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Karte zeigt, wo die Mieten in Deutschland explodieren – München behält traurigen Spitzenplatz

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  • Sok Eng Lim
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Die Mieten steigen und steigen. Exklusive Daten zeigen, welche Regionen am stärksten betroffen sind. Lösungen gibt es, aber nicht zum Nulltarif.

Berlin – Der Deutsche Wohnungsmarkt befindet sich in einer ernsten Lage. Der Neubau bricht ein, schon jetzt fehlen etwa 600.000 bis 700.000 Wohnungen, Tendenz steigend. Wie IPPEN.MEDIA exklusiv vorab vorliegende Immobilienmarktdaten des Forschungsinstituts empirica zeigen, explodieren die Mieten in einigen Regionen Deutschlands regelrecht.

Karte zeigt: Hier explodieren die Mieten in Deutschland

Um zu überprüfen, wie sich die Mieten in Deutschland entwickeln, hat empirica aus über 100 Anzeigenquellen die Kaltmieten von sanierten Wohnungen zwischen 60 und 80 Quadratmetern ausgewertet. Das Ergebnis: In jedem einzelnen Kreis hat sich die Miete über die vergangenen zehn Jahre erhöht – an sich keine unerwartete Entwicklung, angesichts steigender Löhne und Inflation. Wie stark die Preise aber nach oben geschnellt sind, verdeutlicht die Karte.

Auffällig ist beim Blick auf die Kostenentwicklung ein deutlicher Unterschied zwischen neuen und alten Bundesländern. So sind die Mieten etwa in Bayern, Hessen oder NRW prozentual stärker gestiegen als in Thüringen oder Sachsen-Anhalt. Die Ausnahme bildet Brandenburg. Beim relativen Preisanstieg der Mieten liegt Brandenburg auf Platz eins der Flächenländer. So hat sich die Durchschnittsmiete etwa im Landkreis Dahme-Spreewald innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt.

München: Quadratmeter-Mietpreis nähert sich der 20-Euro-Marke

Das ist vor allem auf Zuzug in Berlins Speckgürtel zurückzuführen. Doch auch in der Hauptstadt haben sich die Mieten nahezu verdoppelt. Neben den Preissteigerungen geben auch die absoluten Mietpreise neue Erkenntnisse. Am wenigsten kostet der Quadratmeter im sächsischen Erzgebirgskreis mit rund 5,50 Euro. Die Menschen im Stadtkreis München zahlen mit rund 19,40 Euro pro Quadratmeter weiterhin mit Abstand am meisten Miete. Dort sind die Mietpreise nochmal um satte 6,50 Euro pro Quadratmeter gestiegen – mehr waren es nur in Berlin mit rund 7,20 Euro.

Der Quadratmeterpreis der Hauptstadt ist mehr als doppelt so stark gestiegen wie im Bundesdurchschnitt. In zehn Jahren sind die Mieten in Köln und Stuttgart stärker als in Hamburg gestiegen, die zwei Städte sind nun teurer als die Hansestadt.

Bei den absoluten Mietpreisen auf Länderebene liegt Bayern 2024, ebenso wie 2014, auf Platz eins der Flächenländer. Hessen liegt auf dem dritten Rang. In Bayern nahm die Miete um knapp vier Euro pro Quadratmeter zu, in Hessen um etwa drei.

Wohnungsneubau in Deutschland ist zum Erliegen gekommen: „Situation wird nicht besser werden“

Dass der Mietmarkt in Deutschland in einer schwierigen Lage ist, ist keine neue Erkenntnis. Das weiß auch Roman Heidrich, Wohnimmobilienexperte des Unternehmens JLL. „Die Situation wird sich auf absehbare Zeit nicht entspannen – einfach weil zu wenige Wohnungen gebaut werden“, sagt Heidrich. Die Mietpreise bildeten sich aus Angebot und Nachfrage – wobei das Angebot der Nachfrage seit Jahren nicht mehr hinterherkommt. „Die benötigten Wohnungen werden auch die nächsten Jahre nicht gebaut. Die Situation ist schwierig und wird nicht besser werden“, stellt Heidrich fest.

Die Mieten in Deutschland explodieren an manchen Orten regelrecht.

Auffällig an den empirica-Daten ist, dass auch in strukturschwachen Regionen, aus denen viele Menschen wegziehen und die viele leerstehende Wohnungen haben, die Mieten steigen. „Auch dort spielt die Inflation eine Rolle, auch dort gehen die Lohnkosten nach oben und Gebäude werden saniert sowie modernisiert, was die Mieten nach oben treibt“, sagt Heidrich und prognostiziert eine trübe Zukunft: „Gerade im ländlichen Raum sehen wir sich auseinander entwickelnde Märkte. Während in kleineren Städten die Altbauwohnungen im Inneren teurer werden, stehen in Randgebieten immer mehr Wohnungen leer.“

Welche Maßnahmen helfen könnten

Was also tun, um die ausufernden Mieten wieder auf normale Teuerungsraten zu bekommen? Laut Immobilienexperte Heidrich entspannen sich Grundstückspreise und Baukosten momentan wieder etwas. Genügen wird das allein aber nicht. „Der Wohnungsneubau muss attraktiver werden.“ Verantwortlich sind laut Heidrich sowohl die Privatwirtschaft als auch die Bundesregierung.

„Förderungen der Politik sind eine Überlegung wert – gleichzeitig fehlt dem Bund schon jetzt das Geld und es stellt sich die Frage, wo diese Milliardenförderungen herkommen sollen“, sagt Heidrich. Er weist darauf hin, dass Berlin jüngst schon einige Anreize setzte. „Was den Wohnungsneubau massiv unterstützen würde, wäre, die Mehrwertsteuer für neue Mietwohngebäude von 19 auf sieben Prozent zu senken. Das würde den Wohnungsneubau auf einen Schlag deutlich günstiger machen und es wäre ein einfacher und schneller Hebel.“

Eine bittere Zukunftsaussicht für den Wohnungsmarkt

So unkompliziert ist es aber nicht, weiß der Experte: „Das ist allerdings Ländersache und in dem Kontext muss beachtet werden, dass die Baubranche für das Land ein signifikanter Wirtschaftsfaktor ist.“ Heißt: Wenn die Länder die Mehrwertsteuer senken, gehen in Zeiten angespannter Haushalte Milliarden an Steuergeldern verloren. Der Wohnungsmarkt wird wohl auch in Zukunft Sorgenkind bleiben.

Rubriklistenbild: © Panthermedia (Montage)

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