Haushalt 2025
Haushalt der Ampel wird beschlossen: Ist die Zeitenwende in Gefahr?
- VonMark Simon Wolfschließen
Die Ampelregierung erhöht den Verteidigungsetat für 2025 um 1,2 Milliarden Euro – und erntet Kritik von allen Seiten. Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte mehr gefordert.
Update vom 17. Juli 2024: Am heutigen Mittwoch (17. Juli) will die Ampel-Koalition ihren Haushalt für das Jahr 2025 beschließen. Vorgesehen ist ein Plus für die Verteidigung – doch um weniger, als der Minister erhofft hatte. Die Details gibt es hier.
Erstmeldung vom 9. Juli 2024:
Berlin – 1,2 Milliarden Euro mehr für den Verteidigungsetat aus dem Bundeshaushalt – in sicherheitspolitisch ruhigeren Zeiten wäre ein deutscher Verteidigungsminister mit dieser Erhöhung vermutlich zufrieden gewesen. Doch angesichts einer aktuell unsicheren Weltlage reagierte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) auf den am Freitag (5. Juli) beschlossenen Entwurf des Bundeshaushalts für 2025 deutlich verstimmt. Er selbst hatte zuvor auf eine Aufstockung um 6,7 Milliarden Euro gepocht – von 52 auf 58,7 Milliarden Euro.
„Das ist ärgerlich für mich, weil ich bestimmte Dinge dann nicht in der Geschwindigkeit anstoßen kann, wie es Zeitenwende und Bedrohungslage erforderlich machen“, erklärte der Verteidigungsminister am Montag vor verschiedenen Medien, kurz vor seinem Abflug zum NATO-Gipfel in Washington. Zwar blieben seinem Ressort im Gegensatz zu Entwicklungs- und Außenministerium immerhin Budgetkürzungen erspart – die Wogen glätten, wird das wohl kaum.
Gefährdungslage: Ukraine, Bundeswehr und Trump – Pistorius braucht mehr Geld
Zu groß und zu vielfältig sind die Herausforderungen, die in den kommenden eineinhalb Jahren auf sein Ressort zukommen werden: Parallel zur Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland muss Pistorius die Bundeswehr wieder verteidigungsfähig oder sogar kriegstüchtig bekommen. Im November könnte zudem Donald Trump als Präsident der USA wiedergewählt werden, der dann die milliardenschweren Ukraine-Hilfen seines Landes vermutlich einfrieren dürfte. Deutschland wäre dann als zweitgrößte Unterstützernation noch mehr in der Pflicht. Der Republikaner war es auch, der während seiner ersten Amtszeit zwischen 2016 und 2020 die geringen Verteidigungsausgaben von Europa und speziell Deutschland moniert hatte.
Die Kritik zielte damals auf die 2014 vereinbarte NATO-Zielmarke ab, dass jeder Mitgliedstaat des Atlantischen Verteidigungsbündnisses jährlich mindestens zwei Prozent des BIP für den Verteidigungshaushalt ausgibt. Für 2024 ist die Finanzierung der etwa 86 Milliarden Euro zwar erstmals gesichert, doch ausschließlich dank eines großen Betrags aus dem Sondervermögen von 200 Milliarden Euro. Dieser Kniff funktioniert allerdings nur einmalig, da das restliche Sondervermögen bereits bis 2027 für andere Posten veranlagt ist. Schon 2025, doch spätestens nach dem Ende der Legislaturperiode ist die Frage der Finanzierung laut Experten also zum großen Teil offen – und es droht ein Milliarden-Loch.
Dass Trump unlängst während eines Wahlkampfauftrittes fabulierte, nicht zahlungsfähige Länder im Falle eines Angriffs von Russland nicht zu unterstützen, erhöht den Druck für Pistorius. Die USA sind militärisch – und auch darüber hinaus – mit Abstand die stärkste Kraft der NATO.
