140 Mitarbeiter betroffen
Nächste Firma ist insolvent: Deutsche Solarindustrie ringt ums Überleben
VonAmy Walkerschließen
Diese Woche hat eine etablierte Solarfirma aus Bayern Insolvenz in Eigenregie beantragt. Die aktuellen Marktverwerfungen sind der Hauptgrund für die finanziellen Probleme.
Leipheim – In der Solarbranche geht es gerade drunter und drüber. Während die deutlich gesunkenen Preise für Photovoltaikanlagen für den Endkunden eine gute Nachricht sind, ist der Preisverfall für Unternehmen in der Branche alles andere als gut. Vor allem, weil sie durch Preisdumping von Anbietern aus China entstehen, mit denen hiesige Firmen nicht mithalten können. Das hat auch schon Konsequenzen gegeben: Im Frühjahr verlagerte das Solarunternehmen Meyer Burger seine Produktion in die USA, im Sommer ist die Firma Solarnative GmbH in die Insolvenz gerutscht, ebenso das deutsche Unternehmen Eigensonne aus Berlin.
Nun folgt eine weitere Solarfirma aus Deutschland: ESS Kempfle aus dem bayerischen Leipheim hat am Dienstag (13. August) die Insolvenz in Eigenverwaltung beim zuständigen Gericht in Günzburg eingereicht.
Solarfirma aus Bayern ist insolvent: Stellenabbau ist bereits erfolgt
In einer Mitteilung auf der Unternehmenswebseite sagt ESS Kempfle, dass die Preise für Solaranlagen innerhalb es vergangenen Jahres um ein Viertel gefallen seien, während sich zeitgleich die Zahl der Anbieter vervierfacht habe. „Noch vor einem Jahr sah der Photovoltaikmarkt in Deutschland deutlich besser aus“, sagt Firmenchef Wolfgang Kempfle der Mitteilung zufolge.
Eigentlich hatte das Unternehmen mit einem Umsatz von 50 Millionen Euro bei 1500 verbauten Anlagen in diesem Jahr gerechnet. Jetzt muss sie sanieren und rechnet nur noch mit einem Umsatz von 20 Millionen Euro.
Der Preisverfall sei durch eine „aggressive Preispolitik chinesischer Hersteller“ gekommen, zeitgleich machte die Baukrise dem Unternehmen zu schaffen. Um die Lage in den Griff zu bekommen, habe das Unternehmen bereits Stellen in großem Umfang reduziert: von 200 auf 140 Vollzeitstellen, wie ESS Kempfle weiter informiert.
Solarbranche unter Druck: Unternehmen wie nach der Insolvenz weitermachen
Die Solarfirma existiert schon seit 15 Jahren auf dem Markt und verbaut vorrangig in Süddeutschland Solarmodule. Mit dem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung seien die Gehälter der 140 Mitarbeiter über die Bundesagentur für Arbeit gesichert. Gleichzeitig laufen bereits Verhandlungen mit einem nicht näher genannten Unternehmen, das eine Beteiligung anstrebe.
„Wir sind mitten in den Verhandlungen“, betont Wolfgang Kempfle. Eine mündliche Zusage liege bereits vor, nun gehe es um die Details. Kunden, die bereits bei ESS Kempfle bestellt haben, erhalten wie vereinbart ihre Bestellungen, betont der Chef.
Zubau bei Solaranlagen schreitet voran: Markt floriert trotz Probleme
Während auf dem Solarmarkt ein Preiskampf tobt, steigt zugleich die Nachfrage für PV-Anlagen immer mehr an. Der Markt floriert regelrecht. Darüber berichtet der Branchenverband Bundesverband Solarwirtschaft. (BSW) In diesem Jahr wird die neu installierte Leistung von Solarstromanlagen voraussichtlich im zweistelligen Prozentbereich wachsen, wie Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig im Juni 2024 mitteilte.
Im vergangenen Jahr hat sich laut Bundesnetzagentur der Zubau der Solarleistung in Deutschland im Vergleich zu 2022 mit 14,1 Gigawatt fast verdoppelt. Der BSW rechnet über 2024 hinaus mit hoher Nachfrage.
In den ersten vier Monaten 2024 ist laut Branche die neu installierte PV-Leistung auf Gewerbedächern um 81 Prozent gestiegen, bei Solarkraftwerken auf Freiflächen um 74 Prozent, jeweils verglichen mit dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. „Solar- und Speichertechnik wird zunehmend zum Standard“, sagte BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. „Nach einem regelrechten Solarboom in Deutschlands Eigenheimsiedlungen werden jetzt verstärkt Gewerbedächer und ertragsschwache Freiflächen mit Hilfe der Solartechnik elektrifiziert.“ Körnig geht davon aus, dass das von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Solarpaket den Ausbau weiter beflügelt. (mit dpa)