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Sorge vor Hisbollah: Biden warnte Israel offenbar vor Zweifrontenkrieg
VonPatrick Peltz
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In der Biden-Administration herrschte Besorgnis über die unmittelbare Reaktion Israels auf den Angriff der Hamas.
Washington – Nach dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober gab es in der israelischen Regierung offenbar Bestrebungen, einen umfassenden Präventivschlag gegen die Hisbollah im Libanon zu führen. Wie US-Beamte der New York Times berichteten, war die Sorge in Regierungskreisen über die Folgen eines solchen Angriffs schon unmittelbar nach dem Hamas-Angriff am größten.
Doch auch während der Besuche von Präsident Joe Biden und Außenminister Anthony Blinken in Israel in den folgenden Tagen stand eine solche Option im Raum. In vertraulichen Gesprächen versuchten Biden und Blinken Benjamin Netanjahu und andere Mitglieder des israelischen Kriegskabinetts zu beschwichtigen und wiesen auf die möglichen Folgen eines Zweifrontenkrieges hin. Insbesondere der israelische Verteidigungsminister Joav Gallant soll jedoch anderer Meinung gewesen sein.
Israel-Krieg: USA hatten große Sorgen über Kriegspläne der Netanjahu-Regierung
Einem Bericht der New York Times zufolge gab es innerhalb der Biden-Administration große Besorgnis über die Kriegspläne Netanjahus und seiner Berater. Beamte des Weißen Hauses hätten zum ersten Mal ihre Besorgnis über die Möglichkeit einer Ausweitung des Krieges zum Ausdruck gebracht, als sie kurz nach den Hamas-Anschlägen vom 7. Oktober von einer Debatte unter israelischen Beamten über einen Präventivschlag gegen die Hisbollah und die Konzentration der Hauptkampfmaßnahmen des Landes auf diese Gruppe erfuhren.
In der internen israelischen Debatte habe Netanjahu eine gewisse Unterstützung für den Schlag zum Ausdruck gebracht, sagten israelische Beamte. Demnach hatten einige israelische Militärs einen Plan ausgearbeitet, der sich auf den Angriff auf die Hisbollah konzentrierte und den Vorwand einer Invasion des Gazastreifens als Deckmantel für einen größeren Angriff im Norden nutzte. Zur Enttäuschung von Gallant, einem ehemaligen Kommandeur der Spezialeinheiten der Marine und anderen Befürwortern des Plans, habe Netanjahu die Umsetzung des Plans zurückgestellt, sagten Beamte.
Angst vor Eskalation: Israel beriet über einen groß angelegten Präventivschlag auf die Hisbollah
Die Befürchtungen der USA bezüglich des zumindest angedachten Vorgehens sind vielschichtig. Einerseits wird befürchtet, dass die Hisbollah, eine mächtige libanesische schiitische Miliz, die vom Iran unterstützt wird, einen Generalangriff auf Israel aus dem Norden starten könnte. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel beschränken sich die Auseinandersetzungen zwischen der Hisbollah und Israel bislang auf gegenseitige Angriffe auf militärische Ziele. Damit bewegt sich die Konfrontation im Rahmen informell festgelegter Regeln. Diese wurden etabliert, um Fehlkalkulationen zwischen Israel und der Hisbollah in den Jahren nach dem 34-tägigen Krieg 2006 zu vermeiden. Ein Präventivschlag Israels, so die Befürchtung der USA, würde mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem umfassenden Krieg eskalieren.
Es gibt aber noch zwei weitere Möglichkeiten, die Anlass zur Sorge geben: Zum einen eine israelische Überreaktion auf die Raketenangriffe der Hisbollah, die zwar keine Aktion, wie sie sich Gallant vorstellt, ist, aber dennoch eine Eskalation nach sich zieht. Zum anderen eine sehr harte israelische Taktik bei einer erwarteten Bodenoffensive gegen die Hamas im Gazastreifen. Die USA befürchten, dass eine solche auch die Hisbollah dazu verleiten könnte, sich am Boden in den Kampf einzuschalten. In jedem Fall könnte ein Kriegseintritt der Hisbollah den Iran dazu veranlassen, in den Konflikt einzugreifen und ihn zu einem regionalen Konflikt zu machen. Momentan gehen US-Beamte allerdings davon aus, dass der Iran derzeit nicht in einen solchen Krieg verwickelt werden will.
Die USA halten einen Zweifrontenkrieg für Israel zudem für sehr riskant. Die CIA geht seit langem davon aus, dass Israel in einem Krieg sowohl gegen die Hisbollah als auch gegen die Hamas vor großen Herausforderungen stehen würde, sagten US-Beamte der Times. Jüngste Analysen aus Sicherheitskreisen weisen auf die tiefe Spaltung Israels wegen der von Netanjahu vorgeschlagenen Änderungen im Justizwesen hin, die die israelische Armee geschwächt hätten.
Der US-Außenminister hat deshalb nicht nur versucht, auf Israel einzuwirken. Über Katar, China und andere Länder haben die USA Botschaften an den Iran und die Hisbollah geschickt, in denen sie diese auffordern, sich aus dem Krieg mit der Hamas herauszuhalten. Das Pentagon hat zudem zwei Flugzeugträger ins östliche Mittelmeer entsandt und die Truppen in der Region zur Abschreckung verstärkt.
Vor dem Gaza-Krieg: Die Geschichte des Israel-Palästina-Konflikts in Bildern
Krieg in Israel: Schaffung einer „neuen Sicherheitsrealität“ als Ziel
Inzwischen hat Gallant in einer Rede vor Parlamentariern über die Kriegsziele Israels gesprochen. Ziel Israels im Kampf gegen die Hamas im Gazastreifen sei es, eine „neue Sicherheitsrealität“ für die Israelis zu schaffen. Dazu seien „drei Stufen“ vorgesehen. Die erste Stufe sei die „Militärkampagne“ mit Luftangriffen, gefolgt von „Manövern mit dem Ziel, die Terroristen und die Infrastruktur der Hamas zu neutralisieren“.
Die zweite Stufe bestehe aus „ Einsätzen niedriger Intensität „, um „ die letzten Widerstandsnester zu beseitigen „ und „ ein völlig anderes Sicherheitsterrain „ zu erreichen. Die dritte Phase werde „das Ende der Verantwortung Israels für das Schicksal des Gazastreifens und die Schaffung einer neuen Sicherheitsrealität für die Bürger Israels“ beinhalten, so Gallant. (PaPel)