China-Spionage und Hacker-Attacken

Aufregung nach Festnahme von Krah-Mitarbeiter: Tausende Satelliten könnten Deutschland sicherer machen

  • Peter Sieben
    VonPeter Sieben
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Nach der Festnahme eines mutmaßlichen China-Spions bei AfD-Mann Krah fordern Experten Geld für Technologien: Die innere Sicherheit Deutschlands sei gefährdet.

Berlin – Der Kontrahent hört mit: Spione aus China und Russland haben Deutschland immer stärker im Fokus, das ist in den vergangenen Tagen mehr als deutlich geworden. Zuletzt wurde ein Mitarbeiter des AfD-Spitzenpolitikers Maximilian Krah festgenommen, weil er für China spioniert haben soll. Parallel waren weitere mutmaßliche China-Spione aufgeflogen – und erst Ende letzter Woche haben Sicherheitsbehörden mehrere Russlanddeutsche aufgegriffen, die für Putin potenzielle Anschlagsziele in Deutschland ausgespäht haben sollen.

China-Spion bei AfD-Mann Krah? Deutschland nicht hinreichend gegen Hacker und Spionage geschützt

Experten sagen: Deutschland ist technologisch nicht hinreichend gegen Hackerangriffe und Spionage gewappnet. Denn eine entscheidende Technologie fehle – ein modernes Satellitennetzwerk nach dem Vorbild von Starlink. Deutschland und Europa hinken bei der Technologie deutlich hinterher. Dabei gehen Experten davon aus, dass solche Systeme untereinander verlinkter Kleinsatelliten unentbehrlich sind. Einerseits, wenn es um Autonomes Fahren und Navigation, andererseits aber vor allem um Spionageabwehr und Katastrophenschutz geht.

