Autobauer in der Krise

VW streicht Stellen und Privilegien für Manager - „nicht mehr wettbewerbsfähig“

  • Patrick Freiwah
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VW ist in der Krise und sieht sich gezwungen, Jobs zu reduzieren. Der Markenchef hält den Stellenabbau in Wolfsburg aufgrund der Kostensituation für alternativlos.

Wolfsburg/München - Volkswagen dämmert, dass der Konzern in der jüngeren Vergangenheit offenbar über seine finanziellen Verhältnisse gelebt hat. Angesichts der - im Vergleich zu Wettbewerbern - mangelhaften Rendite bei der Kernmarke wollen die Wolfsburger Kosten einsparen. Bei einem Treffen mit Vertretern der IG Metall hat Markenchef Thomas Schäfer den bedrohlichen Ernst der Lage erörtert.

Der VW-Manager schilderte vor rund 2000 Personen den Sparzwang von Europas größtem Autohersteller und kündigte an, dass aufgrund der globalen Entwicklungen große Einschnitte bei der Belegschaft anstehen. „Die Situation ist sehr kritisch. Viele Märkte sind massiv unter Druck, unsere Auftragseingänge, besonders bei den Elektroautos, liegen unter unseren ambitionierten Erwartungen“, erklärte der Chef der Marke Volkswagen Pkw.

Elektroauto-Produktion bei VW in Zwickau: Das Management plant einen umfangreichen Stellenabbau.

VW in der Krise: Stellenabbau unausweichlich - Personalvorstand erklärt Pläne

Bei dem Gesprächstermin erklärte der 53-Jährige, dass sein Unternehmen „mit vielen unserer bisherigen Strukturen, Prozesse und hohen Kosten als Marke VW nicht mehr wettbewerbsfähig“ sei. Die Lage auf dem Weltmarkt zwinge den Konzern, an „kritische Themen“ ranzumüssen und dazu gehöre auch das Personal. Ein Stellenabbau bei VW ist unausweichlich, die Maßnahmen sollen jedoch nicht nur durch die Instrumente Ruhestand und Altersteilzeit aufgefangen werden.

Volkswagen wolle jedoch hauptsächlich „die demografische Kurve“ nutzen: Dass in den kommenden Jahren viele Angestellte altersbedingt ausscheiden, müsse Volkswagen „konsequent als Vorteil begreifen“ und „Altersteilzeit und Ruhestandsregelungen in den kommenden Jahren maximal nutzen“, führte VW-Personalvorstand Gunnar Kilian gegenüber den Vertrauensleuten der IG Metall aus. „Wir müssen dazu kommen, an vielen Ecken mit weniger Leuten auszukommen.“ Eine pauschale Zahl an Mitarbeitenden, die den Autobauer verlassen sollen, wurde nicht genannt. Berichten zufolge sollen hauptsächlich im sogenannten „indirekten Bereich“ zahlreiche Jobs wegfallen.

Volkswagen will 10 Milliarden Euro sparen - auch über andere Maßnahmen

VW plant ein milliardenschweres Effizienzprogramm für die Kernmarke Volkswagen Pkw. Bis 2026 sollen so zehn Milliarden Euro an Einsparungen gelingen und die Umsatzrendite der Marke von zuletzt 3,4 auf 6,5 Prozent angehoben werden. Zunächst hatte VW einen Einstellungsstopp für wichtige Standorte verhängt, das alleine reicht laut Kilian jedoch bei weitem nicht. Es gehe letztlich nicht nur um Einschnitte bei der Belegschaft inklusive Stellenabbau: „Der Großteil der 10 Milliarden in der Marke VW wird über andere Maßnahmen erbracht.“

Über die Ausgestaltung wird seit Oktober mit dem Betriebsrat verhandelt. „Alle notwendigen Maßnahmen liegen auf dem Tisch“, sagte CEO Schäfer. „Jetzt müssen wir die Eckpunkte der Vereinbarung gemeinsam mit der Arbeitnehmerseite bis Jahresende unter Dach und Fach bringen.“ Auch Outsourcing gilt in der Volkswagen-Krise als strategische Maßnahme zur Kostenreduzierung.

Der VW-Betriebsrat pocht derweil auf die Einhaltung von Tarifverträgen und eine Beschäftigungssicherung bis 2029.

VW passt Urlaubsregelung für Manager und leitende Angestellte an

Derweil passt VW die Urlaubsregelungen für Mitglieder des Managements an die von Tarifbeschäftigten an. Bislang galt die Regel, dass Manager ihren Jahresurlaub nicht wie andere VW-Beschäftigte im selben Jahr nehmen müssen. Stattdessen konnten sie ihn bis zu einem späteren Zeitpunkt unbegrenzt aufsparen. Damit ist 2024 Schluss, wie zunächst der Spiegel berichtete. Laut einer VW-Sprecherin gehe es hierbei auch um eine Vereinheitlichung von Prozessen im Personalbereich.

