf US-Politiker beider Parteien, die sich seit Jahren in anti-chinesischer Rhetorik überbieten. Blinken stimmte den Äußerungen von Wang zu.

Treffen der Außenminister von China und den USA: „konstruktive Atmosphäre“

Nach dem Treffen teilte das US-Außenministerium mit, beide Seiten hätten „eine Reihe bilateraler, regionaler und globaler Themen, einschließlich der Beseitigung von Meinungsverschiedenheiten und der Sondierung von Möglichkeiten der Zusammenarbeit“, besprochen. Zudem habe Blinken seinem chinesischen Gast sein Beileid wegen des Todes von Ex-Ministerpräsident Li Keqiang ausgesprochen. Li war am Freitag (Ortszeit) in Shanghai im Alter von 68 Jahren verstorben.

Chinas Außenministerium erklärte nach dem Treffen in dürren Worten, Wang und Blinken hätten „in einer konstruktiven Atmosphäre einen ausführlichen Meinungsaustausch über die Beziehungen zwischen China und den USA und über Fragen von gemeinsamem Interesse“ geführt. Beobachter erwarten, dass Wang noch mit US-Präsident Joe Biden zusammentreffen wird. Außenminister Blinken war bei seinem Peking-Besuch vor wenigen Monaten von Staats- und Parteichef Xi Jinping empfangen worden. Xi traf vor einigen Tagen zudem in Peking mit dem kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom zusammen.

Konflikte in Israel und Ukraine stehen zwischen China und den USA

Die Beziehung zwischen Peking und Washington ist seit Jahren angespannt. Ein Tiefpunkt war Anfang des Jahres erreicht, als Außenminister Blinken seinen China-Besuch kurzfristig absagte. Grund war ein mutmaßlicher chinesischer Spionageballon, der zuvor über den USA entdeckt und schließlich abgeschossen wurde. Blinken holte das Treffen schließlich im Juni nach.

Differenzen zwischen beiden Ländern gibt es unter anderem wegen Chinas Unterstützung für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und weil Peking sich im Konflikt zwischen Israel und der Hamas auf die Seite der Palästinenser gestellt hat. Auch Chinas aggressives Vorgehen gegen Taiwan sowie im Südchinesischen Meer sorgt regelmäßig für Kritik aus den USA. Peking wiederum wirft den USA vor, den Aufstieg des Landes unter anderem durch Exportbeschränkungen für hoch entwickelte Mikrochips ausbremsen zu wollen.

Wird Joe Biden schon bald Xi Jinping treffen?

Für November wird ein Treffen zwischen Joe Biden und Xi Jinping erwartet. Biden hatte Xi zum Apec-Gipfel in San Francisco eingeladen. Ob Xi tatsächlich zum Treffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft kommt, ist bislang aber noch unklar. Es wäre die erste persönliche Begegnung der beiden Staatsoberhäupter seit einem Treffen am Rande des G20-Gipfels in Bali vor knapp einem Jahr.

Wang wird seine Gespräche mit Blinken am Freitag fortsetzen, auch eine Begegnung mit dem Nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan ist geplant.

Der renommierte China-Experte Ryan Hass von der US-Denkfabrik Brookings Institution glaubt, dass sich die Beziehung zwischen den beiden Ländern „zumindest an der Oberfläche“ verbessert habe. Das liege daran, dass beide Seiten ihre Ansprüche heruntergefahren hätten. Außerdem hätten Biden und Xi erkannt, dass es wichtig sei, Spannungen zu reduzieren. Zudem habe es zuletzt intensive Konsultationen zwischen Beratern beider Staatschefs gegeben. „Unter der Oberfläche kochen die Spannungen jedoch weiter hoch“, schreibt Hass. „Keine der beiden Seiten hat die großen Herausforderungen in den Beziehungen gelöst oder verringert.“ (sh)