Ukraine-Krieg

Sanktionen gegen Russland: Habeck-Plan soll Umgehung von Unternehmen stoppen – „Nicht erfreulich“

  • Amy Walker
    VonAmy Walker
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Vor einem Jahr begann der Angriff Russlands gegen die Ukraine. Fast sofort wurden weitreichende Sanktionen beschlossen. Manche Unternehmen versuchen, sie zu umgehen. Damit soll jetzt Schluss sein.

Berlin – Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will die Umgehung von Wirtschaftssanktionen gegen Russland deutlich erschweren. Außenhandelsdaten deuteten darauf hin, dass EU-sanktionierte Güter „in erheblichem Maß“ aus der EU und damit auch aus Deutschland in bestimmte Drittländer ausgeführt und von dort nach Russland weiter exportiert werden, heißt es in einem am Donnerstag bekannt gewordenen Papier des Wirtschaftsministeriums. Zuvor hatten RTL und n-tv darüber berichtet.

Habeck macht bei Pressekonferenz deutlich: „Das ist kein Kavaliersdelikt“

Bei einer Pressekonferenz zu den Plänen sprach Minister Habeck mit ernster Miene über die aktuelle Lage: „Was ich Ihnen mitteilen muss, ist nicht erfreulich“. Aus der EU und auch aus Deutschland würden bewusst Sanktionen umgangen. Es handele sich hauptsächlich um Hightech-Güter und solche, die militärisch eingesetzt werden könnten. „Hier wird das Interesse der Menschen, die um ihre Freiheit kämpfen, verraten“, so der Wirtschaftsminister.

Die Umgehung der Sanktionen nehme man sehr ernst. „Das ist kein Kavaliersdelikt“. Die betroffenen Unternehmen und Verbände aus Deutschland wurden demnach angesprochen, sodass das Thema angekommen sein dürfte, so Habeck.

Der Plan von Habeck: Unternehmen müssen Erklärungen abgeben

Das Wirtschaftsministerium spricht von einem „drängenden Problem“ der Sanktionsumgehung. Deren verstärkte Bekämpfung sollte im Fokus eines elften EU-Sanktionspakets stehen.

Hintergrund ist die Vermutung, dass etliche Güter, die wegen EU-Sanktionen nicht mehr nach Russland geliefert werden dürfen, immer noch über Umwege in das Land kommen. Als problematisch werden vor allem Komponenten für die Rüstungs-, Energie- und Weltraumindustrie angesehen. Im Verdacht stehen Staaten wie die Türkei, China oder Indien, die sich nicht an den Sanktionen gegen Russland beteiligen.

Das Wirtschaftsministerium will nun konkret Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen. Demnach sieht der Plan wie folgt aus:

Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs: Der Habeck-Plan gegen Unternehmen

  • Exporte in bestimmte Drittstaaten nur noch bei Abgabe von transparenten „Endverbleibserklärungen“
  • Unternehmen bestätigen mit Zollerklärungen, dass Produkte im Land bleiben
  • Vorsätzliche Falschangaben zu Exporten sollen eine Straftat werden
  • Unternehmen in Drittstaaten, die nachweislich Sanktionen umgangen haben, werden von künftigen Käufen ausgeschlossen
  • Unternehmen aus Drittstaaten können bei Verstößen den Zugang zum EU-Binnenmarkt verlieren
  • Wer „sanktionsrelevante Informationen“ habe, muss diese den Behörden melden
  • Aufbau einer EU-weiten Analyse-Plattform zur Beobachtung von Handelsströmen

Der Maschinenbauverband VDMA sprach von einigen gravierenden handwerklichen Mängel in der Ausgestaltung der Sanktionen, die die wirtschaftliche Isolierung Russlands unnötig erschwerten. Die mögliche Umgehung von Sanktionen durch Lieferungen über Drittländer müsse konsequent verhindert werden.

Sanktionen gegen Russland: Zehn EU-Pakete bisher beschlossen

Seit Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine vor knapp einem Jahr hat die EU neun Sanktionspakete gegen Russland auf den Weg gebracht. Das zehnte EU-Paket mit Russland-Sanktionen soll an diesem Freitag in Kraft treten.

Um zu verhindern, dass Unternehmen aus Nicht-EU-Ländern militärisch nutzbare zivile Güter wie Drohnen an Russland für den Ukraine-Krieg liefern, soll die Anwendung des bestehenden Sanktionsregimes ausgeweitet werden. So sollen Firmen künftig fürchten müssen, den Zugang zum EU-Binnenmarkt zu verlieren, wenn sie sich nicht an die Beschränkungen halten. Im ersten Schritt werden laut Kommission mehrere Unternehmen aus dem Iran sanktioniert, die an der Belieferung Russlands mit Drohnen vom Typ Shahed beteiligt sein sollen.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will die Umgehung von Sanktionen gegen Russland härter betrafen.

Habeck ging im Interview mit RTL und NTV im Zuge der Sanktionen gegen Russland auch darauf ein, dass zwar deutsche Unternehmen kein russisches Gas mehr einkaufen würden. „Über die LNG-Terminals der anderen Länder mag noch Gas aus Russland nach Deutschland kommen“, so der Minister. Das sei aber keine große Menge mehr. „Das Entscheidende, der entscheidende Schritt ist, dass die Ölpreise runtergedrückt werden. Russisches Öl kann nicht mehr voll bezahlt werden. Das wird wahrscheinlich nach all den Daten, die wir kennen, Russland am empfindlichsten treffen.“

Rohöl sowie Raffinerieprodukte wie Diesel, Benzin oder Schmierstoffe aus Russland dürfen inzwischen nicht mehr nach Deutschland und in die meisten anderen EU-Länder importiert werden. Das soll dazu beitragen, die russischen Handelsgewinne zu begrenzen, und dadurch auch Russlands Fähigkeiten zur Kriegsführung einschränken. Medienberichten zufolge steht aber zum Beispiel Indien unter Verdacht, große Mengen russisches Rohöl billig einzukaufen und es in Form von Treibstoff teuer nach Europa weiterzuverkaufen. (wal/dpa)

Rubriklistenbild: © Bernd von Jutrczenka/dpa

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