Von einer Milliarde auf 250 Millionen
Signa-Insolvenz: An der Galeria-Krise haben Berater jahrelang gutes Geld verdient
VonKathrin Reikowskischließen
Rund um die Signa-Insolvenz soll eine Schweizer Beratungsfirma schon jahrelang gut Geld verdient haben. Alte Prognosen lesen sich jetzt wie Hohn.
Zürich/ Wien/ München - Die Retail Capital Partners AG, eine Beratungsfirma aus der Schweiz, will „Handel verstehen“ und „Wachstum schaffen“, so die Unternehmenswebsite. Wie Recherchen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zeigen, gehört zu den Kunden der Beratungsfirma auch die insolvent gegangene Signa-Unternehmensgruppe mit ihrer Tochter Galeria - und ältere Wachstumsprognosen der Beraterfirma lesen sich inzwischen völlig anders. Erst am Donnerstag (28. Dezember) wurde endgültig bekannt, dass der Elbtower und das KaDeWe von der Signa-Pleite betroffen sind.
Nach Recherchen der FAZ soll Galeria schon während des Schutzschirmverfahrens im Jahr 2022 Honorare in Höhe von 10 Millionen Euro an Retail Capital Partners (RCP) überwiesen haben, nochmal insgesamt 17,4 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2022/2023, und die RCP steht auch jetzt auf der Gläubigerliste. Sowohl Signa als auch Galeria wurden von der FAZ gefragt, warum die RCP immer wieder beauftragt wurde - eine Antwort blieb demnach wohl aus.
Signa-Insolvenz: Beratungsfirmen waren vor der Pleite tief in Abläufe eingebunden
Wie das Handelsblatt im Jahr 2022 schrieb, wurde der Insolvenzexperte Arndt Geiwitz bei den Galeria-Schutzschirmverfahren von einem „Heer von Anwälten und Beratern“ mehrerer Firmen begleitet, und habe laut Mitarbeitern den Eindruck gemacht, dass er das Unternehmen selbst leite.
Aus mehreren vertraulichen Dokumenten will die FAZ erfahren haben, dass die Berater von RCP eng in alle strategischen Entscheidungen eingebunden waren. Sie hätten schon 2014 die Strategie für Karstadt Sports entwickelt, den Zusammenschluss von Kaufhof und Karstadt begleitet, genauso wie die Übernahme von Sportscheck von Otto. Als Codewörter seien „Hercules“ oder „Fokus“ gefallen. Zu den Aufgaben der Berater habe es gehört, 100-Tage-Pläne zu schreiben, Arbeitsplatzabbau zu kalkulieren, Filialkonzepte für Galeria zu entwerfen und Mietkosten gegenzurechnen.
Insolvenz von Signa: Diese Berater-Prognosen gab es noch vor wenigen Jahren
„Naturgemäß ist der Begriff ‚Insolvenz‘ negativ belegt und wird mit Firmenschließungen, Entlassungen und angeblich gutverdienenden Insolvenzverwaltern verbunden“, schreibt die IHK Darmstadt. Eine frühzeitige, professionelle Beratung und Begleitung sei eine Möglichkeit, Schaden vom Unternehmen abzuhalten. Empfohlen wird auch ein Schutzschirmverfahren, wie es Galeria bereits zweimal durchführte, bei dem Unternehmer in eigener Verantwortung einen Sanierungsplan aufstellen, der dann nach einem möglichen Insolvenzverfahren durchgeführt wird. Man könne den Beratern nicht die Schuld in die Schuhe schieben, zieht auch die FAZ als Fazit im Artikel. Verschlafen worden seien die Entwicklungen an anderer Stelle. Nicht zuletzt sei auch kürzlich bekannt geworden, dass Galeria hohe Mieten an die Signa gezahlt habe.
Dennoch hätten Beratungsfirmen an einem Tag teilweise das Monatsgehalt eines Verkaufsmitarbeiters verdient - und das auch für Arbeiten, die sich als nicht erfolgreich herausstellten: RCP stellte unter anderem noch 2019 die Umsatzprognose von einer Milliarde Euro für den Onlinehandel auf, wenn sich Galeria Kaufhof und Karstadt zusammenschließen würden. Nach dem Zusammenschluss, zwei Jahre später, lautete die Prognose dann: 250 Millionen Euro Umsatz im Onlinegeschäft im Rahmen der Weiterentwicklung von Galeria Kaufhof Karstadt. Für das Ende September abgelaufene Geschäftsjahr 2022/2023 liegt der Onlineumsatz laut FAZ, die sich auf einen noch nicht veröffentlichten Geschäftsbericht stützt, bei 129 Millionen Euro. (kat)