Elektroautos

Umstrittene Strafzölle: EU plant damit lieber nach der Wahl – Autoindustrie unter Druck

  • VonBleranda Shabani
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Die Europäische Union plant Strafzölle für chinesische E-Autos. Wie hoch diese angesetzt werden, soll aber anders als ursprünglich geplant erst nach den Europawahlen verkündet werden.

Frankfurt – Die EU verdächtigt China, seiner Autoindustrie einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, indem die Regierung den Herstellern übermäßige Zuschüsse gewährt. Die Europäische Kommission hat deshalb im September eine Untersuchung eingeleitet, um festzustellen, ob China gegen die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) verstößt.

Diese Kommission soll nun die Ergebnisse der Ermittlungen bis nächste Woche vorlegen und mit Einbeziehung weiterer Experten bis Anfang Juli über die Verhängung von Strafzöllen entscheiden. Wie hoch die Strafzölle angesetzt werden, soll aber anders als ursprünglich geplant erst nach den Europawahlen am 09. Juni verkündet werden.

Verbraucher von Strafzöllen ebenfalls betroffen: Chinesische E-Autos könnten spürbar teurer werden

Mögliche EU-Zölle auf chinesische Elektroautos hätten nach Berechnungen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) spürbar steigende Kaufpreise für Elektroautos zur Folge. Bei Zöllen in Höhe von 20 Prozent würde der Import aus China um 25 Prozent oder schätzungsweise 125.000 Elektroautos im Wert von 3,8 Milliarden US-Dollar (3,5 Mrd. Euro) zurückgehen, berichtete das Institut am Freitag unter Hinweis auf Simulationsberechnungen. Das beträfe auch viele in China produzierende deutsche Autohersteller und würde die Autoindustrie unter Druck setzen.

Nach Informationen des SPIEGELS sollen die Strafzölle zwischen 15 und 25 Prozent verhängt und auf den geltenden Zollsatz von zehn Prozent aufgeschlagen werden. Insbesondere bei Produzenten wie BYD und Geely sollen die Strafzölle nochmal höher ausfallen. Die Weltmärkte würden von „billigeren chinesischen Elektroautos überschwemmt“, sagte von der Leyen zur Tagesschau.

Entscheidung über Strafzölle erst nach Europawahlen: Olaf Scholz spricht sich gegen Strafzölle aus

Wie hoch die Strafzölle angesetzt werden, soll aber erst nach den Europawahlen am 09. Juni verkündet und einen Monat später vorläufig in Kraft gesetzt werden. Nach einer bemessenen Experteneinschätzung soll das Gesetz im November gültig sein. Ursprünglich war die Verkündung für die erste Juni-Woche angesetzt und soll jetzt doch bis nach den Wahlen innegehalten werden, um das Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten, berichtet der SPIEGEL.

Der Prozess soll sich wohl an den Regeln der WTO orientieren. „Wir werden nur Zölle erheben, soweit sie mit den übermäßigen chinesischen Subventionen begründet sind“, sagt Bernd Lange (SPD), Chef des Handelsausschusses im Europaparlament. Lange fügt hinzu, dass bereits in 118 Verfahren Strafzölle gegen Elektrofahrräder oder gewisse Stahlprodukte aus China verhängt wurden. Damit ist der geplante Vorgang gewohnte Praxis.

Autos im Distributionszentrum in Chongqing in China. (Symbolbild)

Was die EU nun plant, hat die USA vor kurzem umgesetzt und die Zölle für Elektroautos aus China drastisch erhöht. Die Spannungen zwischen den Handelspartnern nehmen bereits seit einiger Zeit deutlich zu. Die EU untersucht derzeit, inwiefern China den Markt für E-Autos verzerrt. Eine Entscheidung, ob die EU nun definitiv Strafzölle erhebt, steht noch aus. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die deutsche Wirtschaft hatten sich gegen solche Zölle ausgesprochen. 

Die Antwort aus China: Regierung erwägt Strafzölle auf europäische Luxuslimousinen

Das IfW rechnet damit, dass als Folge von EU-Zöllen fast im gleichen Ausmaß die Verkäufe heimisch produzierter Elektroautos im EU-Binnenmarkt um 3,3 Milliarden Dollar steigen dürften. Die Ökonomen gehen davon aus, dass nur ein Teil des Zuwachses durch eine höhere Produktion innerhalb der EU gedeckt würde. Autos im Wert von rund 1 Milliarde Dollar dürften vom Export in den heimischen Verkauf umgeleitet werden. Eine Gegenreaktion Chinas ist in den Berechnungen des Instituts nicht enthalten.

Laut SPIEGEL soll die chinesische Regierung jedoch angekündigt haben, dass sie Strafzölle auf europäische Luxuslimousinen verhängen könnte. Außerdem soll die Volksrepublik Zolluntersuchungen gegen Weinbrand und Schweinefleisch aus der EU einleiten wollen.

„Angesichts der chinesischen Subventionspraxis ist es richtig, dass sich die EU-Kommission Strafzölle als Antwort darauf vorbehält“, sagte IfW-Präsident Moritz Schularick. „Wichtig ist dabei, dass die Autorität der Kommission nicht von einzelnen Mitgliedsländern aufgrund von Partikularinteressen untergraben wird, denn eine gespaltene EU ist eine schwache EU.“ 

Mit Material der dpa.

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