Europäische Raumfahrt

Letzte Ariane-5-Rakete gestartet – Europa verliert eigenen Zugang zum Weltall

  • Tanja Banner
    VonTanja Banner
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Der erfolgreiche Start der europäischen Trägerrakete „Ariane 5“ beendet eine Ära – und hinterlässt eine große Lücke in der europäischen Raumfahrt.

Kourou – Ein Stück europäische Raumfahrtgeschichte ist zu Ende gegangen. Die letzte Trägerrakete vom Typ „Ariane 5“ hat in der Nacht zum Donnerstag (6. Juli) vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana den deutschen Telekommunikationssatelliten „Heinrich Hertz“ und den französischen Militärsatelliten „Syracuse 4B“ ins Weltall befördert. Beide Satelliten setzte die Rakete problemlos in der Erdumlaufbahn aus. Seit dem fehlgeschlagenen Jungfernflug im Jahr 1996 ist die „Ariane 5“ insgesamt 117 Mal ins Weltall gestartet, die europäische Raumfahrtorganisation Esa weist für die Trägerrakete eine Erfolgsrate von 96 Prozent aus.

Der gelungene letzte Flug der „Ariane 5“ ist für die europäische Raumfahrt ein Grund zu Jubeln – aber auch ein bitterer Moment: Mit dem Start der letzten „Ariane 5“ verliert Europa vorübergehend die Möglichkeit, große Satelliten selbst ins Weltall zu befördern. Geplant war das eigentlich anders: Die Nachfolger-Rakete, „Ariane 6“, sollte eigentlich bereits seit drei Jahren ins Weltall fliegen, doch der Jungfernflug lässt weiter auf sich warten. Die Esa peilt den ersten Start der neuen Rakete derzeit für Ende des Jahres an.

Letzte Trägerrakete „Ariane 5“ gestartet: Europa hat keinen Zugang zum Weltall mehr

Für die europäische Raumfahrt bedeutet das, dass es momentan faktisch keinen eigenständigen Zugang zum Weltall gibt. Zwar gibt es noch die neue „Vega C“-Rakete, die leichte Satelliten ins All bringen kann. Allerdings hatte die Rakete bei ihrem ersten kommerziellen Flug im Dezember 2022 einen Fehlstart hingelegt hatte und muss nun erst einmal am Boden bleiben. „Ab Mitte dieses Jahres haben wir keinen garantierten Zugang Europas zum All mit europäischen Trägerraketen und das ist für uns alle ein riesiges Problem“, hatte Esa-Chef Josef Aschbacher damals betont. Wann die „Vega C“-Rakete wieder starten soll, steht noch nicht fest. Es wird aber mit einem Start im Jahr 2023 gerechnet.

Die Ariane-5-Trägerrakete war Weltmarktführer für den Transport von Telekommunikationssatelliten. Sie beförderte unter anderem das „James Webb“-Weltraumteleskop ins Weltall, die „BepiColombo“-Sonde der Esa in Richtung Merkur und „Rosetta“ zu einem Kometen. Zuletzt brachte eine „Ariane 5“ die Esa-Sonde „Juice“ auf ihren Weg zum Jupiter. Auch die „Galileo“-Satelliten brachte die europäische Trägerrakete in die Erdumlaufbahn. Letztere ermöglichten Europas Unabhängigkeit im Bereich der Navigation vom US-amerikanischen GPS-System.

Der letzte Start einer „Ariane 5“-Trägerrakete vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou.

Trägerrakete „Ariane 5“ kann mit SpaceX-Konkurrenz nicht mithalten

Weil die „Ariane 5“ preislich nicht mit der Konkurrenz – namentlich der teilweise wiederverwendbaren „Falcon 9“-Rakete von SpaceX – mithalten konnte, sollte die „Ariane 6“ entwickelt werden. Da sich deren Start immer wieder verschiebt, wird Europas Raumfahrtbranche quasi in die Hände von SpaceX getrieben. Zuletzt brachte SpaceX die Esa-Mission „Euclid“ ins Weltall, geplant ist auch, dass das Raumfahrtunternehmen von Elon Musk die Asteroidenmission „Hera“ 2024 befördern wird.

„SpaceX hat unbestreitbar den Trägermarkt, wie wir ihn kennen, verändert“, schrieb Esa-Chef Aschenbacher im Mai. „Mit der verlässlichen Zuverlässigkeit der Falcon 9 und den fesselnden Aussichten von Starship definiert SpaceX den Zugang der Welt zum Weltraum völlig neu und verschiebt die Grenzen des Möglichen immer weiter.“ Europa dagegen befinde sich in einer „akuten Trägerkrise, mit einer Lücke im eigenen Zugang zum Weltraum und ohne wirkliche Vision für Trägerraketen nach 2030.“ (tab/dpa)

Rubriklistenbild: © dpa/AFP/Jody Amiet

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