„Dann wird bei der Rente nichts passieren“
Renten-Pläne von SPD und CDU: Wirtschaftsweise warnt vor Stillstand durch neue Große Koalition
VonAmy Walkerschließen
Die renommierte Wirtschaftswissenschaftlerin Monika Schnitzer äußert deutliche Kritik an den Renten-Ideen von SPD und CDU. Eine Überarbeitung des Rentensystems in Deutschland ist dringend erforderlich.
Berlin – In weniger als zwei Monaten wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt: Am 23. Februar 2025 gehen die wahlberechtigten Deutschen zur Urne. Die nächste Bundesregierung wird viele Herausforderungen angehen müssen. Eines der drängendsten Probleme ist das Rentensystem: Der demografische Wandel trifft gerade mit voller Wucht auf das deutsche Sozialsystem und eine Reform muss her, um die Belastung besser abzufedern. Die aus Sicht von Ökonomen nötigen Reformen – höheres Rentenalter, Abschaffung der Rente mit 63, Anpassung des Rentenniveaus – sind unbeliebt. In den Wahlprogrammen der Parteien finden sie sich daher auch nicht wieder.
Wirtschaftsweise fordert Abschaffung der Rente mit 63 und höheres Rentenalter
Das kritisiert die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, in einem neuen Interview mit der Rheinischen Post. „Deutschland sollte das Rentenalter regelgebunden erhöhen – zwei Drittel der zusätzlichen Lebenszeit gehen in Arbeit und ein Drittel in Ruhestand. Die neue Regierung sollte die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren (Rente mit 63) abschaffen“, sagte Schnitzer der Rheinischen Post. „Sie hilft den Falschen. Stark belastete Arbeitnehmer wie Dachdecker oder Krankenschwestern erreichen oft gar keine 45 Beitragsjahre.“
Zudem warnte Monika Schnitzer vor den Rentenplänen der SPD. „Die SPD betont immer, sie wolle die Renten stabil halten. Tatsächlich will sie aber den Rentenanstieg stabil halten. Das aber ist in einer alternden Gesellschaft nicht zu bezahlen. Der Rentenbeitrag wird dann von jetzt 18,6 Prozent auf über 21 Prozent im Jahr 2035 und auf über 26 Prozent im Jahr 2060 steigen.“ Die Münchener Ökonomin mahnt: „Schon jetzt liegen die Sozialbeiträge insgesamt bei 41 Prozent, sie müssen runter.“
Auch die Vorschläge der CDU seien „mutlos“, warnt Schnitzer. „Wenn es zu einer neuen großen Koalition käme, wird bei der Rente nichts passieren. Dabei wäre eine Rentenreform so nötig.“
CDU wollte das Rentenalter eigentlich anpassen: Im Wahlprogramm sind sie jetzt dagegen
Die CDU hatte sich einst auch für genau die geforderten Reformen eingesetzt. Im Grundsatzprogramm der Partei wird noch betont, dass sie das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung anpassen wollen. Die abschlagsfreie Frührente solle abgeschafft werden. Doch davon ist im aktuellen Wahlprogramm nichts zu finden, im Gegenteil. „Wir halten an der bestehenden gesetzlichen Regelung zum Renteneintrittsalter fest“, schreibt die Union. „Die Regelung für besonders langjährige Versicherte mit 45 Versicherungsjahren behalten wir mit Blick auf die Planungssicherheit für Unternehmen und rentennahe Jahrgänge bei.“
Die SPD betont in ihrem Wahlprogramm ihren Wunsch nach einer Sicherung des Rentenniveaus auf 48 Prozent des Durchschnittsverdienstes. Auch die Sozialdemokraten halten an der Rente mit 63 fest. Die SPD-Pläne sollten ursprünglich im Rahmen des Rentenpaket II noch unter der Ampel-Koalition beschlossen werden. Doch die FDP weigerte sich, den Plänen zuzustimmen, da dadurch die Beiträge von Arbeitnehmern und Unternehmen deutlicher und schneller gestiegen wären. Schließlich scheiterte die Reform mit dem Bruch der Koalition. Ob die CDU in einer Koalition mit der SPD dem zustimmen würde, ist nicht sicher.
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