Fracking-Gas aus Übersee

Umweltschädliches LNG: Bundesregierung hat Klima-Folgen kaum berücksichtigt

LNG-Gas spielt eine bedeutende Rolle für die deutsche Energieversorgung. Ein Statement der Bundesregierung lässt darauf schließen, dass an die Umwelt nicht gedacht wurde.

München - Seit knapp zwei Jahren wird die Energieversorgung der Bundesrepublik und zahlreicher anderer Länder auf eine harte Probe gestellt: In Folge des Ukraine-Kriegs verzichten Deutschland und andere Länder auf Erdgas, das bis dato für wenig Geld per Pipelines aus Russland importiert wurde. Stattdessen stiegen die USA im Jahr 2023 zum weltweit größten Exporteur von flüssigem Erdgas auf.

Dabei war die Ausfuhr von LNG in den Vereinigten Staaten bis 2016 sogar noch verboten, schildert der Spiegel. Doch mittlerweile können mit Flüssigerdgas nicht mehr nur die USA versorgt werden, per Tanker wird die Energie über Ozeane in andere Märkte verschifft, wodurch eine Menge Geld fließt. So ist auch der NATO-Partnerstaat Deutschland ein dankbarer Abnehmer für LNG, das als „Brückentechnologie“ fungieren soll, bis erneuerbare Energien an breiter Front den Bedarf decken können.

LNG im Vergleich zu Kohle offenbar deutlich umweltschädlicher

Eine Studie aus den USA sorgt diesbezüglich für Aufsehen: Demzufolge ist importiertes Flüssigerdgas (LNG) deutlich klimaschädlicher als das Verfeuern von Kohle. „Absolute Treibhausgasemissionen von LNG sind im schlimmsten Fall 274 Prozent höher als die von Kohle“, lautet die These des Methan-Forschers Robert W. Howarth von der Cornall University, hierzulande berichtete zunächst die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ).

Ausschlaggebend für die fatale Umweltbilanz seien Methan-Leckagen bei den verschiedenen Etappen: vom Fracking über die Reinigung, Verflüssigung und schließlich den Transport über die Weltmeere per LNG-Schiffe. Der Studie zufolge ist Methan ein besonders aggressives Treibhausgas, was das Umweltbundesamt bestätigt: Demzufolge ist Methan nach Kohlendioxid das Treibhausgas mit der zweitgrößten Bedeutung und für Klimaerwärmung und Luftverschmutzung verantwortlich.

Laut dem amerikanischen Umweltbiologen Howarth sind die Emissionen selbst beim Transport durch modernste Schiffe und dem Einschlagen kürzester Routen - wenn man den gesamten Entstehungsprozess berücksichtigt - „mindestens 24 Prozent höher“, als wenn Steinkohle verwendet würde. Die Zeitschrift The New Yorker (USA) sieht in dem Bericht des Wissenschaftlers ein Indiz für die fehlgeleitete Klimapolitik von US-Präsident Joe Biden. In den Staaten wird derzeit, auch aufgrund der hohen Nachfrage aus Deutschland, die LNG-Exportkapazitäten massiv ausgeweitet und die Klimaschutzziele der demokratischen US-Regierung torpediert.

Das Spezialschiff „Höegh Esperanza“ wird in Wilhelmshaven angelegt.

LNG für Deutschland und Europa: Umweltfolgen offenbar mit untergeordneter Rolle

Eine Frage, die sich angesichts der deutschen LNG-Strategie stellt: Inwiefern hat die Bundesregierung bei der strategischen Erneuerung der Bezugsquellen die Folgen für die Umwelt und Bevölkerung berücksichtigt? Das Statement auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Christian Leye im deutschen Bundestag kann diesbezüglich nicht beruhigen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz nahm laut Berliner Zeitung Stellung zu zwei Fragen bezüglich dem Frackinggas-Import:

  • Ließ die Bundesregierung Schätzungen oder Berechnungen durchführen, wie viel mehr CO₂ durch den zusätzlichen Import von LNG im Jahr 2022 ungefähr emittiert wurde und künftig emittiert wird? (Anm. d. Red.: im Vergleich zu russischem Pipeline-Gas)
  • Fließen diese Bewertungen auch in die Berechnung der deutschen Klimaemissionen oder ins Emissionsbudget ein?

