Nicht nur finanzielle Vorteile
Später in Rente gehen macht glücklich: Darum sind Rentner oft unzufrieden
- VonKatharina Bewsschließen
Immer mehr Deutsche arbeiten trotz Rentenalter weiter. Eine neue Studie zeigt: Dies kann nicht nur finanziell vorteilhaft sein, sondern auch die Lebenszufriedenheit steigern.
Freiburg - Immer mehr Deutsche sind trotz Rentenalter noch erwerbstätig. Im Jahr 2022 waren das knapp 20 Prozent der 65- bis 69-Jährigen, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das macht doppelt so viele wie zehn Jahre zuvor. Diesen Trend will die Bundesregierung weiter fördern durch Maßnahmen wie die Rentenaufschubprämie – bei der ein späterer Renteneintritt von bereits einem Jahr durch eine Geldprämie belohnt wird. Damit soll vor allem die deutsche Wirtschaft gestärkt werden, die aktuell mit dem Fachkräftemangel und zunehmend dem demografischen Wandel zu kämpfen hat.
Aber nicht nur für die deutsche Wirtschaft kann ein späterer Renteneinstieg entscheidend sein. Eine neue Studie hat nun gezeigt: Wer den Ruhestand hinauszögert und länger arbeitet, hat eine signifikant höhere Zufriedenheit.
Nicht nur finanzielle Vorteile für die Rente – Zufriedenheit kann höher ausfallen bei späterem Renteneintritt
Erwerbstätige, die ihren Rentenbeginn hinauszögern, können von zahlreichen finanziellen Vorteilen profitieren. Laut der Deutschen Rentenversicherung erhalten sie monatlich 0,5 Prozent Zuschlag, was einem Anstieg von sechs Prozent pro Jahr entspricht. Ab 2027 greift die Rentenprämie, die als finanzielle Belohnung für Menschen gedacht ist, die ihren Renteneintritt verzögern. Die Einmalzahlung entspricht der Summe der Rentenzahlungen, die während des Aufschubs entgangen sind und wird bei Renteneintritt bezahlt.
Eine Studie hat nun gezeigt, dass ein späterer Renteneintritt nicht nur finanziell vorteilhaft sein kann. Auch die Zufriedenheit in den ersten Jahren nach dem eigentlichen Rentenbeginn ist bei Rentnern, die weiter arbeiten, deutlich höher als bei jenen, die nicht erwerbstätig sind. Zu diesem Ergebnis kommt eine Glücksforschung des Instituts für Finanzwissenschaft und Sozialpolitik der Universität Freiburg im Auftrag der Süddeutschen Klassenlotterie (SKL), die der WELT exklusiv vorlag.
Ein Jahr nach Beginn der Rente sind Rentner am unzufriedensten
„Der durchschnittliche Neurentner erleidet mit Renteneintritt einen signifikanten Verlust von Lebenszufriedenheit und fällt zunächst einmal in ein dreijähriges Loch“, erklären die Forscher in der Studie. Auf einer Skala von 0 bis 10 sollten Personen, die in den Jahren 2010 bis 2020 in die Rente gegangen sind, ihre Lebenszufriedenheit in der Umfrage einschätzen. Dabei wurden nur Personen miteinbezogen, die vor Rentenbeginn einem Beruf nachgegangen sind. Die Daten dafür wurden dem „Sozio-oekonomischen Panels“ des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) entnommen.
Die Studie hat gezeigt, dass Personen, die nach dem Rentenbeginn weiter einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sind, bereits um einen Viertel-Punkt zufriedener waren als nicht erwerbstätige Personen. Im ersten Jahr nach Rentenbeginn unterscheidet sich die Zufriedenheit um 0,52 Punkte, drei Jahre später sind es sogar 0,53 Punkte. Erst nach vier Jahren wird die Differenz wieder kleiner, mit 0,18 Punkten, und nähert sich im Laufe der Jahre zunehmend an. Am zufriedensten waren die Personen mit Erwerbstätigkeit drei Jahre nach dem eigentlichen Rentenbeginn, mit 7,49 Zufriedenheitspunkten. Bei Rentnern ohne Arbeit lag das Zufriedenheitsminimum nach Jahr eins bei 6,91 Punkten.
Darum sind Erwerbstätige trotz späterer Rente zufriedener
Das Zufriedenheitstief vieler Rentner nach einem Jahr erklären die Forscher mit der sogenannten Abklingzeit der „Honeymoon-Phase“. Zu Beginn der Rente genießen viele die freie Zeit und deren Vorzüge, doch bereits innerhalb des ersten Jahres sinkt die Zufriedenheit. Dies gilt besonders, wenn der Renteneintritt unfreiwillig erfolgt. Zum einen wird das Geld knapper, was es schwieriger macht, den gewohnten Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Zum anderen gehört eine gewisse Eingewöhnungsphase dazu, in der man sich an die neuen Umstände anpassen muss.
Der stufenweise Renteneintritt ist laut den Forschern daher besser für die Zufriedenheit, da durch die weitere Arbeit im Durchschnitt nur ein Verlust von etwa zehn Prozent entsteht. Außerdem bleiben soziale Kontakte bestehen, und die Umstellungsphase fällt weniger drastisch aus.
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