„Ideologisch aufgeladen“

„Ihr werdet mich Monster nennen“: Mütter erzählen, ob sie bereuen, Kinder bekommen zu haben

  • Jana Stäbener
    VonJana Stäbener
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„Wenn ich alles noch einmal machen könnte, würde ich ihn zur Adoption freigeben“, gesteht eine Mutter. Warum bereuen manche Frauen ihre Mutterschaft?

Will ich irgendwann Kinder? Die Frage stellen sich wohl viele Menschen. Sie sehen Videos von Müttern, die ihr altes Ich vor der Geburt der Kinder vermissen, sehen glückliche Eltern, aber auch abgekämpfte, denen die Elternschaft sehr viel abverlangt. Bereue ich es irgendwann Kinder bekommen zu haben? Auf der Frageplattform Quora geben Mütter ihre Antwort.

Einige erzählen, dass sie nie Kinder wollten, ein Kind zu bekommen, sich im Nachhinein jedoch als die beste Entscheidung herausgestellt habe. Anjali L. schreibt: „Ich hatte eine schlimme Kindheit und aus irgendeinem Grund wollte ich deshalb nichts mit Kindern zu tun haben“. Ihr Mann habe jedoch Kinder gewollt. Trotz einer schmerzhaften Geburt seien die „Tage danach eine Offenbarung“ gewesen. „Mein Sohn ist ein wunderbarer kleiner Junge, der mich verändert hat.“ Sie habe sich sogar noch mehr in ihren Mann verliebt, als sie sah, was für ein liebevoller Vater er sei.

Bereue ich irgendwann Kinder bekommen zu haben? Ein paar Mütter beantworten diese Frage schonungslos ehrlich. (Symbolbild)

Auch Amanda B., die während ihres ersten Semesters am College schwanger wurde, sagt: „So klischeehaft es klingt, meine Tochter ist das Beste, was mir je passiert ist.“ Und das, obwohl sie damals sogar „verzweifelt gehofft“ hatte, die Schwangerschaft würde von selbst enden. „Ich betete acht Monate lang um eine Fehlgeburt“, schreibt sie. „Ihr werdet mich ein Monster nennen. Das ist mir egal.“

„Wenn ich alles noch einmal machen könnte, würde ich meinen Sohn zur Adoption freigeben“

Manche Frauen sagen, dass sie ihre Mutterschaft bereuen. „Ich liebe meinen Sohn. Er ist in vielerlei Hinsicht das Beste, was mir je passiert ist“, schreibt eine Mutter. „Aber ich habe mich noch nie so hoffnungslos, erschöpft und ausgelaugt gefühlt. Wenn ich alles noch einmal machen könnte, würde ich ihn zur Adoption freigeben.“

Sie sei alleinstehend und deswegen während der Schwangerschaft (die „schrecklich war“) und auch jetzt alleine. „Ich habe zwei Pausen im Monat (jeweils ein paar Stunden). Ansonsten liegt die ganze Verantwortung bei mir“, sagt die Mutter. Sie könne sich keine Kinderbetreuung leisten, passe also die meiste Zeit auf ihr mittlerweile fünf Monate altes Kind auf, während sie von zu Hause aus arbeite. „Es ist so schwer, beides zu tun. Ich habe das Gefühl, dass ich bei allem versage.“ 

Wenn die Umstände anders wären, würde sie sich vielleicht anders fühlen, schreibt sie. Wenn ich einen unterstützenden Partner hätte, eine gute Kindertagesstätte, anständige Pausen und Zeit für mich selbst. „Es ist nicht mein Sohn, den ich bereue. Ich bereue diese Umstände, in die ich mich gebracht habe.“

„Wenn ich alles noch einmal machen könnte, würde ich meinen Sohn zur Adoption freigeben“, gesteht eine frischgebackene Mutter. (Symbolbild)

Warum „Regretting Motherhood“ ein „Erfolg für die Frauenbewegung“ ist

Ingrid Jungwirth ist Professorin für Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt Diversität und Inklusion an der Hochschule Rhein-Waal und forscht zur Vorstellung von Mutterschaft in verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Das Bereuen der Mutterschaft, also „Regretting Motherhood“, sei insofern ein westliches Phänomen, als dass die hier vorherrschende ideologisch aufgeladene Mutterrolle ablehnt werde, sagt sie BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA.

Während es für Mütter in vielen nicht-westlichen Ländern wichtig ist, ihren Kindern vor allem finanzielle Sicherheit zu geben, und Erziehung dort die Aufgabe eines ganzen Dorfes und nicht hauptsächlich auf die Mutter beschränkt sei, fühle es sich für „weiße Mütter aus der Mittelschicht moralisch richtig an, zu Hause zu bleiben und nur Mutter zu sein“. Jungwirth spricht von einer sogenannten „Häuslichkeitsideologie“, der auch heute wieder junge Frauen als Trad-Wives auf TikTok nachgeben. „Dass Frauen dieses Modell von Mütterlichkeit infrage stellen, ist ein Erfolg für die Frauenbewegung“, sagt sie.

Rubriklistenbild: © Addictive Stock/IMAGO

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