Top 10: Das sind die meistgebauten Autos aller Zeiten

BWM 3er-Reihe
Platz 10: BMW 3er-Reihe. 16 Millionen mal wurde BMWs beliebte Mittelklasse seit 1975 gebaut – in mehreren Karosserievarianten wie dem im Foto gezeigten Kombi Touring, und auch als Cabrio. Der BMW 3er wird aktuell in siebter Generation produziert, und auch bald voll elektrifiziert. Die Erfolgsstory kann also weitergehen. © Fabian Kirchbauer/BMW
Ford Model T
Platz 9: Ford Model T. Längst Geschichte, doch mit 16,5 Millionen produzierten Einheiten noch immer in den ewigen Top 10. Die 1908 vorgestellte „Tin Lizzie“ startete 1910 auf dem weltweit ersten Fließband in die Serienproduktion, und hielt mit nur wenigen Modifikationen (zu denen auch ein Panzer gehörte) und der Mono-Farbe schwarz bis 1927 durch. © Joseph Sohm/Imago
Lada 1200
Platz 8: Lada 1200. Oder Schiguli. Oder VAZ 2101. Der klassische russische (oder sowjetische) Pkw war unter vielen Namen bekannt und brachte es von 1966 bis 2007 auf 17,3 Millionen Einheiten. Er basierte auf dem Fiat 124, wies aber eine robustere Karossiere und weniger Komfort auf. © National Motor Museum/Imago
Toyota Hilux
Platz 7: Toyota Hilux. Der Pick-up-Truck ist vor allem in den USA begehrt, was für mittlerweile über 18 Millionen gebaute und verkaufte Exemplare reicht. Seit 1968 schätzen ihn seine Fahrer als robustes Allwege-Gefährt, auf dessen Pritsche afrikanische Warlords auch mal ein Maschinengewehr installieren. Derzeit ist die achte Generation unterwegs. © Toyota
VW Käfer
Platz 6: VW Käfer. Etwa 21,5 Millionen mal wurden VW 1200 und andere Versionen produziert, bis zum Wachwechsel durch den VW Golf war der originale Käfer hierzulande der Bestseller – aber auch in aller Welt beliebt. Entstanden aus dem 1938 für das Nazi-Reich entwickelten KdF-Wagen, wurde der VW noch 2003 in Mexiko produziert. © Gottfried Czepluch/Imago
Honda Civic
Platz 5: Honda Civic. In Europa nur ein weiterer VW-Golf-Gegner, ist dieser Kompaktwagen in den USA und in Japan seit Jahrzehnten ein Megaseller. Seit 1972 wurden über 27,5 Millionen Einheiten produziert, derzeit steht Generation Nummer elf bei den Händlern. © Honda
VW Passat Variant
Platz 4: VW Passat. Vielleicht etwas überraschend, aber auch der brave Mittelklassewagen hat es seit seinem Debüt 1973 auf über 30 Millionen Exemplare gebracht – allerdings inklusive der deutlich anderen US-Version. In Europa dominiert klar die Kombi-Variante, die neunte Generation ab 2023 wird es als Stufenheck gar nicht mehr geben. © Ingo Barenschee/VW
VW Golf
Platz 3: VW Golf. Auch wenn der gefühlt ewige Liebling der Deutschen derzeit gegen Tesla und den internen Konkurrenten T-Roc zu kämpfen hat: An über 35 Millionen produzierten Autos seit 1974 muss man erst mal vorbeikommen. Ob die derzeit aktuelle achte Generation noch einen Nachfolger bekommt, ist allerdings unsicher. Als elektrischer ID. Golf könnte der Inbegriff des Kompaktwagens aber trotzdem weiterleben. © Martin Meiners/VW
Ford F-150
Platz 2: Ford F-Serie. In den USA ist Pick-up-Truck Ford F-150 aus dem Straßenbild nicht mehr wegzudenken, er und seine noch größeren F-Brüder verkörpern perfekt den American Way of Driving. Die elektrische Version Lightning beschert dem seit 1948 über 40 Millionen mal gebauten Nutz- und Lifestyle-Laster weiteren Zulauf. © Mark Phelan/Imago
Toyota Corolla
Platz 1: Toyota Corolla. Was den Deutschen der VW Golf ist, das ist für Amerikaner, Japaner und viele Europäer der Toyota Corolla. Seit 1966 wurden über 50 Millionen dieses Kompaktwagen gebaut, seine zwölfte Generation ist mittlerweile auch als Cross-Version zu haben. Das Maximum der Elektrifizierung ist allerdings ein Plug-in-Hybrid. © Slavko Midzor/Imago

Nach den neuen Vorgaben ist in den Management-Kreisen einschließlich der leitenden Angestellten der Jahresurlaub nun ebenfalls innerhalb des Kalenderjahres zu nehmen. „Im Fall einer Übertragung auf das Folgejahr kann der noch bestehende Urlaubsanspruch ohne Antrag maximal bis zum 31. März des Folgejahres entnommen werden“, so die Sprecherin. (PF mit Material von dpa und AFP)

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