„Starship“ von SpaceX – so ist die größte Rakete der Welt aufgebaut

Das „Starship“ von SpaceX ist mit 121 Metern Höhe die größte Rakete der Welt. Zum Vergleich: die Mondrakete „Saturn V“ war 110 Meter hoch, das „Space Launch System“ der Nasa ist 98 Meter hoch.
Das „Starship“ von SpaceX ist mit 121 Metern Höhe die größte Rakete der Welt. Zum Vergleich: die Mondrakete „Saturn V“ war 110 Meter hoch, das „Space Launch System“ der Nasa ist 98 Meter hoch. © IMAGO/SPACEX
Das „Starship“ besteht aus zwei Teilen, die zusammen den Namen „Starship“ tragen. So heißt jedoch auch die obere, zweite Stufe der Rakete. Es ist das Raumschiff, in dem später Menschen Platz nehmen sollen, um zum Mond oder Mars zu fliegen.
Das „Starship“ besteht aus zwei Teilen, die zusammen den Namen „Starship“ tragen. So heißt jedoch auch die obere, zweite Stufe der Rakete. Es ist das Raumschiff, in dem später Menschen Platz nehmen sollen, um zum Mond oder Mars zu fliegen. © IMAGO/SPACEX
Die untere, erste Stufe des „Starships“ ist der Raketenbooster, genannt „Super Heavy“. Der Booster ist mit 33 Raptor-Triebwerken ausgerüstet, die beim Start alle gezündet werden und die Rakete starten lassen. Die erste Raketenstufe soll nach ihrer Abtrennung zur Erde zurückfliegen und wiederverwendet werden können.
Die untere, erste Stufe des „Starships“ ist der Raketenbooster, genannt „Super Heavy“. Der Booster ist mit 33 Raptor-Triebwerken ausgerüstet, die beim Start alle gezündet werden und die Rakete starten lassen. Die erste Raketenstufe soll nach ihrer Abtrennung zur Erde zurückfliegen und wiederverwendet werden können. © IMAGO/SPACEX
Nach dem ersten Startversuch wurde der Startplatz des „Starships“ stark beschädigt und musste repariert werden. Das „Starship“ startet von Boca Chica ganz im Süden des US-Bundesstaats Texas. Dort will SpaceX eine ganze Stadt aus dem Boden stampfen – genannt „Starbase“.
Nach dem ersten Startversuch wurde der Startplatz des „Starships“ stark beschädigt und musste repariert werden. Das „Starship“ startet von Boca Chica ganz im Süden des US-Bundesstaats Texas. Dort will SpaceX eine ganze Stadt aus dem Boden stampfen – genannt „Starbase“. © IMAGO/Reginald Mathalone
In der zweiten Stufe des „Starship“, dem Raumschiff, sollen in Zukunft zahlreiche Menschen Platz finden und zu fernen Himmelskörpern reisen können. Die Vision von Elon Musk ist es, mithilfe des „Starships“ den Planeten Mars zu kolonisieren.
In der zweiten Stufe des „Starship“, dem Raumschiff, sollen in Zukunft zahlreiche Menschen Platz finden und zu fernen Himmelskörpern reisen können. Die Vision von Elon Musk ist es, mithilfe des „Starships“ den Planeten Mars zu kolonisieren. © IMAGO/Reginald Mathalone
Er ist der Erfinder des „Starship“: Elon Musk. Der Milliardär hat vor mehr als 20 Jahren SpaceX gegründet – immer mit dem Ziel, eines Tages den Mars zu kolonisieren. Weil er schnell feststellte, dass dafür Raketenstarts billiger werden müssten, entstand die Idee, wiederverwendbare Raketen zu bauen. Damit verdient SpaceX mittlerweile Geld – und baut nun das „Starship“.
Er ist der Erfinder des „Starship“: Elon Musk. Der Milliardär hat vor mehr als 20 Jahren SpaceX gegründet – immer mit dem Ziel, eines Tages den Mars zu kolonisieren. Weil er schnell feststellte, dass dafür Raketenstarts billiger werden müssten, entstand die Idee, wiederverwendbare Raketen zu bauen. Damit verdient SpaceX mittlerweile Geld – und baut nun das „Starship“. © IMAGO/SPACEX
Das „Starship“ wartet am Strand von Boca Chica auf seinen ersten Startversuch. Im April 2023 fand dieser statt und scheiterte bereits nach wenigen Minuten.
Das „Starship“ wartet am Strand von Boca Chica auf seinen ersten Startversuch. Im April 2023 fand dieser statt und scheiterte bereits nach wenigen Minuten. © IMAGO/ABACA
Die riesige Rakete hob von ihrem Startplatz in Texas ab. Dabei wurde das Launchpad beschädigt. Für den zweiten Startversuch wurde es repariert und aufgerüstet, um für die Naturgewalt des Raketenstarts besser gewappnet zu sein.
Die riesige Rakete hob von ihrem Startplatz in Texas ab. Dabei wurde das Launchpad beschädigt. Für den zweiten Startversuch wurde es repariert und aufgerüstet, um für die Naturgewalt des Raketenstarts besser gewappnet zu sein. © IMAGO/Liu Jie
Kurz nach dem ersten Startversuch des „Starship“ konnte man sehen, dass nicht alle 33 Raptor-Triebwerke der ersten Raketenstufe gezündet hatten.
Kurz nach dem ersten Startversuch des „Starship“ konnte man sehen, dass nicht alle 33 Raptor-Triebwerke der ersten Raketenstufe gezündet hatten. © IMAGO/SPACEX
Das Ende des ersten Startversuchs: Das „Starship“ wurde gesprengt, da es außer Kontrolle geraten war. Beim zweiten Versuch will SpaceX es besser machen. Ob das gelingt, wird sich zeigen.
Das Ende des ersten Startversuchs: Das „Starship“ wurde gesprengt, da es außer Kontrolle geraten war. Beim zweiten Versuch will SpaceX es besser machen. Ob das gelingt, wird sich zeigen. © IMAGO/Liu Jie

Elon Musk hat Starlink, Europa nur Galileo – unter Beteiligung von China

SpaceX, die Weltraumfirma von US-Milliardär Elon Musk, hat für Starlink inzwischen über 6.000 Satelliten ins All geschossen., um für flächendeckendes Breitband-Internet auf der ganzen Erde zu sorgen. In Europa gibt es mit „Galileo“ – ein EU-Projekt, an dem auch China beteiligt ist – nur eine einzige nennenswerte europäische Satellitenkonstellation, bestehend aus gerade einmal 23 funktionsfähigen Satelliten. Fatal, findet der Informatiker Klaus Schilling. Er ist Experte für Telematik beim Verein Deutscher Ingenieure (VDI).

