Top-Ökonom Fuest, Finanzminister Lindner und Grünen-Politikerin diskutieren über den Sozialstaat und Bundeswehretat
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Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo macht eine klare Ansage an Lang und Lindner, wenn es um die gleichzeitige Finanzierung für Waffen und den Sozialstaat geht.

„Schlaraffenland“

„Kanonen und Butter“: Ifo-Chef hält Kürzungen bei Sozialleistungen für unausweichlich

  • Mark Stoffers
    VonMark Stoffers
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Bei „Maybrit Illner“ geht der Ifo-Präsident von einem schmaleren Sozialstaat aus. An Einsparungen führt bei der Bundeswehr-Finanzierung kein Weg vorbei.

Berlin – Die Ampel-Koalition will Deutschland kriegstüchtig machen. Aber wie soll das Geld aufgebracht werden? Denn wer die Verteidigungsausgaben verdoppeln und gleichzeitig die Schuldenbremse einhalten will, muss an anderer Stelle sparen. Der größte Posten im Bundeshaushalt ist der Sozialetat, der fast 40 Prozent der Staatsausgaben ausmacht. Der größte Einzelposten darin ist die Rentenversicherung, für die die Bundesregierung 2024 127,3 Milliarden Euro eingeplant hat. Weitere 47 Milliarden Euro sind für Sozialleistungen vorgesehen.

Kürzungen bei Sozialleistungen und Rente stehen im Raum – Bundeswehretat soll deutlich erhöht werden

Bundeskanzler Olaf Scholz ließ bereits auf der Münchner Sicherheitskonferenz mit Aussagen aufhorchen, die eine erneute Debatte um mögliche Kürzungen bei der Rente und den Sozialausgaben auslöste. Der Kanzler versprach, dass Deutschland die Verteidigungsausgaben langfristig erhöhen werde. „Deutschland investiert dieses Jahr und auch in den kommenden Jahren, in den Zwanziger-, den Dreißigerjahren und darüber hinaus, zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung“, so Scholz auf der Konferenz.

Er fügte hinzu: „Mein Ziel ist es, dass wir nach dem Auslaufen des Sondervermögens die Ausgaben für die Bundeswehr aus dem allgemeinen Haushalt finanzieren“. Laut Berechnungen des Spiegels würde dies 2028 Ausgaben von fast 108 Milliarden Euro bedeuten, während der aktuelle Verteidigungsetat des Bundes sich auf 52 Milliarden Euro beläuft.

Kürzungen der Sozialleistungen: Finanzminister fordert Moratorium für Subventionen

Aber woher soll das Geld für höhere Verteidigungsausgaben kommen? Aus den Töpfen für Sozialabgaben und der Rente? Finanzminister Christian Lindner (FDP) verlangt nun ein mehrjähriges Moratorium bei Sozialausgaben und Subventionen, um so den angestrebten Verteidigungsetat stemmen zu können.

„Mir geht es nicht darum, dass wir jetzt Dinge abschaffen müssen. Darüber kann man auch diskutieren. Aber das Wichtigste ist, dass nicht immer neue Subventionen, neue Sozialausgaben, neue Standards dazukommen“, sagte der FDP-Chef am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. Davon gebe es schon relativ viel. „Wenn es uns gelänge, mal drei Jahre mit dem auszukommen, was wir haben, dann wäre das ein ganz großer Schritt zur Konsolidierung.“

Ifo-Chef über Debatte zu möglichen Kürzungen bei Sozialleistungen: „Das ist Schlaraffenland“

Auch die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sagte, Deutschland müsse mehr Geld investieren, um die Ukraine zu unterstützen und um zu helfen, Europa bei der Verteidigung unabhängiger von den USA zu machen. Aber: „Wir dürfen die Sicherheit nach außen nicht gegen soziale Sicherheit im Land ausspielen.“ Es werde nicht gelingen, diese Aufgaben aus dem laufenden Haushalt zu finanzieren. „Dafür müssen wir andere Möglichkeiten finden.“

Paroli für die Aussagen gab es von einem Top-Ökonomen in Deutschland. Clemens Fuest, der Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo, macht eine klare Ansage an Lang und Lindner. Er gehe seinerseits davon aus, dass auch an Kürzungen im Sozialbereich kein Weg vorbeiführen werde. Seine Aussage schließt auch unweigerlich die Rente mit ein. „Kanonen und Butter – das wäre schön, wenn das ginge. Aber das ist Schlaraffenland. Das geht nicht. Sondern Kanonen ohne Butter“, sagt Fuest, der ebenfalls der Überzeugung ist, dass sich Mehrarbeit in Deutschland nicht ausreichend lohnt. Allerdings erteilte er einer befürchteten Abschaffung des Sozialstaates eine Absage. Dieser werde seiner Ansicht nach weiter finanziert. „Aber er wird halt kleiner ausfallen.“