Nach Hubschrauberabsturz

Iran sucht Raisis Nachfolger: Präsidenten-Tod stellt Chamenei vor große Probleme

  • Felix Busjaeger
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Nach dem Hubschrauberabsturz im Iran und dem Tod des Präsidenten steht das Land vor der Suche von Raisis Nachfolger. Es werfen sich aber noch weitere Fragen auf.

Teheran – Irans Präsident Ebrahim Raisi ist tot. Nach dem tödlichen Hubschrauberabsturz herrscht in der Islamischen Republik Staatstrauer, aktuell werden die Trauerfeierlichkeiten vorbereitet. In den kommenden Tagen wird Raisis Beerdigung im Fokus stehen, allerdings drängt sich derzeit viel mehr die Frage nach der Zukunft des Landes auf. Knapp 50 Tage nach dem Hubschrauberabsturz im nördlichen Iran soll Raisis Nachfolger gefunden sein. Gegenwärtig führt Vizepräsident Mohammad Mochber die Regierungsgeschäfte. Der künftige Präsident des Irans könnte maßgeblich entscheiden, in welche Richtung das Land steuern wird – zumindest theoretisch.

Präsident Raisis Tod nach Hubschrauberabsturz im Iran: Suche nach Nachfolger beginnt

Dem Tod Raisis ging eine schwierige Vermisstensuche voraus: Am vergangenen Sonntag, dem 19. Mai, war es zu einem Hubschrauberabsturz im Iran gekommen. Neben dem iranischen Präsidenten waren Außenminister Hussein Amirabdollahian und weitere Offizielle an Bord – auch sie kamen bei dem Unglück ums Leben. Die Hintergründe des Absturzes sind weiterhin unklar und es ist fraglich, wie umfänglich eine Aufarbeitung des mutmaßlichen Unfalls ausfallen wird. Zwischenzeitlich stand der Verdacht der Sabotage im Raum, Mutmaßungen brachten bereits ausländische Regierungen ins Spiel.

Ein undatiertes Bild, das vom Büro des iranischen Präsidenten zur Verfügung gestellt wurde, zeigt den iranischen Obersten Führer Ayatollah Ali Chamenei (l) und den iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi. Nun wird nach dessen Tod Raisis Nachfolger gesucht.

Im Iran haben derweil am Dienstag, dem 21. Mai, die Trauerfeierlichkeiten zur Beerdigung von Präsident Raisi begonnen. Tausende Regierungsanhänger strömten laut Staatsmedien am Dienstag zum Auftakt der Zeremonie in der nordwestlichen Metropole Tabris, um Abschied zu nehmen. Die eigentliche Beerdigung von Raisi soll am kommenden Donnerstag im schiitischen Zentrum seiner Heimatstadt Maschhad, dem Heiligtum von Imam Resa, stattfinden.

Präsident Raisis Beerdigung beginnt: Nachfolger könnte bereits im Juni bei Wahlen im Iran gewählt werden

Zwar steht aktuell Raisis Beendigung im Fokus, doch die Wahl eines Nachfolgers für das Amt des Präsidenten im Iran wird in der restlichen Welt genaustens verfolgt. Vermutet wurde bereits, dass es wenig Veränderungen bei der Außenpolitik des Iran geben wird: Raisi hatte seit seinem Amtsantritt eine erzkonservative Linie verfolgt und das Land international weiter isoliert. Als enger Vertrauter des Ajatollahs Ali Chamenei und als Hardliner galt Raisi zudem als potenzieller Nachfolger für das Amt des Obersten geistlichen Führers des Landes.

Wie unter anderem die Nachrichtenagentur Isna berichtet, könnte es bereits am 28. Juni Wahlen für das Amt von Raisis Nachfolger geben. Anders als in vielen Ländern ist der Präsident im Iran nicht das Staatsoberhaupt, sondern lediglich Regierungschef. Die eigentliche Macht konzentriert sich auf den Religionsführer, der in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat. Seit 1989 übt Ajatollah Ali Chamenei diese Funktion aus.

