Migration
So funktioniert die Bezahlkarte für Geflüchtete in Hessen – Diskriminierung befürchtet
VonCaspar Felix Hoffmannschließen
Auch in Hessen kommt die Bezahlkarte für Asylbewerber:innen. Wie die Karte funktionieren soll, und was Befürworter und Kritiker über das neue System sagen.
Wiesbaden – In Deutschland wird eine Bezahlkarte für Geflüchtete eingeführt. 14 Bundesländer haben sich auf das Projekt verständigt. Die Karte soll Asylbewerber:innen bargeldloses Einkaufen ermöglichen und den Verwaltungsaufwand verringern. Die Einführung wirft aber auch Fragen und Kontroversen auf.
Die Bezahlkarte funktioniert nach Angaben der Hessischen Staatskanzlei ähnlich wie eine herkömmliche EC-Karte und soll den Geflüchteten zumindest einen Teil ihrer Leistungen als Kartenguthaben zur Verfügung stellen. Die Karte wird ohne Kontobindung ausgegeben und ermöglicht das Bezahlen in Deutschland. Die Höhe der Leistungen, die noch bar ausgezahlt werden können, liegt im Ermessen der einzelnen Bundesländer. Weitere Funktionen können von den Ländern individuell festgelegt werden. Die technische Abwicklung ist jedoch bundeseinheitlich geregelt.
„Mit der Einführung der Bezahlkarte senken wir den Verwaltungsaufwand bei den Kommunen, unterbinden die Möglichkeit, Geld aus staatlicher Unterstützung in die Herkunftsländer zu überweisen, und bekämpfen dadurch die menschenverachtende Schlepperkriminalität“, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Regierungschef Boris Rhein (CDU), am Mittwoch (31. Januar) in Wiesbaden. Die Einführung einer solchen Karte sei ein wichtiger Schritt, um die Anreize für illegale Migration nach Deutschland zu verringern.
Hessen einigt sich mit anderen Bundesländern auf Bezahlkarte für Asylbewerber:innen
Der genaue Termin für die Einführung der Bezahlkarte steht noch nicht fest, soll aber nach Angaben der Hessischen Staatskanzlei bis zum Sommer dieses Jahres erfolgen. Derzeit läuft die Ausschreibung für einen Dienstleister. 14 der 16 Bundesländer, darunter Hessen, beteiligen sich an dem Projekt, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen eigene Wege.
Eine wichtige Einschränkung der Bezahlkarte ist, dass Überweisungen ins Ausland nicht möglich sein werden. Damit soll verhindert werden, dass Geflüchtete aus Deutschland Geld an Verwandte und Freunde in ihren Herkunftsländern schicken können. Diese Einschränkung dient auch dazu, den Anreiz zur Flucht aus finanziellen Gründen zu verringern und die Zahlungsmöglichkeiten von Schleusern einzuschränken.
Obwohl es grundsätzlich möglich ist, mit der Karte Bargeld abzuheben, wird ein Höchstbetrag für Bargeldabhebungen festgelegt, der derzeit noch diskutiert wird. Die Karte unterstützt jedoch keine Überweisungen von Karte zu Karte oder andere Überweisungen im In- oder Ausland.
Gemischte Reaktionen auf die Bezahlkarte für Asylbewerber:innen
Einige Landkreise in Deutschland haben bereits Modellversuche mit der Bezahlkarte für Geflüchtete gestartet, mit unterschiedlichen Details und Einschränkungen. In Bayern sollen die ersten Pilotprojekte im Frühjahr starten. Im Wartburgkreis in Thüringen soll die Geldkarte bereits ab dem 1. März genutzt werden, allerdings nur innerhalb des Landkreises.
Die Einführung der Bezahlkarte hat Befürworter und Kritiker. Der Berliner Senat und der Deutsche Städte- und Gemeindebund unterstützen die Pläne, da sie eine Reduzierung des Verwaltungsaufwandes und eine bessere Steuerung der Integration sehen. Kritik kommt dagegen von den Berliner Grünen, die in der Karte eine Stigmatisierung und eine Einschränkung der Selbstbestimmung der Geflüchteten sehen. Auch die Integrationsbeauftragte des Landes Brandenburg befürchtet Diskriminierung. Die Organisation Pro Asyl kritisiert die Karte ebenfalls und fordert uneingeschränkte Bargeldabhebungen und bargeldlosen Zahlungsverkehr für Geflüchtete sowie die Aufhebung der örtlichen Beschränkung.
Hessens Innenminister Poseck fordert härtere Gangart bei Abschiebungen
In Hessen ist unterdessen eine Debatte über den Umgang mit straffälligen Geflüchteten entbrannt. Der neue Innenminister Roman Poseck (CDU) sprach sich für eine härtere Gangart bei der Abschiebung straffälliger Ausländer aus. „Wir müssen im Umgang mit Straftätern bei Rückführungen robuster vorgehen“, sagte Poseck. Er betonte, dass Straftäter ihr Gastrecht verwirkt hätten, was in der Regel zur Abschiebung führen müsse.
Hessen schöpfe die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten zur Abschiebung von Straftätern bereits aus, auch wenn es Hindernisse wie fehlende Flugverbindungen oder Ansprechpartner in den Zielstaaten gebe. Diskutiert werden müsse auch, ab wann eine Straftat so schwerwiegend sei, dass eine Abschiebung in Kriegsländer in Betracht komme. (cas, dpa)
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