Empathie und Grenzen

Zwischen bedürfnisorientiert und autoritär: So funktioniert der Erziehungsansatz Sturdy Parenting

  • Carina Blumenroth
    VonCarina Blumenroth
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Es gibt viele Erziehungsstile – wer sich zwischen bedürfnisorientiert und autoritär einordnet, könnte bei Sturdy Parenting landen.

Mit der Geburt des eigenen Kindes beginnt für Eltern ein komplett neuer Lebensabschnitt – mit neuen Ängsten, neuer Freude und ganz viel Liebe. Gleichzeitig gibt es auch viele Situationen, die herausfordernd sein können und Fragen aufwerfen. Beispielsweise, mit welchem Erziehungsstil man das Kind begleiten will. Jede Generation beziehungsweise ganz individuell alle Eltern haben andere Schwerpunkte. Die Amerikanerin Becky Kennedy ist Psychotherapeutin für Erwachsene und wurde in der amerikanischen Presse bereits als „Elternflüsterin der Millennials“ bezeichnet. Sie hat den Begriff Sturdy Parenting geprägt.

Was verbirgt sich hinter Sturdy Parenting als Erziehungsstil?

Sturdy Patenting bedeutet, empathisch die eigenen Grenzen durchsetzen.

Übersetzen kann man Sturdy Parenting wohl am ehesten mit „stabile Elternschaft“. Im Kern geht es bei dem Erziehungsstil um eine gute Bindung und konkrete Grenzen. Das bedeutet für Kennedy, die Gefühle der Kinder anzuerkennen und empathisch zu reagieren. Bei Forbes.com gibt sie folgendes Beispiel dazu: „Hey, hör mal, es ist schwer den Fernseher auszuschalten, ich verstehe das. Du kannst den Fernseher jetzt ausschalten. Oder wenn du das noch nicht getan hast, wenn ich zu dir komme, dann nehme ich dir die Fernbedienung aus der Hand und schalte ihn aus.“ Damit würden Eltern eine Grenze setzen, dem Kind gleichzeitig vermitteln, dass dessen Gefühle anerkannt werden, aber dennoch die festgelegten Grenzen gelten.

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Ständig im Spagat zwischen den eigenen Gefühlen und denen des Kindes – das können die Herausforderung einer bedürfnisorientierten Erziehung sein.

Sturdy Parenting: Kurzfristige Ziele und langfristiges Selbstvertrauen

Sturdy Parenting legt gleichermaßen Wert auf kurzfristige Ziele wie Kooperation und Langzeitnutzen wie Selbstvertrauen und Resilienz.

Becky Kennedy, laut Leben-und-Erziehen.de

Wichtig dabei ist es, dass keine Belohnungen oder Bestrafungen zur Erziehung eingesetzt werden, sondern Grenzen empathisch kommuniziert und durchgesetzt werden. Kennedy verfolgt dabei den Ansatz, dass Kinder im Kern gut sind, jedoch manchmal eine harte Zeit haben. Die Herausforderung für Eltern sei es, das Kind durch diese Phasen zu begleiten, wie sie auf ihrem Instagram-Account @drbeckyatgoodinside verrät:

Bestenfalls versteht das Kind, dass es bedingungslos geliebt wird – auch, wenn die Zeit gerade schwer ist. Das stärke den Selbstwert des Kindes auf lange Sicht.

Die Ohrfeige war bis in die 80er verbreitet: Wie sich die Erziehung verändert hat