Dem Bericht nach lautet die Antwort, dass der Bundesregierung „solchen Schätzungen oder Berechnungen nicht vorliegen“ - Verfasser sei Staatssekretär Philipp Nimmermann aus dem Wirtschaftsministerium. Was die zweite Frage mit den Emissionen betrifft, wurde demnach auf das nationale Treibhausgasinventar verwiesen: „Vorgelagerte Emissionen, die z.B. auf dem Weg nach Deutschland anfallen, werden hiervon nicht erfasst“, so der Wortlaut. Eingeräumt werde in dem Schreiben lediglich, dass alleine durch den Transport von LNG über die Weltmeere höhere Emissionen anfallen, als bei der früheren Lösung mit Pipeline-Energie aus Russland. In der wissenschaftlichen Literatur gebe es diesbezüglich jedoch „eine große Bandbreite und Unsicherheit in den Schätzungen“, so der Hinweis.

Flüssigerdgas (LNG) und die Folgen für Deutschland: Unvereinbar mit Klimaschutzvorhaben?

Der Linken-Politiker nimmt zudem in der Berliner Zeitung Stellung über die Antwort der Regierungskoalition: „Wenn Emissionen auf dem Transportweg des LNG im Ausland anfallen, dann interessieren sie die Regierung plötzlich nicht mehr.“ Ihm zufolge sollte die Bundesregierung zugeben, dass die Umstellung auf Flüssigerdgas, das aus tief liegenden Gesteinsschichten anhand eines umstrittenen Fracking-Verfahrens gewonnen wird, nicht nur die Geldbeutel der Menschen belastet, sondern auch mit dem deutschen Klimaschutzvorhaben nicht vereinbar sei.

Zumindest gibt es am Horizont einen Hoffnungsschimmer: In Brüssel wurde im November über schärfere Regeln für Methan-Emissionen aus der Öl- und Gaswirtschaft abgestimmt. Um den klimaschädlichen Schadstoffausstoß im Energiebereich stärker zu verringern, sollen für die Öl-, Gas- und auch Kohleindustrie in der EU schärfere Regeln gelten. Betreiber von Förderungsanlagen sollen regelmäßig nach größeren Methan-Lecks suchen und diese reparieren. Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Länder hatten sich Mitte November darauf verständigt.

Die G20: Die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer in einer Gruppe

