Antriebsvergleich

Pkw-Gesamtkosten: Hochpreisige E-Autos schon heute oftmals günstiger

  • Patrick Freiwah
    VonPatrick Freiwah
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Mit der Abschaffung der Kaufprämie ist der Elektroauto-Absatz gesunken. Dabei sind teurere Modelle auch ohne staatliche Förderung schon jetzt oftmals günstiger.

Berlin/München - Der Elektroauto-Absatz ist in Deutschland seit der Abschaffung der staatlichen Umweltprämie spürbar gesunken. Das liegt vor allem daran, dass Elektrofahrzeuge beim Kauf oft noch deutlich teurer sind als vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.

Angesichts der angespannten Situation der deutschen Autoindustrie wird wieder über die Wiedereinführung von Kaufanreizen für E-Autos diskutiert.

Elektroauto oder Verbrenner? Gesamtkosten wichtiger als Kaufpreis

Für eine realistische Einschätzung der Wirtschaftlichkeit eines Fahrzeugs sind allerdings die Gesamtkosten über die gesamte Lebensdauer eines Autos relevanter, als der reine Kaufpreis. Darüber klärt das Bündnis Agora Verkehrswende in einer aktuellen Studie auf.

Denn die kompletten Kosten eines Autos umfassen neben der Anschaffung den späteren Wertverlust sowie Ausgaben für Steuern, Wartung und Energie. Der Unterschied zwischen den Antriebsarten wird in dieser Betrachtung kleiner, da die Betriebskosten für Elektrofahrzeuge, insbesondere die Energiekosten pro 100 Kilometer, niedriger seien.

Kommt die Umweltprämie für Elektroautos zurück? Besonders eine staatliche Förderung für hochpreisige Stromer ist umstritten.

Je länger ein Elektroauto genutzt wird, desto mehr wirke sich das positiv auf die Gesamtkosten aus, betont die „Denkfabrik“ und meint damit den Vergleich gegenüber einem Modell mit Benzin- oder Dieselmotor.

Warum eine Umweltprämie für günstige Elektroautos Sinn macht

Trotzdem reichen diese Einsparungen bei einer Haltedauer von fünf Jahren den Angaben zufolge häufig nicht aus, um den höheren Kaufpreis eines Elektroautos zu kompensieren. Das gelte besonders für günstigere Modelle und spritsparende Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die immer noch wirtschaftlicher sind. Kaufanreize mit einer Umweltprämie könnten hier die Gesamtkosten zugunsten von Elektrofahrzeugen verschieben – und somit auch deren Attraktivität steigern.

Im hochpreisigen Segment ist das Verhältnis der Gesamtkosten eines Autos jedoch anders: Bei höheren Fahrzeugklassen wie der oberen Mittelklasse und der Oberklasse hingegen hätten E-Autos oft schon jetzt die Nase vorn, wenn man die Gesamtkosten über fünf Jahre vergleicht. Der Grund liege laut Agora darin, dass die Preisunterschiede in diesen Segmenten geringer sind.

Neue Kaufprämie? Staat subventioniert E-Autos und Verbrennermodelle

Zudem werden viele dieser Fahrzeuge als Dienstwagen genutzt, wodurch nicht nur Fahrer von BEV-Modellen steuerlich bevorteilt werden. Eine zusätzliche Förderung in diesen Pkw-Segmenten wäre laut dem Thinktank daher kaum gerechtfertigt. Eine derartige Umsetzung inform einer neuen Umweltprämie für E-Autos könnte jedoch deutsche Autohersteller empfindlich treffen:

