„Könnte ziemlich spektakulär werden“

Weltraumschrott über Deutschland: „Sehr schnelles, helles Objekt“ am Himmel gesichtet

  • Michelle Brey
    VonMichelle Brey
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Die Trümmerteile, die von der ISS auf die Erde stürzten, wurden über Deutschland gesehen. Auf Twitter kursiert ein Video.

Update vom 8. März 2024, 21.50 Uhr: Um 19.21 Uhr seien die Trümmerteile von Westend kommen in einer Höhe von 139 Kilometern über die Mitte Deutschland geflogen. Das teilte das Weltraumlagezentrum der Bundeswehr im niederrheinischen Uedem mit. Ein weiterer Überflug über Deutschland blieb aus. Stattdessen stürzte das ISS-Teil in den Atlantik.

„Sehr schnelles, helles Objekt“ am Himmel gesichtet: Weltraumschrott überfliegt Deutschland

Update vom 8. März 2024, 20.15 Uhr: Gegen 19.20 Uhr sollte der Überflug des Weltraumschrottes von Nordrhein-Westfalen in Richtung Cottbus zu sehen sein, wie Oberleutnant Alexander Richter zu Bild sagte. Bei guter Sicht sei es möglich, eine Leuchtspur am Himmel zu sehen. Tatsächlich berichteten auf Twitter einige User am Himmel etwas erkannt zu haben. So schrieb Wissenschaftler Dr. Marco Langbroeck aus den Niederlanden via Twitter, er habe ein „sehr schnelles, helles Objekt“ erkennen können. Eine andere Userin bestätigte ebenfalls ein „helles Objekt“ am Himmel über Deutschland erkannt zu haben. Videos sollen den Weltraumschrott sogar zeigen – über Deutschland und den Niederlanden. Die Echtheit kann nicht unabhängig geprüft werden.

Update vom 8. März 2024, 14.20 Uhr: Zu den Zeiten, zu denen der Weltraumschrott über Deutschland fliegt (s. Infobox weiter unten), kann man das Trümmerteil mit etwas Glück auch über Deutschland sehen, sagt der Leiter der Starkenburg-Sternwarte in Heppenheim, Rainer Kresken, gegenüber Merkur.de von IPPEN.MEDIA. Das Objekt fliege von Osten nach Westen. „Je früher der Überflug ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es überlebt“, so der Esa-Raumfahrtingenieur, schränkt aber gleich ein: „Auch der erste Überflug ist schon nach der wahrscheinlichsten Wiedereintrittszeit.“

Kann man das Stück Weltraumschrott jedoch sehen, „könnte es ziemlich spektakulär werden“, sagt Kresken. „Man könnte eventuell eine spektakuläre Feuerkugel sehen.“ Wann genau das Trümmerteil in die Erdatmosphäre eintritt, ist jedoch bisher weiterhin unklar – es ist aus mehreren Gründen äußerst schwierig, den Eintrittszeitpunkt und -ort von Weltraumschrott vorherzusagen.

Weltraumschrott: Aktuell könnte er überall auf die Erde stürzen

Erstmeldung vom 8. März 2024, 12.00 Uhr: München – Ein Stück Weltraumschrott, etwa so groß wie ein Auto, hält derzeit Teile Deutschlands in Atem. Es besteht eine – wenn auch sehr geringe – Wahrscheinlichkeit, dass ein Teil dieses Weltraumschrotts über Deutschland auf die Erde fällt. Der ausrangierte Batteriepack wurde bereits 2021 von der Internationalen Raumstation ISS abgeworfen und umkreist seitdem die Erde.

„Es ist sicher, dass es nicht vollständig verglühen wird, dazu ist es zu groß und zu dicht“, erklärt der Astrophysiker Jonathan McDowell auf Anfrage von Merkur.de. „Die Wahrscheinlichkeit, dass der Wiedereintritt über Deutschland erfolgt, liegt nur bei einem Prozent“.

Doch auch wenn die Trümmerteile von der ISS Deutschland sehr wahrscheinlich nicht treffen, könnten sie hierzulande zu sehen oder zu hören sein. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) warnte über die Apps Katwarn und NINA deshalb auch vor „Leuchterscheinungen oder der Wahrnehmung eines Überschallknalls“.

