Aufholjagd in der EU

Patentkrieg in der Elektromobilität: Jetzt hängt China den Westen in einem weiteren Feld ab

  • Lars-Eric Nievelstein
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China will bei der Elektromobilität weltweit führen. Das äußert sich bereits in einer Dominanz bei Patenten. Was bedeutet das für Deutschland?

München – In der Solarbranche und bei der Windkraft dominiert China bereits; die Stahlbranche klagt wegen chinesischem Preisdruck, die Bekleidungsbranche ebenso. Jetzt ist China dabei, seine Dominanz in der Elektromobilität weiter auszubauen, konkret bei der Forschung für Ladetechnik. Wie das aussieht, zeigt eine aktuelle Untersuchung.

China dominiert bei Forschung zu Ladetechnik – und sichert sich Vorteile am Markt

Weltweit nimmt die Ladetechnik eine immer wichtigere Rolle ein, was die Forschung zur Elektromobilität angeht. Das hatte die Münchener Anwaltskanzlei Grünecker in einer umfangreichen Auswertung von Patentanmeldungen herausgefunden, über die das Handelsblatt berichtet. Dabei nahmen die Anwälte sowohl die Zahl der jährlichen Erstanmeldungen für Patente als auch ihre Art unter die Lupe. Eines der Kernergebnisse: Die Ladepatente stehen derzeit im Fokus. Im Jahr 2016 hatte es noch 2.000 Erstanmeldungen gegeben, im Jahr 2022 dann rund 16.000.

Bildmontage aus einem Elektroauto und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping. (Symbolfoto). Xi treibt China weiter in die Anführerrolle bei Elektromobilität. Das äußert sich bereits in einer Dominanz bei Patenten für Ladetechnik. Was bedeutet das für Deutschland?

Jede zweite Patentanmeldung im Bereich E-Mobilität betrifft die Optimierung von Batterien oder den Ausbau von Ladestationen. Gegenüber 2014 bedeutet das ein Wachstum dieses Schwerpunkts von zehn Prozent auf 50 Prozent. Unter anderem forschen die Unternehmen am Management von Energie- und Datenströmen zwischen Auto und Energienetz sowie an der Batteriekühlung. Wer sich frühzeitig die nötigen Patente sichert, erhält am Markt logischerweise einen Vorteil – zu den zehn eifrigsten Patentanmeldern gehören auch einige deutsche Hersteller.

Trotzdem ist China auch hier dominant – mit Abstand. Das hat die EU und die USA bereits dazu getrieben, die Zölle auf chinesische E-Autos hochzufahren.

Führend in der Elektromobilität – Darum investiert China in Ladetechnik

Das hat einen Grund: China will in der Elektromobilität ähnlich führend werden wie bereits in der Photovoltaik und bei der Windenergie. Chinas Regierung pumpt massive Subventionen in die Automobilbranche, die wiederum die Preise künstlich tief halten kann, was für einen Wettbewerbsvorteil sorgt. Laut S&P Global hängt China den Westen beim Schwenk auf Elektromobilität zunehmend ab. Das „Reich der Mitte“ kann dabei auf eine gut vernetzte Lieferkette bauen; fast die gesamte Wertschöpfungskette für Elektroautos (und vor allem für die Batterien) befindet sich im Land, was teure Importe von Einzelteilen überflüssig macht.

Bis 2030 soll der Bedarf vonseiten der Automobilbranche den Batteriemarkt dominieren, prognostizierte S&P Global.

Chinas Dominanz diesbezüglich zeigt sich auch bei der Marktdurchdringung von Elektroautos. Die Durchdringung von batterieelektrischen Fahrzeugen nimmt schnell zu, getrieben von den bereits erwähnten Subventionen und der Fülle erschwinglicher Produkte. Der Durchschnittspreis von batterieelektrischen Autos in China entspreche „im Wesentlichen“ dem anderer Fahrzeuge. Automobilhersteller profitierten von der „außergewöhnlichen Unterstützung“ der lokalen Regierungen.

Risiken bei China-Dominanz in der Ladetechnik – EU-Behörde spricht Warnung aus

Chinas Dominanz hat allerdings Nachteile, auch wenn sie Europa den kostengünstigen Umstieg auf E-Autos erleichtern könnte. Der European Council of Foreign Relations (ECFR) warnte in diesem Rahmen bereits vor den geopolitischen Auswirkungen, sollten in zu hohem Tempo zu viele chinesische Autos ihren Weg auf europäische Straßen finden. „Das sind nicht nur Autos, und moderne Autos sind auch nicht dafür gedacht, nur Autos zu sein“, warnte der ECFR.

Was damit gemeint ist: Autos sind heutzutage kleine Datenzentren, die sowohl im Innenraum als auch außen jede Menge Daten sammeln und sie weiterleiten. In der Windkraftbranche besteht bereits die Sorge, dass China bei Bedarf Windkraftanlagen ausschalten könnte, und wer zu viele aus chinesischer Produktion gekauft hat, geht ein Risiko ein. In der Automobilindustrie geht es hingegen um den Datenverkehr. „Wer diese Datenflüsse und Software-Updates kontrolliert, ist keine einfache Frage, und bei den Antworten geht es auch um nationale Sicherheit, Cybersicherheit und individuelle Privatsphäre“, erklärte der ECFR.

Das schließt die Ladeinfrastruktur nicht aus. Nicht umsonst geht es bei den Patentanmeldungen auch um das Management des Datenflusses zwischen E-Auto, Ladestation und dem Energienetz. Die Bundesregierung will die Ladeinfrastruktur aktuell deutlich ausbauen und steckt Milliarden in das Projekt. Besonders im Fokus stehen dabei sogenannte Ultra-Schnellladepunkte, die den Ladevorgang drastisch verkürzen sollen.

Rubriklistenbild: © IMAGO / Michael Gstettenbauer & IMAGO / Xinhua

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