Was Carry Trade damit zu tun hat

Suche nach der Ursache für den Börsen-Crash – und was jetzt zu erwarten ist

  • VonTheresa Breitsching
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Nach dem heftigen Börsenbeben erholen sich die Märkte langsam wieder. Doch was hat zu den weltweiten Turbulenzen geführt? Könnte der Carry Trade verantwortlich sein?

Tokio – Weltweite Kursverluste belasteten am gestrigen Tag die Börsen: Japan verzeichnete einen historischen Einbruch, auch der Dax geriet unter Druck und die Wall Street startete mit einem Minus im Handelsauftakt. Börsianer orteten mehrere Gründe: zum einen die unsichere Wirtschaftslage in den USA und andererseits auch der Einbruch bei Tech-Aktien. Doch auch „Carry Trade“ sei laut dem Börsenexperten Daniel Saurenz für die Krisenstimmung mitverantwortlich.

Börsen weltweit in Krisenstimmung: Was war passiert?

Die Befürchtungen eines Wirtschaftseinbruchs in den USA ließen die Aktienmärkte weltweit abstürzen. Von Asien über Europa erlitten die Börsen massive Verluste. Besonders stark traf es den japanischen Nikkei-Index, der um 12,5 Prozent und damit so stark fiel wie seit 1987 nicht mehr. Auch in Europa verkauften Anleger in großer Zahl ihre Aktien. Der Dax sank zeitweise um bis zu 3,6 Prozent und schloss letztlich mit einem Minus von knapp zwei Prozent.

Nun die Trendwende: Japanische Anleger erleben derzeit eine Hochschaubahn der Gefühle, denn nach dem dramatischen Einbruch zu Wochenbeginn erholen sich die Kurse nun deutlich. Der Nikkei-Index für 225 führende Werte an der Tokioter Börse gewinnt nach den massiven Verlusten zu Beginn der Woche wieder an Boden. Kurz vor Mittag (Ortszeit) verzeichnete das Kursbarometer einen kräftigen Anstieg von 2957,90 Punkten oder 9,4 Prozent und stand bei 34.416,32 Zählern.

Krisenstimmung an den weltweiten Börsen: Ursachensuche nach Erholung

Doch wieso war es zu dem turbulenten Einbruch an der japanischen Börse gekommen? In einem Gespräch mit dem Handelsblatt führte Jesper Koll, Ökonom am Okinawa Institute of Science and Technology, den Absturz auf die Aufwertung des Yens zurück. „Die heftigen Marktbewegungen sind eine schonungslose Erinnerung daran, dass die globale Konjunktur und Währungsschwankungen kurzfristig die wichtigsten Treiber für die japanischen Kapitalmärkte bleiben.“

Der Hintergrund zu seiner Annahme: Anfang Juli kletterte der Nikkei-Index dank eines historischen Yen-Verfalls auf neue Rekordhöhen, da der schwache Yen die Auslandserträge japanischer Unternehmen erhöhte. Inzwischen hat der Yen jedoch an Wert gewonnen. Die Bank of Japan hob den Leitzins geringfügig an, und die US-Notenbank deutete eine baldige Zinswende an, wodurch der Yen stark aufwertete. Unternehmen könnten daher damit rechnen, dass ihre Gewinne sinken – und das wirke sich aus.

„Die bis Juli noch unverwundbare Börse wird gleichzeitig an mehreren Stellen getroffen. Die Investoren kippen unmittelbar von der KI-Börsenparty in Rezessionsängste“, fasst Börsenexperte Daniel Saurenz im Interview mit ntv.de zusammen. Verantwortlich sei laut ihm der Stopp des sogenannten Carry Trade, „der Verschuldung in japanischen Yen und gleichzeitigem Tanz auf dem Vulkan sehr hoher US-Aktienkurse“.

Wieso Carry Trade für die Tumulte an den Börsen verantwortlich ist

Carry Trade ist eine Anlagestrategie, bei der Investoren Kapital in einer Niedrigzinswährung leihen und in eine Hochzinswährung investieren, um von Zinsdifferenzen zu profitieren. Ein Investor leiht etwa Yen zu niedrigen Zinsen und investiert in US-Dollar-Anlagen mit höheren Renditen. Doch ein kräftigerer Yen macht diese Deals unattraktiv, was dazu führt, dass Investoren ihre Anteile verkaufen. „Wir erleben gerade ein schwarzes langes Wochenende, das eigentlich am Donnerstag begann und sich in den Montag zieht. Unterscheiden muss man jetzt die kurze und lange Sicht. Kurzfristig sollte angesichts der Stimmungsdaten eine heftige Gegenbewegung anstehen, die DAX, Nasdaq und Nikkei durchaus fünf Prozent nach oben treiben kann“, so Saurenz.

Nach dem heftigen Beben waren auch sonst starke US-Technologieunternehmen an der Wall Street angeschlagen. Amazon, Apple, die Facebook-Muttergesellschaft Meta, die Google-Muttergesellschaft Alphabet, Microsoft, Nvidia und Tesla verloren mehr als eine Billion Dollar. „Mittelfristig ist die Korrektur bei Titeln wie Apple, Meta, Alphabet und selbst Nvidia noch überschaubarer. Da könnte noch mehr kommen, falls Zinsängste und Rezessionspanik bleiben“. Der Experte sieht in den turbulenten Börsenzeiten durchaus positive Seiten. Denn jeder Crash sei auch eine Schule für Neulinge am Aktienmarkt. „Mittelfristig kann man es als Einstiegschance sehen, und gegenwärtig zeigt es vor allem, dass ein Portfolio Sicherungsmechanismen enthalten sollte“.

Rubriklistenbild: © Boris Roessler/dpa