Russische Nationalflagge am Rande einer heimischen Wirtschaftsmesse in Moskau
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Russische Nationalflagge am Rande einer heimischen Wirtschaftsmesse in Moskau.

Vor der Wahl 2024

Russlands Wirtschaft: Ökonom zeichnet düsteres Bild – „Tatsächliche Situation ist schlecht“

  • Michelle Brey
    VonMichelle Brey
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Wie steht es um die wirtschaftliche Lage Russlands vor der Wahl 2024? Ein russischer Ökonom spricht Klartext – er fürchtet eine Verschlechterung der Lage.

Moskau – Russlands Wirtschaft erscheint auf den ersten Blick robust. Trotz der Sanktionen aus dem Westen gelang dem Land von Präsident Wladimir Putin ein Wirtschaftswachstum. So zeichnet Putin auch ein optimistisches Bild, wenn es um die Russlands Wirtschaft geht. Nicht annähernd so positiv blickt der russische Wirtschaftswissenschaftler Igor Lipsits auf die Entwicklungen. Indes kostet der Ukraine-Krieg mindestens 10.000 Zivilisten das Leben.

Wirtschaft in Russland: BIP um 5,5 Prozent gestiegen

Die russische Wirtschaft ist im Sommer stärker gewachsen als erwartet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte im dritten Quartal 2023 um 5,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. Das gab das nationale Statistikamt Mitte November bekannt. Es ist das stärkste Plus seit dem vierten Quartal des Jahres 2021. Volkswirte hatten im Schnitt mit einem Wachstum von 5,1 Prozent gerechnet. Im zweiten Quartal war die russische Wirtschaft noch um 4,9 Prozent gewachsen.

Gestützt wird das Wachstum vor allem durch die hohen Staatsausgaben. Experten verweisen auf die Ausgaben für den Ukraine-Krieg. Dies stützt die Industrieproduktion von Russland. Sie legte im Jahresvergleich um 10,2 Prozent zu.

Russischer Wirtschaftsökonom zeichnet düsteres Bild - „Situation ist schlecht“

Aber: „Die tatsächliche Situation ist schlecht“, sagte Lipsits gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Er bezog sich dabei sowohl auf die russischen Daten zum Ausmaß der Armut im Land als auch die allgemeine wirtschaftliche Lage. Gleichzeitig ist es nicht das erste Mal, dass sich der russische Ökonom kritisch äußert. Erst im September sprach er von einer „dramatischen Abwärtsdynamik“, in welcher sich die Branchen außerhalb der Rüstungsindustrie im Vergleich zum Vorjahr befinden würden.

Damals sagte er auch: „Die russische Politik wird zu einem wirtschaftlichen Niedergang und einer Verarmung breiter Bevölkerungsschichten führen. Fast wie damals in der UdSSR, deren Existenz praktisch im finanziellen Bankrott endete.“ Lipsits lebt seit einiger Zeit in Litauen. Laut Medienberichten musste er 2023 seinen renommierten Posten als Professor an der Moskauer Higher School of Economics (HSE) niederlegen.

Russland vor Wahlen 2024: Ökonomen verschönen offenbar wirtschaftliche Lage für Kreml-Chef Putin

Nach den Präsidentschaftswahlen 2024 sehe er zumindest eine Stagnation und eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, äußerte sich Lipsits gegenüber Reuters. Ein großer Teil der Bevölkerung erhalte sehr niedrige Löhne, fuhr er fort. Etwa 20 Millionen Menschen könnten in oder am Rande der Armut leben. Ökonomen glaubten zudem, so Lipsits, dass die russische Währung nach der Wahl fallen könnte.

Wie der Ökonom auch gegenüber dem Business Insider bestätigte, würden viele Behörden die wirtschaftliche Lage in einem besseren Licht darstellen, um den Kreml um Wladimir Putin glücklich zu machen. Dieser will Insidern zufolge erneut als Präsident kandidieren. Die Russland-Wahl wird für den 17. März 2024 erwartet. (mbr/dpa)

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