Spritschleudern der Autogeschichte: 43,5 Liter auf 100 Kilometer

Ein Chevrolet Camaro.
Mit dem Camaro reagierte Chevrolet Ende 1966 auf den beleibten Ford Mustang. Das Muscle Car aus Detroit erwies sich mit dem V8-Motor und 7 Litern Hubraum jedoch als sehr durstig: Bis zu 43,5 Liter auf 100 Kilometern waren keine Seltenheit. © Chevrolet
Ein roter Lamborghini Countach.
Im Heck des ersten Lamborghini Countach verrichtete ein V12-Motor mit 5 Litern Hubraum seinen Dienst. Mit bis zu 33,5 Litern auf 100 Kilometern war der Sportwagen jedoch alles andere als sparsam. Die Neuauflage dürfte dank Hybrid-Antrieb deutlich weniger verbrauchen. © Thomas Zimmermann/Imago
Rolls Royce Corniche Cabrio Baujahr 1984
Der Rolls-Royce Corniche ist mit rund drei Tonnen wahrlich kein Leichtgewicht. Kein Wunder also, dass sich auch der V8-Motor mit 7 Litern Hubraum als Schluckspecht erwies. Bis zu 29 Liter gönnte sich der edle Brite auf 100 Kilometer. © Sebastian Geisler/Imago
Ein Dodge Charger.
Auch der Dodge Charger ist ein Klassiker der amerikanischen Automobil-Geschichte. Getreu dem Motto „Höher, schneller, weiter“ fällt auch sein Spritverbrauch üppig aus. Bei frühen Modellen waren bis zu 27 Liter auf 100 Kilometer möglich. © Panthermedia/Imago
Aston Martin Lagonda
Optisch kann man vom Aston Martin Lagonda halten, was man möchte. In Sachen Spritverbrauch zählt der Brite, mit bis zu 26,1 Liter auf 100 Kilometern, aber zu den durstigsten Autos, die jemals gebaut wurden.  © Tim Graham/Imago
Hummer H1
Der Hummer H1 wurde ursprünglich vom US-amerikanischen Militär-Herstellers AM General gebaut. Dieser verkaufte die Markenrechte schließlich an General Motors. So wuchtig wie der Geländewagen aussieht, war auch sein Verbrauch, der bei bis zu 24,5 Liter auf 100 Kilometer lag. Die Neuauflage des Klassikers ist im übrigen rein elektrisch unterwegs. © Sebastian Geisler/Imago
Bentley Arnage
Bis 2010 baute Bentley den 2,6 Tonnen schweren Arnage, auf dem auch die State Limousine der verstorbenen Königin Elisabeth II basierte. Mit dem größten Motor war ein Verbrauch von 24,2 Liter auf 100 Kilometer möglich.  © Sebastian Geisler/Imago
Bugatti Veyron 16.4 Grand Sport L Edition Type 35
Der Bugatti Veyron war eines der ersten Autos mit Straßenzulassung, das mehr als 1000 PS unter der Haube hatte. Der Motor des „Super Sport“ leistete sogar 1.200 PS. Die Folge: ein Verbrauch von durchschnittlich 24,1 Litern auf 100 Kilometer. Innerorts sind sogar bis zu 37,2 Liter möglich. © Sebastian Geisler/Imago
Dodge Challenger RT
Neben dem Charger eroberte Dodge auch mit dem Challenger den US-Muscle-Car-Markt. Letztere zeigte sich mit einem Verbrauch von 23,5 Litern auf 100 Kilometer etwas „sparsamer“. © Andre Poling/Imago
Dodge Viper RT10
Aller guten Dinge sind bekanntlich drei. Das gilt auch für Dodge, denn auch die Viper erweist sich als besonders durstig: bis zu 21,1 Liter auf 100 Kilometer waren möglich. Gebaut wurde der Sportwagen von 1992 bis 2017. © Eibner/Imago

Autokonzerne wie BMW, Mercedes-Benz und mit Abstrichen VW haben ihren Fokus längst auf das kostenträchtige Premium- und Luxussegment verlagert. Zumindest Volkswagen plant jedoch den Marktstart von bezahlbaren Elektroautos. Nach Meinung der Agora Verkehrswende wird übrigens auch die Besteuerung von Pkw und Energie nicht ausreichend an den CO₂-Ausstoß gekoppelt, was die Nachfrage nach konventionellen Verbrennern begünstigt.

Antriebsarten: Größere E-Autos bei den Gesamtkosten schon jetzt oft günstiger

Anhand von Modellvergleichen skizziert die Organisation die Gesamtkosten eines Elektroautos im Vergleich zum Verbrenner. So seien die Gesamtkosten eines Opel Corsa Electric ohne staatliche Förderung nach fünf Jahren 12,1 Prozent höher als bei einem Opel Corsa mit Verbrennungsmotor. Mit einer Kaufprämie von 6000 Euro wäre das kleine E-Auto jedoch stattdessen 4,6 Prozent günstiger.

Antriebsvergleich der Gesamtkosten: Die Grafik zeigt, dass ein VW ID.7 Pro nach fünf Jahren auch ohne Umweltprämie günstiger ist, als ein VW Passat.

Ähnlich verhält es sich beim Renault Kangoo E-Tech, der ohne Förderung 8,2 Prozent höhere Kosten aufweist als das Verbrenner-Pendant, aber mit einem Kaufanreiz 5,0 Prozent günstiger wäre. Höherpreisige Modelle wie der Audi Q8 e-tron (-6,8 Prozent) und der VW ID.7 (- 12,7 Prozent, siehe Grafik) haben hingegen bereits jetzt geringere Gesamtkosten als ihre Verbrennerversionen, selbst ohne staatliche Unterstützung. (PF)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Christian Ohde