Schulklasse, die gemeinsam etwas erarbeitet.
Stillsitzen – das wurde früher noch regelmäßig in der Schule gefordert. Beim Kirchenbesuch oder den Großeltern lief es ähnlich ab. Hibbeln oder wippeln, immer etwas in den Händen zu haben war selten irgendwo gern gesehen. Heute ist das anders. Studien zeigen, dass Bewegung zwischendurch das Lernen unterstützt und auch insgesamt sind sich Experten einig: Mehr Bewegung, auch über die Schule hinaus, wäre wünschenswert. Das bedeutet aber nicht, dass Kinder in der Kirche oder einem feinen Restaurant umherrennen sollten – das wann und wo ist auch heute noch wichtig. (Symbolbild) © Wavebreak Media Ltd/Imago
Ein Kind balanciert auf einem Stamm am Meer.
Balancieren, auf einem Bein stehen, rückwärts gehen – bei Vorschuluntersuchungen fällt immer wieder auf, dass Fünfjährige immer öfter Probleme bei diesen Aufgaben haben. Besonders in größeren Städten sind bis zu 40 Prozent der Kinder motorisch etwas unterentwickelt. In der Grundschule selbst werden Seil- oder Stangenklettern im Sportunterricht seltener, weil immer weniger Kinder dies können. Aber das ist in der Regel kein Grund zur Besorgnis, denn in dem Alter kann viel aufgeholt werden. (Symbolbild) © Cavan Images/Imago
Ein Kind bindet seinen Schuh mit einer Schleife.
Wissen Sie noch, wie alt Sie waren, als Sie das Schleife binden lernten? Vor gut 20 Jahren wetteiferte man im Kindergarten darum, wer das noch vor der Einschulung fertigbringt. Heute kann sich gerade mal die Hälfte der Vier- bis Fünfjährigen ohne Hilfe anziehen, inklusive Schuhe binden. Einige Grundschulen haben darauf reagiert – und verbieten Schnürsenkel. Die Lehrenden haben einfach Besseres zu tun, als den ganzen Tag Schleifen an Kinderschuhen zu binden. (Symbolbild) © eyevisto/Imago
Ein Junge wäscht ab.
Wussten Sie, dass nur 23,5 Prozent der Haushalte 1983 Spülmaschinen besaßen? Heute sind es knapp 72 Prozent. Es ist daher kaum verwunderlich, dass Kinder heute nicht mehr überall beim Abwasch helfen müssen. Auch beim Staubsaugen wird immer weniger Unterstützung gefordert, schließlich gibt es in immer mehr Familien Saugroboter. Trotzdem: Kinder können – und sollen – durchaus im Haushalt helfen. Das steht sogar im Gesetz (§ 1619 BGB). In welchem Maße bleibt natürlich den Eltern überlassen, aber häufig sind Hilfe beim Tischdecken/-abräumen oder das Einräumen der Spülmaschine üblich, auch für Kinder ab drei Jahren. (Symbolbild) © Valentina Barreto/Imago
Junge versteckt sich ängstlich unter einem Tisch.
Prügel, Schläge, Angst – früher war der Rohstock im Klassenzimmer weit verbreitet. In der DDR wurde er (und damit die Prügelstrafe) 1949 aus der Schule verbannt. Langsam folgte auch der Rest Deutschlands, in Teilen von Bayern wurde aber bis Anfang der 1980er Jahre immer noch auf diese Art durchgegriffen. Und erst seit 2000 gilt, laut Gesetz, endlich auch zu Hause: „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“ (§ 1631 BGB, Abs. 2) (Symbolbild) © Vasily Pindyurin/Imago
Ein Kind versteckt sich, es sind nur die Augen und die Mütze zu sehen.
„Gib‘ der Tante mal die Hand, Kind“ – der Spruch klingt nicht nur verstaubt, er ist es zum Glück auch. Da heute mehr auf die Kinder und ihre Bedürfnisse eingegangen wird, muss keiner mehr irgendwem die Hand oder ein Küsschen geben, wenn er oder sie das nicht möchte. Eine Wohltat, vor allem für schüchterne Sprösslinge. (Symbolbild) © Pawel Opaska/Imago
Junge allein im winterlichen Wald.
Mittagessen für die Geschwister machen, alleine zu Hause oder draußen sein: Viele Kinder mussten vor einigen Jahrzehnten diese Erfahrungen früh machen. Auch, wenn sie dafür vielleicht noch zu jung und von der Verantwortung überfordert waren. Heute haben Eltern mehr Zeit für ihre Kinder oder sorgen für entsprechende Betreuung und das Alleinsein kommt vergleichsweise spät. Das ist auf der einen Seite sehr löblich und gut, passierten doch früher auch oft Unfälle. Aber ein bisschen traurig ist es auf der anderen Seite auch, denn manchmal birgt ein kleiner Waldabschnitt viel mehr Möglichkeiten für Fantasie und Abenteuer als der moderne Spielplatz um die Ecke. (Symbolbild) © Frank van Delft/Imago

Gut gemeint, aber schlecht für die Entwicklung? Manchmal rutschen Eltern unbewusst in die Schneepflug-Erziehung. Unter anderem die Smartphone-Nutzung kann das begünstigen.

Wie Eltern Sturdy Parenting in der Familie etablieren können

Das Portal Genialetricks.de gibt Hilfestellungen, wie Eltern sich dem Erziehungsstil annähern können:

  • Gefühle des Kindes ernst nehmen, aber dennoch klare Grenzen ziehen.
  • Selbstreflexion: Eltern sollten sich hinterfragen, was in der eigenen Erziehung funktioniert hat und was nicht. Wichtig ist es auch, dass Eltern sich um sich selbst kümmern, damit sie „stabile Wegweiser“ für das Kind sein können.

Erziehungsstile gibt es viele verschiedene – als Eltern sollte man danach gehen, was für das Kind und die Familie am besten funktioniert. So kann es beispielsweise sein, dass man den eigenen Stil findet, der aus Bausteinen verschiedener Konzepte besteht.

Rubriklistenbild: © Westend61/ IMAGO