Spionage-Verdacht bei Krah-Mitarbeiter und russische Attacken: „Ukraine-Krieg zeigt Wichtigkeit solcher Kommunikationssysteme“

„Wie wichtig solche Kommunikationsnetzwerke sind, haben wir zu Beginn des Ukraine-Kriegs gesehen“, sagt Schilling. Damals hatten russische Attacken die Infrastruktur in Teilen des Landes lahmgelegt. In Deutschland war das seinerzeit nur aufgefallen, weil es – als Kollateralschaden – Störungen in der Steuerung von Windparkanlagen gegeben hatte. Starlink war damals in der Ukraine eingesprungen, um Kommunikationssysteme und Steuerung von kritischer Infrastruktur aufrechtzuerhalten.

Während sogenannte geostationäre Satelliten 36.000 Kilometer über der Erde schweben, ziehen Konstellationen wie Starlink in 600 Kilometern Höhe ihre Bahnen. Das habe entscheidende Vorteile, erklärt Schilling: „Wenn Satelliten auf niedrigen Umlaufbahnen näher an der Erde sind, verringern sich die Latenzzeiten deutlich. Diese Echtzeitfähigkeit ist der Kern von Technologien wie 5G oder dem Autonomen Fahren.“ Das kann Sicherheitsbehörden auch helfen, Hackerangriffe schneller zu identifizieren.

„Von einem erratischen Milliardär wie Elon Musk abhängig zu sein, ist keine gute Idee“

Im Falle eines Angriffs sind Satelliten überdies ein Backup-System. „Wenn bei Angriffen auf die kritische Infrastruktur Kommunikationssysteme am Boden zerstört sind, dann geht es nur noch über Satelliten“, erklärt der VDI-Experte. Satellitenkonstellationen selbst sind wiederum robuster und besser gegen Angriffe gewappnet, als große geostationäre Satelliten: Wenn ein System ausfällt, übernimmt sofort ein anderes.

Neue Technologie gegen China-Spionage und russische Attacken: Thema liegt nicht nur bei Robert Habeck

Aktuell hat SpaceX ein Quasi-Monopol auf solche Kommunikationssysteme. „Wir müssen in Europa ein eigenes Multisatellitensystem haben. Von einem erratischen Milliardär wie Elon Musk abhängig zu sein, ist keine gute Idee“, findet Klaus Schilling und fordert: Die Bundesregierung müsse jetzt investieren: „Das Thema liegt nicht nur bei Robert Habecks Wirtschaftsministerium. Auch das Forschungsministerium und das Verkehrsministerium sind Adressaten.“

Es gebe neben den großen Industrieunternehmen genügend Start-Ups und mittelständische Unternehmen, die schnell und recht kostengünstig mit der Produktion loslegen könnten. „Die sind schneller, kreativer und risikofreudiger. Die hemdsärmeligen Ansätze, die wir bei dem Thema brauchen, passen nicht so gut zu Airbus und Co.“

Markt für weltraumgestützte Anwendungen wächst enorm: „Es geht um die Zukunftsfähigkeit Deutschlands“

Dabei geht es nach Expertenansicht nicht nur um Sicherheit, sondern auch um rein wirtschaftliche Faktoren. Der Markt für weltraumgestützte Anwendungen wird bis 2040 jährlich um 7,4 Prozent auf 1,25 Billionen Euro wachsen, heißt es in einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger und des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). „Es geht um die Zukunftsfähigkeit Deutschlands“, glaubt Schilling.

Allerdings: Je mehr Satelliten ins All geschossen werden, desto größer wird die Gefahr eines sogenannten Kessler-Syndroms. Gemeint ist eine Kettenreaktion, bei der immer mehr Objekte im Orbit zusammenprallen und so für ungeheure Mengen Weltraumschrott sorgen. „Wir brauchen Verkehrsregeln im All“, räumt Schilling ein. „Noch gelten dort die Regeln des Wilden Westens.“

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