Im März 2021 hat der Roboterarm der Internationalen Raumstation ISS den Batterieblock im Weltall freigegeben. Im März 2024 wird er auf die Erde stürzen – der Weltraumschrott könnte auch Deutschland treffen. (Archivbild)

Trümmerteile von der ISS: Weltraumschrott könnte als „Sternschnuppen“ zu sehen sein

Der frühere Esa-Chef Jan Wörner hält die Gefahr durch den Weltraumschrott in Deutschland für gering. „Batterien brennen sehr gerne. Ich gehe davon aus, dass das Paket nahezu komplett in der Atmosphäre verglüht“, betont Wörner gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. „Vielleicht sieht man das Zerlegen ja als schöne Sternschnuppe.“

Die wichtigsten Fragen zum Weltraumschrott

Wo befindet sich der Weltraumschrott gerade? Eine Karte zeigt das ISS-Trümmerteil live.

Wer haftet, wenn Weltraumschrott mein Haus trifft? Für Trümmerteile aus dem Weltall ist die Haftung geklärt.

Welche Gefahr geht von Weltraumschrott für die Erde aus? Tatsächlich ist die Gefahr für die Raumfahrt größer als für die Erde.

Der Batterieblock werde nicht als kompaktes Einzelteil auf ein eng begrenztes Gebiet fallen, sondern sich in einer längeren Trümmerschleppe verteilen, erklärt der Leiter des Esa-Programms für Weltraumsicherheit, Holger Krag, auf tagesschau.de. Das sieht auch McDowell so: „Das Objekt wiegt etwa 2600 Kilogramm, von denen wahrscheinlich 500 bis 700 Kilogramm den Wiedereintritt in kleinen Stücken überleben werden.“ Diese Stücke würden dann „über einem langen Streifen von einigen hundert Kilometern entlang der Flugbahn“ auf die Erde stürzen, so der Experte.

Trümmerteile von der ISS: Sie könnten als Lichtspuren zu sehen sein

Mittels Radar können Fachleute feststellen, ob das Trümmerteil noch in der Erdumlaufbahn unterwegs ist. Es ist auch möglich, dass Lichtspuren am Himmel beobachtet und per Foto oder Video festgehalten werden. Tatsächlich ist es einem Satellitenbeobachter aus dem niederländischen Leiden am Donnerstagabend (7. März) bereits gelungen, den Weltraumschrott beim Überflug zu beobachten und zu filmen.

Der Batterieblock EP9 ist nicht der erste Weltraumschrott, der unkontrolliert zur Erde stürzt. Im Schnitt tritt etwa jede Woche ein Objekt in die Erdatmosphäre ein, das groß genug ist, um nicht komplett zu verglühen, sagt die Europäische Raumfahrtorganisation Esa auf Anfrage von Merkur.de. „Bislang wurden jedoch nur selten Trümmer gefunden, und Schäden sind rar“, heißt es weiter.

Weltraumschrott geht beinahe jeden Tag auf die Erde nieder

In mehr als 55 Jahren seien 166 Weltraumschrott-Teile mit einem Gesamtgewicht von etwa vier Tonnen auf der Erde gefunden worden. Explizit ausgeklammert werden dabei vier große Fälle, bei denen gezielte Suchen nach Weltraumschrott stattgefunden haben – beispielsweise der tragische Absturz des Space Shuttles „Columbia“ in den USA im Jahr 2003.

Wann der Weltraumschrott über welche Teile Deutschlands fliegt

17.51-17.52 Uhr: Eifelkreis – Gießen – Erfurt – Leipzig – Dresden – Görlitz – hier sind Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet im gefährdeten Korridor

19.22-19.23 Uhr: Ruhrgebiet – Nordhessen – Leipzig – Dresden – Görlitz – hier ist Kassel im gefährdeten Korridor

20.54-20.54 Uhr: Breisgau – Hochschwarzwald – Oberallgäu

Quelle: Überflugkarte des BBK

Bei einem Mediengespräch im Jahr 2023 sprach Tim Flohrer, Leiter der Esa-Abteilung für Weltraumrückstände, über die Gefahren durch Trümmerteile aus dem All: „Das Risiko am Boden ist durch Wiedereintritte sehr klein“, erklärte der Experte damals. „Bis heute ist niemand am Boden dadurch zu Schaden gekommen.“ (tab)

Rubriklistenbild: © Nasa/Imago Images

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