19 Staaten und die Europäische Union bilden die G20. Sie repräsentieren mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung, erwirtschaften über 85 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts und sind für 80 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Diese Staaten gehören dazu:
19 Staaten und die Europäische Union bilden die G20. Sie repräsentieren mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung, erwirtschaften über 85 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts und sind für 80 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Diese Staaten gehören dazu: © Lars Berg/dpa
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In Sachen Bevölkerung nur auf Platz Drei, doch bei der Wirtschaftsleistung ganz oben: Die Vereinigten Staaten von Amerika. © Michael Brochstein/dpa
Bill Clinton 1997
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Das bevölkerungsreichste Land unter den G20 ist die Volksrepublik China. Regiert wird der autoritäre Staat von Präsident Xi Jinping, der seine Macht auf dem Parteitag 2022 endgültig festigte. Die 1,3 Milliarden Menschen in China sind für 15 Prozent der Wirtschaftsleistung der G20-Gruppe verantwortlich. © Jade Gao/afp
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Die Gründungskonferenz der G20 fand 1999 in Berlin statt. Bis 2008 firmierten die Gipfel unter der Bezeichnung „Finanzministertreffen“. 2017 kehrte die Gruppe der G20 nach Deutschland zurück und kam in Hamburg zusammen. Der Gipfel wurde von massiven Protesten begleitet. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen von Sicherheitskräften und Demonstranten. Zentrum des Konflikts war der Stadtteil Sankt Pauli. © Michael Kappeler/dpa
Deutschland ist als drittgrößte Wirtschaftsmacht der Welt ebenfalls Mitglied der G20. 2017 fand der Gipfel in Hamburg statt - und wurde begleitet von massiven Protesten und einem gigantischen Polizeiaufgebot.
Deutschland ist als drittgrößte Wirtschaftsmacht der Welt ebenfalls Mitglied der G20. 2017 fand der Gipfel in Hamburg statt - und wurde begleitet von massiven Protesten und einem gigantischen Polizeiaufgebot. © imago
Gastgeber des G20-Gipfels 2017 war der damalige Bürgermeister Hamburgs und spätere Bundeskanzler Deutschlands, Olaf Scholz. Er begrüßte unter anderem US-Präsident Donald Trump und First Lady Melania in der Hansestadt.
Gastgeber des G20-Gipfels 2017 war der damalige Bürgermeister Hamburgs und spätere Bundeskanzler Deutschlands, Olaf Scholz. Er begrüßte unter anderem US-Präsident Donald Trump und First Lady Melania in der Hansestadt. © imago
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Die viertgrößte Wirtschaftsleistung bei den G20 erzielt Japan. Der ostasiatische Staat besteht aus 6.852 Inseln. Bewohnt sind davon 425, auf denen mehr als 125 Millionen Menschen leben. Der Ballungsraum Tokio ist mit 37,3 Millionen Einwohner die größte Stadt der Welt. © Philip Fong/afp
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Großbritannien ist nach dem Brexit zwar kein Mitglied der EU mehr, dafür aber immer noch vertreten bei der G20. Staatsoberhaupt des Königreichs ist seit dem Tod von Königin Elisabeth II. ihr Sohn Charles III. Bei der G20 wird das Land aber durch die Regierung vertreten. © Aaron Chown/dpa
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Frankreich ist eines der drei EU-Länder, das auch mit einer eigenen Vertretung bei der G20 teilnimmt. Das einzige Treffen der Gruppe in der „Grande Nation“ fand im Jahr 2007 in der Hafenstadt Cannes statt. Aktivisten von Oxfam karikieren das Teilnehmerfeld: Angela Merkel, Nicolas Sarkozy, Barack Obama, David Cameron, usw. © Martin Bureau/afp
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Indien ist das Land unter den G20 mit der zweitgrößten Bevölkerung. Im Jahr 2002 fand in Dehli der einzige Gipfel der Gruppe in dem Land statt. Chili gilt als Grundnahrungsmittel in Indien, das offenbar auch von diesen beiden als indische Götter verkleideten Kindern geschätzt wird. © Avishek Das/dpa
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Brasilien ist das größte Land Südamerikas und eines der zwei Länder des Kontinents, die auch in der G20 vertreten sind. Das Land der Strände wie hier Ipanema in Rio de Janeiro erlebte kurz vor dem G20-Gipfel in Bali einen Regierungswechsel. Präsident Jair Bolsonaro wurde abgewählt und Lula da Silva feierte sein Comeback. © Jose Lucena/dpa
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Neben den USA ist auch der andere nordamerikanische Staat Teil der G20: Kanada. Das Land hoch im Norden wurde von 2015 bis 2025 von Premierminister Justin Trudeau regiert. Zweimal hintereinander trafen sich die Mitglieder der G20 in Kanada: Im Jahr 2000 in Montreal und im Jahr 2001 in Ottawa. Mit gerade einmal 35 Millionen Menschen stellt Kanada die drittkleinste Bevölkerung innerhalb der G20. © Chris Roussakis/dpa