Irans Präsident ist tot: Raisis Nachfolger wird wohl Politik kaum verändern

Die Lage im Iran um Raisis Nachfolger wird derweil unter anderem von der Biden-Regierung in den USA genau beobachtet. Zwar wird laut Politico weiterhin davon ausgegangen, dass der Hubschrauberabsturz im Iran und der Tod von Raisi wenig bis gar nichts am politischen Status Quo des Landes verändern werden. Dennoch entsteht durch die mögliche gesellschaftliche Unruhe in dem Land das Potenzial für weitere Unruhen. Erwartet wird, dass Raisis Tod zu einer möglichen Nachfolgekrise im Iran führen könnte – die weit über das Amt des Präsidenten hinausgehen könnte.

Fest steht: Trotz Raisis Nachfolger bleibt Ali Chamenei die oberste Autorität des Iran. Nach Einschätzung von Politico ist daher nicht die Frage entscheidend, wer neuer Präsident des Iran wird, sondern wer potenziell dem Ajatollah nachfolgen wird. Raisi galt bisher als wichtigster Kandidat für das Amt, sein Tod bringt nun Unsicherheit bei der Nachfolge-Frage. Chameneis Sohn könnte eine wichtige Rolle übernehmen. Mit Blick auf den Nahen und Mittleren Osten erwartet die US-Regierung nun, dass der Iran in den kommenden Monaten womöglich ausschließlich mit seinen innenpolitischen Problemen beschäftigt sein wird – und sich weniger auf seine Regionalpolitik konzentrieren könnte.

Nach Hubschrauberabsturz im Iran: Nachfolger von Präsident Raisi wird wohl ebenfalls Hardliner sein

Dass Raisis Tod wenig an der internationalen Politik ändern wird, schreibt auch Al Jazeera. Das iranische politische Establishment habe eine weitgehend einheitliche Sicht auf die internationale Politik Irans, heißt es in einem Beitrag zum Hubschrauberabsturz im Iran und die Folgen für die Region. Dennoch schließt das Medium nicht aus, dass die Suche nach Raisis Nachfolger innenpolitisch für Veränderungen sorgen könnte. Allerdings würden sich mögliche Machtkämpfe um das Präsidentenamt im Iran nach dem Tod von Raisi ausschließlich auf konservative Hardliner beschränken. Vermutet wird allerdings, dass zunehmend Traditionalisten Raisis Tod nutzen könnten, um in Regierungsverantwortung zu gelangen.

Mit Blick auf die iranische Außenpolitik analysiert die britische Times, dass sich mutmaßlich unter Raisis Nachfolger auch die Rolle des Iran in der sogenannten „Achse des Widerstands“ nicht verändert wird. Zu diesem Komplex gehören unter anderem die Huthi-Rebellen, die Hamas und die Hisbollah. Alle Gruppen stehen seit vergangenen Oktober im direkten Konflikt mit Israel.

Kaum Veränderung bei Außenpolitik des Iran: Raisi-Nachfolger wird wohl aggresives Vorgehen fortsetzen

Für Raisi und Außenminister Amirabdollahian stellte die „Achse des Widerstands“ in den vergangenen Jahren ein Schlüsselelement der iranischen Bestrebungen in der Region dar. Sie finanzierten Hamas und Hisbollah und bewaffneten die Huthi-Rebellen für ihre Angriffe auf Frachtschiffe im Roten Meer. Die New York Times berichtet nach dem Hubschrauberabsturz im Iran und dem Tod Raisis unter Berufung auf amerikanische Regierungsbeamte, dass in Washington derweil mit einer Fortsetzung dieser Strategie gerechnet wird.

Es scheint demnach nicht im Interesse des Iran zu liegen, Spannungen in der Region zu beruhigen. Das zeigte zuletzt auch immer wieder Amirabdollahian im Zusammenhang mit dem Krieg in Israel und Gaza. Auch sein Interims-Nachfolger, Ali Bagheri Kani, gilt als ein Verfechter dieser Haltung. Dass er nun vorerst ernannt wurde, zeigt ebenfalls Chameneis Streben nach Kontinuität. Auch hochbetagt lenkt er weiter die Geschicke des Iran. Und auch ohne Raisi wird er seine Agenda fortführen – ein Nachfolger aus dem Lager der Hardliner würde da gelegen kommen. (fbu/dpa)

Rubriklistenbild: © Iranian Presidency/ZUMA Press Wire/dpa

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