Verband der Bundeswehr kritisiert Verteidigungsetat im Haushalt 2025
Umso größer ist das Unverständnis ob der nun im Entwurf beschlossenen vergleichsweise geringen Erhöhung im Verteidigungsetat. Für den Vorstandsvorsitzenden des Bundeswehrverbands André Wüstner sei die Aufstockung um 1,2 Milliarden Euro „keinesfalls der aktuellen Bedrohungslage und erst recht nicht Deutschlands Verantwortung in der Welt gerecht.“ Die Bundesregierung wolle sich mit diesem Haushalt durch die aktuelle Legislaturperiode „hangeln“. Den Preis dafür, sagte Wüstner gegenüber der Deutschen Presse Agentur, werde am Ende die Bundeswehr und somit auch der Steuerzahler tragen müssen. Gleichermaßen rechnet Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik damit, dass die Ressourcenbeschaffung der Bundeswehr unter dem geringen Etat leiden werde.
Auch aus der Opposition hagelte es Kritik am geringen Etat: CDU-Fraktionsvize Mathias Middelberg sagte dem Spiegel, dass die „Ampel nach dem Motto: Nach uns die Sintflut“ agiere. Sein Parteikollege Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Union im Bundestag, kritisierte, dass die Ampel trotz Rekordsteuereinnahme falsch priorisiere
Kanzler Scholz verteidigt Haushalt 2025: Kindergeld wird erhöht, Straße & Schiene bekommen mehr
Kanzler Olaf Scholz verteidigte hingegen den Haushalt-Kompromiss und verwies auf die sinnvolle Verteilung innerhalb der Ressorts, um etwa das Kindergeld und den Kinderzuschlag zu erhöhen oder die maroden Straßen und Schienen zu sanieren. In puncto Landesverteidigung erklärte der Kabinettschef entgegen aller Kritik, dass „wir für die Sicherheit unseres Landes das notwendige Geld bereitstellen und dass wir deshalb auch die Bundeswehr besser ausstatten werden, als es in der Vergangenheit der Fall war.“
Zur Seite sprang ihm der FDP-Politiker Marcus Faber, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, im ZDF Morgenmagazin: „Die gute Nachricht ist erstmal, dass der Verteidigungsetat wächst.“ Diese Entwicklung sei ein Zeichen, dass die Regierung durchaus Verteidigung priorisiere. Zudem stellte Faber im parlamentarischen Verfahren zum Haushalt 2025 im Bundestag in Aussicht, dass „wir hier weiter umschichten“ – sprich den Verteidigungsetat nachträglich doch noch um Milliarden erhöhen. Aber: Zulasten von Kürzungen in anderen Bereichen.
Schuldenbremse und Steuererhöhungen bleiben tabu
Ähnlich sieht es auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai: Fortlaufende Priorisierung hieße auch, die Sozialabgaben in den Griff zu bekommen, damit dann der Verteidigungshaushalt bis 2028 wieder steigen könne, erklärte er dem Spiegel. Eine potenzielle Variante der Aufstockung durch Steuererhöhungen oder über Aufweichung der Schuldenbremse lehnt Finanzminister Christian Lindner allerdings kategorisch ab. Sehr zum Unmut von Pistorius. Im Mai hatte dieser am Rande eines New York-Besuchs noch eine Ausnahmeregelung für Ausgaben der Bundeswehr und Krisenprävention gefordert. „Die Schuldbremse bliebe ja bestehen, aber die Ausgaben für Verteidigung und Zivilschutz würden nicht dort eingerechnet.“ Es drohe sogar ein „Rüstungsstopp“.
Die Forderung seines Kabinettskollegen blieb aber ohne Erfolg, wie sich nun herausgestellt hat. Lindner hat zu Pistorius Haltung eine klare Meinung – gegenüber der Bild relativierte er die Diskussion: „Der Verteidigungsminister bekommt mehr Geld als im Haushalt davor, aber er bekommt weniger Geld, als er auch öffentlich gefordert hat. Das ist der ganz normale Haushaltsprozess.“ (mit Material von dpa)