Apple-Chef Tim Cook feiert in Mumbai die Eröffnung eins von zwei ersten Apple-Stores in Indien
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Party mit Selfies: Apple-Chef Tim Cook feiert in Mumbai die Eröffnung eines von zwei Apple-Stores in Indien.

Analyse

Gegen wachsendes Risiko für Lieferkette: Apples neue iPhone-Fabriken sind nicht in China – sondern in Indien

  • Christiane Kühl
    VonChristiane Kühl
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Apple lässt neue Fabriken für sein iPhone derzeit vor allem in Indien bauen. So will der US-Konzern die übergroße Abhängigkeit von China reduzieren. Auch den Verkauf will Apple dort endlich ankurbeln.

China ist der drittgrößte Absatzmarkt für Apple. Das Geschäft dort läuft besser als im Rest der Welt – auch wenn ein angebliches Verbot des iPhone-Gebrauchs in staatlichen Arbeitsstellen dort gerade für Ärger sorgte. China betont, es gebe dieses Verbot nicht. Apple verkauft jedenfalls nur gut in China, das Unternehmen produziert auch praktisch alles dort: Noch 2021 waren rund 98 Prozent seiner Produkte „Made in China“. Doch nun geht Apple zunehmend auf Abstand: Angesichts der eskalierenden Spannungen zwischen Washington und Peking sucht der Konzern nach Möglichkeiten, die immense Abhängigkeit seiner Lieferkette von China zu verringern. Auch haben mehrere iPhone-Fabriken 2022 sehr unter den Lockdowns im Zuge der chinesischen Null-Covid-Politik gelitten.

Apple gehört damit zu den ersten globalen Firmen, die die viel beschworene Idee des „De-Risking“ in die Tat umsetzen. Zielland ist vor allem Indien. Das Land ist unter Premierminister Narendra Modi bestrebt, sich zu einem Produktionszentrum zu entwickeln. Im Geschäftsjahr 2022 ließ Apple bereits iPhones im Wert von mehr als 7 Milliarden Dollar in Indien herstellen und hat damit die Produktion dort gegenüber 2021 verdreifacht. Inzwischen entstehen fast sieben Prozent der iPhones in Indien, gefertigt von Partnern wie den taiwanischen Unternehmen Foxconn Technology und Pegatron, wie Bloomberg im April berichtete.

Apple will Wachstum durch neue Fabriken vor allem in Indien

Bisher geht es Apple nicht um den Abriss der China-Firmen, sondern um neue Standorte. Apple-Lizenzfertiger Foxconn baut derzeit zwei Fabriken in den südindischen Bundesstaaten Telangana und Karnataka. Es werden Foxconns Produktionsstandorte Nummer zwei und drei in Indien. Seit 2019 produziert das Unternehmen bereits Smartphones im südlichen Staat Tamil Nadu, darunter das iPhone 14. In Kürze soll dort auch die Produktion des brandneuen iPhone 15 starten – und damit nur ein paar Wochen später als in den chinesischen Fabriken. Beim iPhone 14 war Indien noch über ein halbes Jahr später in die Produktion eingestiegen als die Volksrepublik.

Auch Pegatron fertigt seit 2022 iPhones in Tamil Nadu und wird laut Bloomberg demnächst auch das iPhone 15 produzieren – ebenso wie der dritte Apple-Zulieferer in Indien, Wistron, der zur indischen Tata-Gruppe gehört. Reuters berichtete zudem vor ein paar Monaten, dass Apple mit Pegatron über einen zweiten Indien-Standort verhandele. Derzeit ist Indien einer der am schnellsten wachsenden Märkte für Smartphones. Apple schaut daher zunehmend auf das Land auch als Absatzmarkt, eröffnete im April dort seine ersten beiden Läden, in Mumbai und Neu-Delhi.

Indien: Boomender Smartphone-Markt und künftiger Produktionsstandort internationaler Firmen

Indien stand lange im Schatten Chinas. Ein rasanter Boom ließ die Volksrepublik seit den 1990er-Jahren zur „Fabrik der Welt“ für alles vom T-Shirt bis zum Hightech-Produkt aufsteigen. Der Westen pries Indien derweil zwar als „größte Demokratie der Welt“; Geschäfte aber machten die Unternehmen lieber mit dem kommunistisch regierten China. Zu bürokratisch und verschlossen präsentierte sich Indien lange. Sollte Indien sich aber öffnen und seine Probleme lösen, könnte es für internationale Investoren schnell attraktiver werden, glaubt Gerwin Bell, Chefvolkswirt Asien des globalen Asset Managers PGIM Fixed Income. Nicht jedes Unternehmen sei mit der derzeitigen Rolle Chinas als „Fabrik der Welt“ dauerhaft zufrieden, sagte Bell kürzlich im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. „Man muss einen Produktionsstandort finden, der genauso groß ist wie China. Und das könnte Indien sein.“

„Die verstärkte Produktion von Apple in Indien wird dazu führen, dass ein größerer Teil der Lieferkette in das Land verlagert wird“, sagte Shilpi Jain, Senior Analystin bei Counterpoint Research, zu Bloomberg. Die Regierung habe das klare Ziel, „die Wertschöpfungskette in der Elektronikfertigung zu verbessern“. Tatsächlich ist es so, dass der Umfang der indischen Produktion des iPhone 15 von der Verfügbarkeit der Komponenten abhängen wird, die bisher noch größtenteils importiert werden müssen.

Das zeigt einen der größten Vorteile Chinas: Nirgendwo sonst gibt es in einem Land eine so hohe Konzentration an Zulieferern für jede beliebige Branche. Große Autofabriken etwa sind umringt von den wichtigsten direkten Zuliefererbetrieben. Laut Berichten will Foxconn nun auch zwei Komponentenwerke im indischen Karnataka bauen. Mindestens eine der beiden Fabriken soll auch Apple-Bauteile produzieren. Lieferketten könnten allmählich also auch in Indien entstehen. Und wenn die aggressive Expansion seiner Zulieferer anhält, könnte Apple nach Einschätzung Bloombergs schon 2025 ein Viertel aller iPhones in Indien montieren.