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Südkorea ist neben China und Japan das dritte Land aus Ostasien, das bei der G20 dabei ist. Die Hauptstadt Seoul wurde kurz vor dem G20-Gipfel in Bali von einer Tragödie erschüttert. Mehr als 150 Menschen starben bei einer Massenpanik. Tausende kamen in den Straßen zusammen, um der Opfer zu gedenken. © Anthony Wallace/afp
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Russland ist eigentlich auch Mitglied der G20. Ob Präsident Wladimir Putin aber am G20-Gipfel in Bali teilnehmen wird, das steht noch nicht fest. Das Land ist aufgrund des Kriegs mit der Ukraine international zunehmend isoliert, hat mit Ländern wie China und Indien aber auch unter den G20-Staaten noch Verbündete. © Alexander Nemenov/afp
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Australien ist mit Blick auf die Bevölkerung das kleinste Land der G20. Der Staat „Down Under“, berühmt für das Opernhaus in Sydney, ist auch das einzige Land aus Ozeanien in der Gruppe der Zwanzig. © Bai Xuefei/dpa
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Mexiko ist wie der Nachbar im Norden, die USA, Mitglied der G20. Der mittelamerikanische Staat ist mit einer Einwohnerzahl von 127 Millionen der achtgrößte der G20. Viele Menschen in Mexiko feiern wie hier jedes Jahr den Tag der Toten, mit aufwendigen und gruseligen Kostümen. © Eduardo Verdugo/dpa
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Indonesien ist ebenfalls Mitglied der G20. Der Inselstaat beheimatet 257 Millionen Menschen und 128 Vulkane. 80 davon gelten als aktiv. Ausbrüche wie hier beim Vulkan Merapi gehören in Indonesien zum Alltag. © Slamet Riyadi/dpa
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Ein Land auf zwei Kontinenten und ebenso Mitglied der G20: die Türkei. Die Bosporus-Meerenge in Istanbul, der größten Stadt der Türkei, ist der Zugang zum Schwarzen Meer, über das wiederum Getreide für die ganze Welt aus den Häfen von Odessa und Mariupol verschifft wird. © Ozan Kose/afp
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Saudi-Arabien ist, was Wirtschaftsleistung und Bevölkerungszahl angeht, eines der kleinsten Länder der G20. Doch aufgrund der großen Rohstoff-Reserven, hauptsächlich Erdöl, kommt dem Land eine strategisch wichtige Bedeutung zu. Regiert wird das Königreich von Salman ibn Abd al-Aziz. Doch als eigentlicher Strippenzieher in dem absolutistisch regierten Land gilt Kronprinz Mohammed bin Salman (im Bild). © Uncredited/afp
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Südafrika ist das einzige afrikanische Land in der Gruppe der Zwanzig. Es hat außerdem die geringste Wirtschaftleistung aller G20-Staaten. Das Land am Kap der Guten Hoffnung gilt mit seinen Städten wie Johannesburg und Kapstadt als eine Hochburg der Mode - vom Minimalismus bis zur Haute Couture. © Kim Ludbrook/dpa
Italien ist ebenfalls Teil der G20 und wird aktuell durch Premierministerin Giorgia Meloni, hier beim Gipfel in Rio de Janeiro und im Gespräch mit dem ehemaligen Premierminister Kanadas, Justin Trudeau, vertreten.
Italien ist ebenfalls Teil der G20 und wird aktuell durch Premierministerin Giorgia Meloni, hier beim Gipfel in Rio de Janeiro und im Gespräch mit dem ehemaligen Premierminister Kanadas, Justin Trudeau, vertreten. © imago
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Eine Sonderrolle in den G20 kommt der Europäischen Union zu. Sie ist als Staatenbund mit einer eigenen Delegation bei den G20 vertreten. Die EU weist die zweitgrößte Wirtschaftsleistung und die zweitgrößte Bevölkerung in der G20 aus. Mit Deutschland, Frankreich und Italien sind drei EU-Mitgliedsländer auch als Einzelstaaten in der G20 vertreten. © Dragan Tatic/dpa
Neben der EU ist auch die Afrikanische Union beim G20-Gipfel 2025 in Südafrika mit einer Delegation vertreten.
Neben der EU ist auch die Afrikanische Union beim G20-Gipfel 2025 in Südafrika mit einer Delegation vertreten. © imago
2025 findet der G20-Gipfel in Johannesburg statt - unter massiven Sicherheitsvorkehrungen. Die Regierung Südafrika gab bekannt, mehr als 3.500 zusätzliche Polizisten einzusetzen.
2025 findet der G20-Gipfel in Johannesburg statt - unter massiven Sicherheitsvorkehrungen. Die Regierung Südafrika gab bekannt, mehr als 3.500 zusätzliche Polizisten einzusetzen. © imago

Zudem soll das Lüften oder Abfackeln - bei diesem Prozess wird Methan in die Atmosphäre freigesetzt - unter bestimmten Umständen illegal werden. Darüber hinaus gelten für den Import fossiler Brennstoffe ab 2027 Melde- und Überwachungspflichten, sodass auch für Deutschland das Fracking wieder eine Option darstellen könnte. (PF mit Material der dpa)

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